Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen
Autoren: Susanne Hanika
Vom Netzwerk:
Wanninger so sehr zu verdrängen, dass auch die Polizei vergaß, uns zu befragen. Wenn der Schorsch noch Zeit hatte, Laub nachzulaufen, dann war er immerhin nicht bei uns zu Hause und befragte Großmutter. Natürlich wusste ich, dass der Pfarrer nichts Besseres zu tun gehabt hatte, als sofort die Polizei anzurufen, nachdem wir die enge Holztreppe in der Kirche nach unten gepoltert waren. Und dass er natürlich erzählt hatte, dass die Wilds neben der Leiche gestanden hatten und der Hund der Wilds vor dem Kircheneingang einen rekordverdächtigen Hundehaufen hinterlassen hatte. Den die Wilds in ihrer Eile, wieder nach Hause zu kommen, dort belassen hatten. Ich wollte gar nicht wissen, was er darüber dachte. Denn ihn störte inzwischen schon, wenn über ein Brautpaar drei Packungen Basmati-Reis geschüttet wurden. Und dann erst ein Hundehaufen.
    Und dass unser Hund dabei geheult hatte, als wäre er auf einer Autobahnraststätte ausgesetzt worden, würden bestimmt sämtliche Anwohner bestätigen, die die Polizei sicher befragen würde. Natürlich hatte die Kathl neugierig hinter den Gardinen hervorgespitzt. Und die Bet hatte sich ein paar spitze Kommentare über Lärm – und Geruchsbelästigung nicht verkneifen können. Großmutter hatte sich würdevoll bei mir eingehakt und war nach Hause geschritten. Das konnten wir Wilds nämlich schon immer. In geschichtsträchtigen Situationen würdevoll und überlegen schreiten. Auch wenn es dazu gar keinen Grund gab.
    Das mit der Autobahnraststätte und dem Aussetzen von Hunden nahm ich mir auch ganz fest vor, als mein Hund erleichtert aus dem Auto sprang und als Erstes bei der Reisingerin an das Gartentürl pinkelte. Dieser dumme Köter.
    Ich blieb vor einem dunklen BMW stehen, der direkt neben unserem Briefkasten parkte.
    Oh. Oh.
    Schorsch war es nicht, das war klar. Und Max war es auch nicht.
    Es konnte nur noch schlimmer werden.
    Durch das Küchenfenster sah ich, dass an unserem Küchentisch zwei Männer saßen, die ich nicht kannte.
    Das hätte es bei uns früher nie gegeben. Männer im Haus, meine ich.
    Vermutlich war es ein Kindheitstrauma, dass ich die Vorstellung von zwei unbekannten Männern alleine mit meiner Großmutter als höchst gruselig empfand. Vielleicht lag es auch daran, dass man nie wusste, was Großmutter alles vor sich hinmurmelte.
    Klempner waren sie jedenfalls nicht, die zwei Männer am Küchentisch. Und ihren Blicken entnahm ich, dass sie komplett am Ende waren. Das machte mich ein klein wenig glücklich. Denn das bedeutete, dass Großmutter sich so verhalten hatte, wie sie sich in letzter Zeit auch mir gegenüber verhielt.
    Großmutter sah nicht auf. Sie polierte die Edelstahlspüle und ignorierte die zwei. Na ja. Und mich auch. Die Sache mit dem Wanninger hatte sie dazu gebracht, gar keine Medikamente mehr einzunehmen.
    »Geh, Mädl«, hatte sie gesagt, als wir wieder in unserer Küche waren. »Das ist doch klar. Da steckt die Russenmafia dahinter.«
    »Ah. Geh. Oma«, hatte ich verzweifelt erwidert, nach Argumenten ringend. »Die Russenmafia hat doch was Besseres zu tun, als Organisten zu derstechen.«
    Darauf hatte sie nur genickt und ihre Tabletten hinter den Strahlenapparat geschoben. Das tat sie immer, wenn sie Angst hatte, dass sich die Russenmafia bei uns breitmachte. Dann bekam sie ihren Porzellanpuppenblick und reagierte nicht mehr.
    »Frau Wild«, sagte der eine zu mir, sein Blick war resigniert. »Herr . . .«, erwiderte ich im gleichen Tonfall und wartete darauf, dass er seinen Namen sagte.
    »Blomberg«, seufzte er, und der andere murmelte einen Namen, den ich nicht verstand. Blomberg sah zu Großmutter, die noch immer mit einem Mikrofasertuch die staubtrockene Spüle bearbeitete. »Wir haben mit Ihrer Großmutter telefoniert. Sie hat sich geweigert, aufs Revier zu kommen. Jetzt weigert sie sich zu sprechen.«
    Er sollte mal froh sein, dass sie überhaupt ans Telefon gegangen war. Normalerweise ließ sie es so lange klingeln, bis es aufhörte. Oder bis ich dranging. Außerdem konnte er froh sein, dass sie nicht mit ihm redete. Das brachte einen noch mehr zur Verzweiflung.
    Ich stellte mich neben Großmutter und sah eine Weile auf das stürmische Herbstwetter draußen. Die Blätter wirbelten so wild über die Dächer, dass man den Eindruck hatte, es würde schneien. Wenn Großmutter nichts redete, dann konnte ich reden, was ich wollte, und sie würde darauf nicht reagieren. Aber die Polizisten sollten wenigstens den Eindruck haben, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher