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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht
Autoren: Lynn Viehl
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hin, rutschte aus und wäre beinahe mit dem Gesicht im Matsch gelandet. »Scheiße, warte! Bleib hier, ich brauche Hilfe .«
    »Hast du dich verlaufen, Junge ?«
    Sein Trainer Lewis hatte ihn Junge genannt. Junge, aus dir wird nie ’n Quarterback. Tu der Mannschaft ’nen Gefallen und schwing deinen zierlichen weißen Kreolenarsch hier raus.
    Er verlor den Halt und knallte mit dem Kopf gegen einen tief hängenden Weidenast.
    »Scheiße !« Er griff sich an den Kopf, der sich anfühlte, als würde er sich gleich in zwei Teile spalten, dann stierte er sie an. »Verflucht noch mal, was glaubst du denn ?«
    Sie versteifte sich, schlenkerte die Falle in ihrer Hand ein wenig hin und her. »Ich glaube, deine Mama braucht jede Menge Seife, um dir den Mund auszuwaschen. Mach’s gut .«
    »He, geh nicht weg .« Er hob die Hand und ließ sie gleich wieder sinken. »Tut mir – tut mir leid, ich hatte einen miesen Tag .«
    »Sag bloß .« Sie musterte ihn, und ihre ernste Miene hellte sich ein klein wenig auf. »Woher kommst du ?«
    Ihre merkwürdig leiernde Art zu reden veranlasste ihn, sie noch einmal genauer zu betrachten. Konnte sie eine Cajun sein? Er hatte seine Mutter sagen hören, sie seien nichts wert und ungebildet und würden alles stehlen, was nicht niet- und nagelfest war. Aber dieses Mädchen sah weder dumm noch kriminell aus, bloß arm.
    »Ich bin Marc. Ich komme aus der Stadt .« Schuldgefühle plagten ihn, als ihm bewusst wurde, wie er auf sie wirken musste – ein großer, finsterer Kerl, über und über mit Schlamm bedeckt, der jeden zweiten Satz mit Schimpfwörtern spickte – also blieb er, wo er war, und versuchte, so harmlos wie möglich zu klingen. »Wie heißt du ?«
    »Geneviève .«
    »Schöner Name .« Wie eine Märchenprinzessin. »Du wohnst hier in der Gegend, stimmt’s ?«
    » Oui .«
    Umso besser – dann kannte sie sich hier aus. »Kannst du mir zeigen, wie ich hier rauskomme ?«
    Sie dachte darüber nach. So lange, dass er merkte, wie seine Haut unter dem Schweiß zu jucken begann. Endlich deutete sie mit der Hand auf die Bäume. »Dort entlang .«
    Er folgte ihr durch hüfthohes Gestrüpp, fort vom Flussufer und bergauf zu den Bäumen. Was hatte sie kurz vor dem Dunkelwerden hier draußen zu suchen? War sie hier, um Flusskrebsfallen aufzustellen? Er musste sich beeilen, weil ihr Vorsprung immer größer wurde, aber da er, im Gegensatz zu ihr, den unebenen Untergrund nicht kannte, fiel es ihm schwer, mit ihr Schritt zu halten.
    »Ginny, warte auf mich – du bist zu schnell .«
    Sie blieb stehen und wartete, bis er sie eingeholt hatte. Er glaubte, sie etwas über Stadtjungs murmeln zu hören, bevor sie fragte: »Was machst du überhaupt hier mitten im Atchafalaya ?«
    Sich fühlen und aufführen wie ein Hornochse. »Meine Freunde hatten die glorreiche Idee, mich abzufüllen und hier draußen auszusetzen .«
    »Das ist nicht lustig .« Sie nahm seinen Arm und zog ihn um eine große Pflanze mit dunklen Blättern herum. Als er zurückblickte, sah er, dass es ein riesiger Busch Giftefeu war. »Du benimmst dich nicht wie ein Betrunkener .«
    »Dazu braucht es schon mehr als ein paar Bier .« Ihre Hand auf seinem Ärmel wirkte so klein. Ihre Fingernägel waren kurz und unlackiert, gerade geschnitten, wie mit einer Schere. Sie roch leicht nach Seife und Sonnenschein, was ihm bewusst machte, wie furchtbar er stinken musste. »Wie alt bist du ?«
    »Siebzehn im nächsten Monat .« Sie neigte den Kopf zur Seite. »Gehst du aufs College in der Stadt, Marc ?«
    »Ja, ich bin im zweiten Jahr .« Er hasste es. »Ich bin neunzehn .«
    »Mein Cousin Darel ist auch neunzehn .« Sie machte eine Handbewegung zur anderen Seite des Bayou. »Er geht zwar nicht aufs College, aber dafür verläuft er sich nie .«
    »Ich war noch nie im Sumpf .« Er hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, und klopfte sich wieder auf die Jacke. »Wohnst du bei deinem Cousin ?«
    »Nein .« Sie zeigte an ein paar Eichen vorbei auf ein schwach schimmerndes Licht. »In dem Haus da oben wohne ich .«
    Als sie näher kamen, sah Marc, dass das Haus kaum mehr als eine mit Dachschindeln gedeckte Baracke war. Sie lag ein paar Meter abseits eines kleineren Arms des Atchafalaya, zusammengekauert unter zwei uralten, knorrigen Eichen. Wie passte eine ganze Familie in einen solch winzigen Unterschlupf? Selbst der Geräteschuppen hinter dem Haus, in dem er wohnte, war größer.
    »Du wohnst bei deinen Eltern ?«
    » Oui. Papa stellt Fallen
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