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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt
Autoren: Roger Aeschbacher
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Welt schenken, und Rosen, einen ganzen Strauß Rosen und noch mehr Rosen. Er würde für sie den weißgoldenen Ring mit kleinem Brillianten kaufen gehen und ihr Zeit schenken und nochmals und nochmals Zeit.
    Doch noch saß er hier, allein mit sich und seinen Gedanken. Was sollte er noch weiter tun? Der Mörder war gefasst, nach nur einem Tag. Langsam dämmerte ihm, dass er keinen Fall mehr hatte, keine Aufgabe mehr. Was sollte er nun morgen tun und übermorgen? Ein dumpfes Gefühl, unnütz und nicht gebraucht zu werden, schlich sich in seinen Bauch. Spätestens in drei Tagen würde ihn seine eigene Einsamkeit einholen. Er würde die Leere füllen müssen. Mit Gedanken.
    An sie.
    An …

    Stefan Heinzmann hingegen freute sich vor Glück. Seine positive Lebenseinstellung – nur kurz verloren – hatte wieder ein Lächeln in sein Gesicht gezaubert. Er war wieder Wachtmeister. Nichts anderes hatte er je sein wollen. Damit auch Schneider das begriff, stoppte er ihn brüsk und cool zugleich, als dieser die Sitzung beendet hatte und an ihm vorbei aus dem Zimmer eilen wollte. Der kräftige Wachtmeister hielt den jungen Boss am Oberarm zurück.
    Daniel Schneider wurde beinahe aus den Schuhen gezogen. Er blitzte den Wachtmeister wütend an, traute sich aber nicht, etwas zu sagen.
    Heinzmann zog seinen Chef zu sich, als spielte er mit einer willenlosen Puppe. Er zog ihn ganz nah zu sich, um ihm ein für alle Mal etwas klarzumachen. Er flüsterte: »Wenn du jetzt zu Telebasel gehst, mein Lieber …«, er lächelte, ohne Schneider anzublicken, »… dann vergiss nicht, dass der Danner vom viel gelesenen Blick ein sehr guter Freund von Baumer und einem gewissen Heinzmann ist.«
    Schneider fletschte die Zähne, wollte sich bewegen. Heinzmann packte richtig brutal zu, schüttelte seinen Chef kurz aber heftig. Und jetzt endlich hatte der junge, kleine Schneider begriffen, wer hier in dieser Beziehung das Sagen hatte.
    Der Wachtmeister fügte in aller Seelenruhe an: »Diesen Heinzmann, den kennst du doch, oder? Stefan Heinzmann, Wachtmeister der Klasse 1 und im aktiven Dienst.«
    Er ließ sein Püppchen los, richtete sich auf, zog seinen Hut in die Stirn. Mit breiter Brust ging er aus dem Raum. Seinen kleinen Chef drückte er dabei weg, als wäre der Luft. Es gab ihn schlicht und einfach schon nicht mehr für ihn.
    Für Stefan Heinzmann gab es nur Basel, seine immer dreckiger werdenden Straßen und Plätze, die immer zahlreicheren Taschendiebe, die Dealer und Bettler, und die Huren, die Einbrecher und die Schläger.

    Seine wahren Freunde.

EPILOG
    Drei Tage nach dem schrecklichen Mord an Emine Azoglu, genannt Mina, saß Andreas Baumer, Kriminalkommissar der Kantonspolizei Basel, auf seinem Balkon, dort hinter den Gleisen des Bahnhofs SBB im Gundeldingerquartier. Ein einziger Tag Regen mit starken Gewittern und neuer kühler Luft hatte die ungewöhnlich lange Hitzeperiode vorläufig beendet. Die Temperaturen waren gesunken, aber doch immer noch angenehm warm, so dass Baumer in kurzen Hosen dasitzen konnte. Er trug ein neu gekauftes, baumwollenes Hemd. Es war ein topmodisches Modell, das vom Schnitt her und von den aufgesetzten Patten an eine Pilotenuniform erinnerte. Auch war es wunderbar gemustert und zusätzlich fein bestickt. Baumer hatte sich dieses sündhaft teure Stück – Versace! – geleistet, weil er seine Hemden in der Sommerhitze zu schnell durchgeschwitzt hatte und er keinen Nachschub mehr im Schrank hatte. Auf T-Shirts umzusteigen, wäre ihm aber nie in den Sinn gekommen.
    Jetzt hatte Baumer sich einen brutal starken Espresso mit der für 3 Tassen ausgelegten Bialetti-Maschine gemacht. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen, und er lechzte dringend nach echter Kaffeekultur. Nur hier, bei ihm zu Hause, gab es den original Baumer-Espresso, gebrüht mit reinem Basler Grundwasser und exquisitem Kaffeepulver aus dem Globus Delicatessa . Andi Baumer goss sich den Espresso ein, in dem ein schmiedeeiserner Hammer obenauf geschwommen wäre.
    Neben dem Tässchen lag ein überaus wichtiger Brief, den er am Morgen erhalten hatte. Das Couvert war noch ungeöffnet. Jetzt wollte er den Brief lesen.
    Als Baumer das edle Espressotässchen aus Meißner Porzellan an seine Lippen hob, gingen ihm die Ereignisse der letzten Tage noch einmal durch den Kopf. Er und seine Freunde hatten Vabanque gespielt. Beinahe wäre das in die Hose gegangen. Aber sie waren gerade so mit dem Schrecken davongekommen. Sein Chef hatte schnell begriffen, wie
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