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In der Kälte der Nacht

In der Kälte der Nacht

Titel: In der Kälte der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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Technologie diktiert wurden. Dies war vielleicht die einzige Ära in der Entwicklung des Menschen, wo der Zweck wirklich die Mittel heiligte. Trotzdem fühlte sich Paul beschmutzt, verletzt, schuldig. »Es wird Zeit«, sagte Sam. Seine Stimme klang ruhig und klar. »Einer von uns beiden muß es tun.«
    »Als er elf war, ist er von einem Mann vergewaltigt worden«, sagte Paul. »Der Mann hieß Parker.« Er beobachtete Salsbury aus den Augenwinkeln. Der zeigte keine Reaktion. »Ist das von Belang für unsere Entscheidung?« fragte Sam. »Ich meine schon.«
    »Ist es von Belang für die Opfer, daß Hitler wahnsinnig war? Macht es die sechs Millionen wieder lebendig?« Sam sprach leise, aber Paul merkte ihm die Anstrengung an und den Schmerz, der in den Worten mitklang. Er sah, wie das Kinn des Freundes zu zittern begann. »Er ist im Alter von elf Jahren vergewaltigt worden«, fuhr Sam fort. »Rechtfertigt das den Mord an Mark? Wenn Salsbury mit seinem Plan durchkommt, übernimmt er die Kontrolle über Black River und über andere Ortschaften, vielleicht über ganze Länder. Er wird Menschen zu neuen Verbrechen, zu neuen Morden programmieren. Ist es da von Belang, ob man ihm im Alter von elf Jahren Unrecht angetan hat?«
    »Gibt es keinen anderen Weg, ihn an der Ausführung seiner verbrecherischen Pläne zu hindern?« fragte Paul. Er kannte die Antwort. »Das haben wir bereits durchdiskutiert.«
    »Trotzdem. Gibt es keinen anderen Weg?«
    »Ich übernehme die Sache«, sagte Sam. »Ich werd's tun.«
    »Nein, die Verantwortung liegt bei mir. Wenn ich jetzt versage, würdest du auch beim Kampf gegen Dawson und Klinger allein dastehen, das kann ich nicht zulassen. Du kannst nicht allein mit den beiden fertig werden. Du sollst wissen, daß du fest auf mich zählen kannst.« Salsburys Zunge schob sich über die geschwollenen Lippen, es sah aus wie ein blutgefüllter Wurm. Sein Blick irrte von der Wunde an der Schulter über den Hemdzipfel zu Paul. »Sie wollen mich doch nicht etwa töten!« Paul zog seinen Combat-Revolver und legte an. Salsbury streckte ihm die blutverschmierte Hand entgegen. »Schießen Sie bitte nicht. Ich biete Ihnen eine Partnerschaft an. Sie sind ab sofort mit im Geschäft, Sie und Ihr Freund.«
    Paul zielte auf das Herz. Er wunderte sich, wie ruhig seine Hand auf einmal war. »Wenn Sie an diesem Geschäft beteiligt sind, haben Sie ausgesorgt. Sie können sich kaufen, was Sie wollen. Sie haben mehr Geld, als Sie je ausgeben können. Überlegen Sie mal, was das bedeutet!« Paul überlegte, aber dann war das zerbrochene Nasenbein der Frau wieder da und das blinde Weiß in den Augen des toten Jungen. »Was ich Ihnen anbiete, ist mehr wert als Geld. Sie können sich die Frauen kaufe n, die Sie haben wollen. Die teuersten, die besten, die verwöhntesten, alle kommen auf den Knien zu Ihnen gekrochen, weil Sie über Geld in Hülle und Fülle verfügen. Sie können sich natürlich auch Männer kaufen, wenn Sie das lieber mögen. Oder Kinder. Kleine Mädchen. Kleine Jungen...« Paul sah Marks Leichnam vor sich, die kleine, steife Gestalt, hineingequetscht in eine Tiefkühltruhe. Und dann stand Ryas Bild vor ihm, die Schwester des Opfers, seine Tochter, die mit einem schweren seelischen Schock aus dem furchtbaren Erlebnis hervorgegangen war. Er drückte ab. Er spürte einen Schlag im Handgelenk. Der Rückstoß hatte den Lauf hochgerissen. Der Schuß traf Salsbury in die Kehle. Das Geräusch war ohrenbetäubend, das Echo schwang hin und her zwischen den Wänden, stahl sich in Pauls Gehirn und verebbte. Er wußte, daß er das Geräusch nie vergessen würde. Er gab einen weiteren Schuß ab. Diesmal traf er Salsbury in die Brust. Der Schuß kam mit solcher Gewalt, daß der Getroffene mitsamt seinem Stuhl an die Wand geschleudert wurde. Salsbury war tot. Paul wandte sich ab. Sam legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ist dir schlecht?«
    »Ich weiß nicht.« Er war wie in Trance.
    »Am Ende des Flurs ist die Toilette.«
    »Ich bin ganz okay, Sam. Danke.«
    »Du siehst aber gar nicht okay aus.«
    »Es ist nicht der erste Mensch, den ich töte. Ich war im Krieg, weißt du.«
    »Das hier ist anders«, sagte Sam. Er kniff die Augen zusammen und betrachtete die blutüberströmte Gestalt auf dem Boden. »Im Krieg tötet man auf Entfernung, nicht aus einem Meter Abstand.«
    »Es ist nichts«, sagte Paul. »Wirklich nicht.« Er stolperte zur Tür und wankte den Flur entlang. Er fand die Toilette, beugte sich über ein Becken
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