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In der Kälte der Nacht

In der Kälte der Nacht

Titel: In der Kälte der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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umfangen. Fünfzehn Meter. »Laß mich los!« Paul wand sich im Griff des Gegners, stöhnte und spuckte. Er hatte nicht die Kraft, sich zu befreien. Zehn Meter. Paul nahm alle Kraft zusammen, die ihm blieb. Er holte aus und landete eine Rechte auf Dawsons Nase. Die Krallen lösten sich. Fünf Meter. Vier Meter. Er spürte die Hitze des Ofens. Er schrie vor Angst. Er gab sich einen Ruck und ließ sich über den Rand des Förderbandes in die Tiefe fallen. Wie tief werde ich fallen? Der Schmerz war kurz, wie ein Pflaster, das mit einer raschen Bewegung abgerissen wird. Er war ins Gras gefallen, ins Unkraut,
    das am Rande des Beckens wuchs. Als er seinen Blick hob, sah er Dawson, der ins Feuer katapultiert wurde. Er konnte nicht hören, ob Dawson schrie, so laut war der Donner, der in diesem Augenblick über das Gelände des Sägewerks rollte.

Das Ende
Samstag, der 27. August 1977 
    05 Uhr 00
    Die Eßbaracke im Holzfällerlager war ein Rechteck von 24 Meter Länge und 12 Meter Breite. Sam und Rya hatten an einem der Tische Platz genommen. Zwischen ihnen und der Tür der Baracke waren die Gesichter der Holzfäller. Gesichter, in denen die Spuren der überstandenen Anstrengungen zu erkennen waren. Die Männer hatten eine Schlange gebildet/Einer nach dem anderen trat vor. Sam setzte das Schlüssel-Schloß-Programm ein, um das Gedächtnis der Männer neu zu strukturieren. Erst wenn die neuen Erinnerungen fest verankert waren, durfte der Mann weitergehen. Rya hakte seinen Namen auf der Liste ab. Der nächste trat vor. Sie hatten dreißig Männer neu strukturiert, als Rya die Liste sinken ließ. Es war eine Liste, die Sam sich vom Lohnbuchhalter der Firma hatte aushändigen lassen. Alle Namen waren verzeichnet. »Wie fühlst du dich?«
    »Und du?« kam seine Gegenfrage. »Du bist der Verletzte, nicht ich.«
    »Auch du hast Wunden davongetragen«, sagte er leise. »Nein«, sagte Rya. »Ich fühle mich nur plötzlich so erwachsen.«
    »Ich weiß, daß es dir weh getan hat.«
    »Es ist etwas anderes«, sagte sie. »Es hat mich traurig gemacht.« Er nickte. »Ich seh's.«
    »Es wird nie mehr so wie früher sein.« Ihre Lippen zitterten. Sie räusperte sich. »Wie geht's mit deinem Bein?«
    »Das eine ist ein bißchen länger als das andere«, sagte er. »Wenn das nicht stört...« Er faßte sie beim Kinn, Sie strich mit ihrer kleinen Hand über seine Schläfen. Er freute sich, als sie sich für ihn zu einem Lächeln zwang.
    Das Lächeln war wichtiger als alle Antibiotika, die Doc Troutman verschrieben hatte.

    06 Uhr 30
    Vor zwei Stunden war der Himmel aufgerissen. Die Sturmwolken waren unterwegs zum Horizont. Sie hatten ihre Kraft verloren. Als die Sonne aufging, drangen die Strahlen bis zur Erde vor. Es war eine klare, ehrliche Herbstsonne. Die drei Männer hatten mitten im Tannenwald, etwa einen Kilometer oberhalb Black River, ein Grab ausgehoben. Sie warfen die Leichen Salsburys und Klingers in die Tiefe. »Zuschaufeln«, sagte Jenny. Sie begannen zu schaufeln. Mit jedem Brocken Erde, der auf die zwei Toten geworfen wurde, wurde Jenny leichter ums Herz.

    09 Uhr 30
    Der Hubschrauber war in Augusta zwischengelandet, um zu tanken. Es war halb zehn, als er auf dem Landestreifen in Greenwich niederging. »Auftanken und nachsehen lassen«, sagte Paul. »Wir fliegen heute abend nach Black River zurück.«
    »Jawohl, Sir«, sagte Malcolm Spencer. »Wenn der Hubschrauber okay ist, gehen Sie nach Hause und ruhen Sie sich aus«, sagte Paul. »Wir treffen uns heute abend um sieben auf dem Landeplatz. Die Zeit müßte genügen, damit Sie wieder fit sind. Und was mich angeht, ich kann auch ein paar Stunden Ruhe gebrauchen.«
    »Danke, Sir«, sagte Spencer. Paul sprang aus dem Hubschrauber. Er blieb auf der asphaltierten Fläche stehen. Er reckte und streckte sich. Vor dem Abflug aus Maine hatte er eine Dusche genommen. Er hatte sich rasiert und
    frische Kleidung angezogen. Die Erfrischung war nur vorübergehend gewesen. Er fühlte sich wie gerädert. Die Glieder schmerzten. Er hatte Kopfschmerzen. Er ging auf das Haus zu. Er umrundete das Gebäude. Er ging die Stufen zum Hintereingang hinauf und klopfte an. Eine Frau öffnete. Sie trug eine Dienstbotenuniform. Sie war klein und stämmig. Das Gesicht war freundlich. Die Frau war Mitte Fünfzig. Das Haar war in einem Knoten gebunden. Die Hände waren mit Mehl bestreut. Er hatte sie beim Kuchenbacken angetroffen. »Ich bin der Schlüssel.«
    »Ich bin das Schloß.«
    »Lassen Sie mich ins
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