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In der Kälte der Nacht

In der Kälte der Nacht

Titel: In der Kälte der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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er. Das Licht war zu schlecht. Er hatte kein Ziel. Sie waren zwei, er war allein. Selbst wenn er einen erwischte, es blieb das Risiko, daß der andere flüchtete. Vielleicht gelang es ihm, den Lichtschalter zu finden. Er konnte das Licht anknipsen in dem Augenblick, wo Sam und Paul dasKirchenschiff betraten. Er würde den Überraschungseffekt ausnützen und seine Schüsse abgeben, ehe die beiden ihre Waffe ziehen konnten. Der Nachteil war, daß auch er vom Licht geblendet sein würde. Es war unklar, ob er unter diesen Umständen treffen würde. Dann fielen ihm Jenny und Rya ein, die im Glockenturm warteten. Die beiden würden durch den Schußwechsel alarmiert werden. Jenny Edison würde mit Sicherheit ihren Vater zu rächen versuchen, sie würde kämpfen bis zum letzten Schuß. Sie hatte gute Aussichten, ihn, Klinger, auszuschalten. Die Mauer, die um die Glockenkammer lief, war eine ideale Schießscharte. Der Turm war uneinnehmbar, solange die Verteidiger Munition hatten. Es gab also Risiken, selbst wenn es ihm gelang, die beiden Männer imÜberraschungsangriff niederzustrecken. Ein Kinderspiel würde es jedenfalls nicht sein, auch wenn Klinger sich des Segens aller Heiligen, deren Bilder auf ihn herabsahen, sicher war. Ob ich gut gerüstet bin für meinen Kommandoauftrag? Klinger wußte, er war tief hinter den Linien des Feindes. Für Kommandoaufträge dieser Art brauchte man eigentlich eine Maschinenpistole. Eine Waffe aus deutscher oder belgischer Produktion. Die Magazine. Ein automatisches Sturmgewehr mit Munition. Und Handgranaten. Drei oder vier Handgranaten. Vietnam. Hinter den Linien. Er vermeinte, das Rascheln der Bambusstauden zu hören. Edison und Annendale hatten noch zwanzig Stufen zu bewältigen, dann war die Wendeltreppe zu Ende. Das Schürfen ihrer Sohlen auf dem scharfkantigen Staub der Stufen verriet Klinger, daß ihm nur noch wenige Stufen blieben, um sich zu verstecken. Er huschte zur fünften Bankreihe, schob sich in die Bank und stolperte über einen Schemel, den ein vergeßlicher Kirchgänger zurückgelassen hatte. Ein Poltern war zu hören, bevor es Klinger gelang, den Schemel zu packen und unter die Bank zu schieben. Gebückt hastete er weiter. Am Mittelgang angekommen, legte er das Knie auf die Rundung der Bank. Er lag auf der Bank, das Gesicht in die Maserung gepreßt, als die beiden Männer aus der Sakristei kamen. Sie traten ins Dunkel. Sam trat drei Schritte nach vorn, dann blieb er stehen. »Da war ein Geräusch«, flüsterte er. Paul stand da und lauschte dem Singen des Windes. Donnern in der Ferne. Das Rauschen der Bäume auf dem Kirchplatz. Das Knacken der Holzdecke. »Was war das vorhin für ein Geräusch?«
    »Was meinst du? Ich habe nichts gehört.« Paul starrte in die Dunkelheit. Er kniff die Augen zusammen, als könnte er so die Düsternis des Kirchenschiffs mit Licht erfüllen. Seine Gedanken wanderten an den Fensterbögen entlang, verfingen sich im Gewirr der Linien an der Decke. Er lag in einem See. Seine Haare waren so lang, daß sie bis auf den Grund des Sees reichten. Wasserpflanzen. Schlingpflanzen. Schlamm. Paul spürte, wie sich ein Ring aus Eis um seinen Hals legte. Angst. »Ich bin sicher, ich hab' was gehört«, flüsterte Sam.
    »Wie willst du denn was gehört haben, wo wir selber soviel Lärm gemacht haben?«
    »Da war was.«
    »Vielleicht der Wind.«
    »Nein. Es war ein polterndes Geräusch. So wie ein Stuhl, der umgestoßen wird.« Sie standen da und lauschten. Eine Minute. Zwei Minuten. Nichts. »Komm«, sagte Paul. »Gehen wir.«
    »Warten wir noch einen Augenblick.« Eine Böe ließ das Fenster über ihnen erzittern. »Jetzt hast du's selbst gehört«, sagte Paul. »Es ist das Fenster.« Sam war erleichtert. »Du hast recht.«
    »Schnell jetzt, wir dürfen keine Zeit verlieren.« Sie verließen die Kirche durch den vorderen Ausgang. Sie gingen die Main Street in östlicher Richtung. Wenig später hatten sie Pauls Wagen erreicht, der vor Edison's General Store geparkt war. Der Wagen war in die Straße eingebogen, die zur Sägemühle führte. Als die Rücklichter zu winzigen roten Punkten zusammengeschrumpft waren, erhob sich Klinger aus seiner Deckung hinter den Fliederbüschen. Die Telefonkabine vor Ultman's Cafe lag nur einen Häuserblock entfe rnt. Das Telefonverzeichnis war nur wenige Seiten stark. Klinger suchte und fand die Telefonnummer der Big Union Supply Company. Eine Sammelnummer. Darunter die Direktanschlüsse der einzelnen Abteilungen und
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