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In einer Winternacht

In einer Winternacht

Titel: In einer Winternacht
Autoren: Mary Higgins Clark
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sich an ihrem üblichen Treffpunkt verabredet. »Seit dem ersten Abend hat er nicht mehr mit seinen Lieferungen für die sogenannte Computerfirma angegeben und auch sonst nichts erzählt, woraus wir ihm einen Strick drehen könnten. Wahrscheinlich hatte er damals ein paar Bierchen zuviel intus,
    sonst hätte er überhaupt nicht geredet.«
»Und ein gerissener Anwalt würde jede Anklage
abschmettern«, überlegte Joe laut. »Deshalb drücke ich die
Däumchen, daß er sich nicht aus dem Deal zurückzieht, der am
Montagabend laufen soll.«
»Das glaube ich nicht«, beruhigte ihn Pagano. »Wenn mich
mein Riecher nicht täuscht, hat Lenny vor, danach die Fliege zu
machen. Ich denke, er weiß, daß es für die Drogenhändler in der
Upper West Side heutzutage immer enger wird. Er will am
Montag noch mal so richtig absahnen und sich dann
verdrücken.«
»Das kann er sich abschminken. Wir werden ihn schnappen«,
erwiderte Tracy. »Wenn Lenny die Sache durchzieht, erwischen
wir ihn in flagranti. Aber was ist, wenn er die Hosen vollhat und
vorher verschwindet?« Da fiel Tracy noch etwas ein. »In den letzten Tagen hat er seine Tochter öfter von der Kindertagesstätte abgeholt. Wie kommt es, daß er auf einmal
den treusorgenden Vater spielt?«
»Vielleicht will er sichergehen, daß sie ihn nicht vergißt,
sobald er sich aus dem Staub gemacht hat«, meinte Pagano
achselzuckend. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß er eine
Siebenjährige auf die Flucht mitnehmen wird.«
»Ich denke, soviel steht fest«, stimmte Tracy zu.

D
    ie Generalprobe fürs Krippenspiel sollte am
    Freitagnachmittag stattfinden. Lenny hatte sich fest vorgenommen zu kommen. Schwester Cordelia und Schwester Maeve Marie hatte er erklärt, er müsse am Montagnachmittag während der Aufführung arbeiten und wolle sich die einzige Gelegenheit nicht entgehen lassen, seine Tochter als heilige Maria zu sehen.
    Lenny setzte sein allerbestes charmantes Lächeln auf und sagte, Stellinas Nonna sei sehr krank. Doch er werde immer für sein kleines Mädchen da sein. »Du und ich gegen den Rest der Welt, was, Star?« fragte er und zauste ihr die schulterlange Wuschelmähne. »Ich werde sogar lernen, deine wunderschönen Haare zu bürsten.« Wieder lächelte er die beiden Ordensschwestern an. »Nonna kommt nicht mehr so gut mit der Haarspange zurecht.«
    Die Frauen nickten mit eisiger Miene. Dann wandte Schwester Cordelia sich ab und klatschte in die Hände. »Also los Kinder, auf eure Plätze. Die Generalprobe fängt an. Ach, da bist du ja, Willy. Ich dachte schon, du hättest uns vergessen.«
    Willy und Alvirah kamen gerade die Treppe hinauf. Willy grinste seine Schwester reumütig an. »Cordelia, in einer Woche haben wir Weihnachten. Auch wenn du es mir nicht glaubst, ich mußte noch einige Einkäufe erledigen.«
    »Und ich habe gerade meine letzte Besichtigungstour mit den Gordons hinter mir«, meinte Alvirah. »Sie haben mich mehr oder weniger rausgeworfen. Sie sagten, sie hätten den Eindruck, daß ich mich in nächster Zeit nicht entscheiden würde. Und dann haben sie mir die Namen einiger ihrer Kollegen gegeben. Falls ich den Rest meines Lebens mit der Wohnungssuche verbringen wolle, könne ich ja die anrufen.«
    »Dann müssen wir uns eben damit abfinden, daß der liebe Gott nicht an einer Weiterführung der Tagesstätte nach dem 1. Januar interessiert ist«, entgegnete Schwester Cordelia. »Du darfst dir keine Vorwürfe machen, Alvirah. Du hast alles Menschenmögliche unternommen, um zu beweisen, daß Bessies Testament eine Fälschung ist.« Unvermittelt wandte sie sich ab. »Und jetzt fangen wir mit der Probe an.« Sie drehte sich noch einmal zu Alvirah um, senkte die Stimme und wies mit dem Kopf fast unmerklich auf Lenny. »Dieser Kerl da ist Stellinas Vater. Setz dich neben ihn. Da er einen guten Eindruck auf uns machen will, wird er bestimmt ein Gespräch mit dir anknüpfen. Mich würde interessieren, was du von ihm hältst. Ich glaube, er führt etwas im Schilde.«
    Schwester Cordelia behielt recht. Lenny redete, und zwar die ganze Probe lang. Unterbrochen von lautstarken und unangebrachten Bemerkungen, wie niedlich doch die Kinder seien, erzählte er, er habe einen guten Job im Mittleren Westen nur aus Sehnsucht nach Star aufgegeben. Doch er könne sie seiner geliebten Tante nicht wegnehmen. Seinem Redeschwall entnahm Alvirah, er habe ein hübsches irisches Mädchen geheiratet, das Stars Mutter sei.
    »Sie hieß Rose O’Grady. Wir haben so gerne zusammen
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