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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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Fremdenlegion, ihre Söldner ausgezeichnet! Der amerikanische »Reguläre« erhält als Mindestsatz dreizehn Dollars im Monat; der englische »Tommy« bekommt einen Schilling im Tag. Und beide sind nur Soldaten, keine Arbeiter. Sie sind Söldner, aber – sie bekommen wenigstens Sold!
    Wenn man, von der Basis der vier Pfennige Tagessold ausgehend, die allgemeinen Verhältnisse in der Fremdenlegion betrachtet, wird jedem, sei er nun kühl kritisierender Ausländer oder patriotischer Franzose, die Ueberzeugung aufgedrängt werden, daß die Institution der Fremdenlegion gegen die einfachsten Gebote der Menschlichkeit sündigt – seit achtzig Jahren gesündigt hat! Hekatomben von Menschen aller Nationen liegen im Sand Algeriens, in den Sümpfen Madagaskars, in der fiebergeschwängerten Erde Tonkins, in Mexiko begraben. Opfer der Fremdenlegion. Sie sind gestorben gegen ein Aequivalent von Gefüttertwerden und vier Pfennigen täglicher Löhnung!
    Läßt man die Toten ruhen und beschäftigt man sich mit den Lebenden, so kommt man auch dann zum gleichen Resultat: militärisches Ausbeutertum! Gegen alle Gebote der Menschlichkeit sündigend: durch Uebertölpelung von unerfahrenen Menschen, die niemals in die Legion kommen würden, wenn sie wüßten, was ihnen bevorsteht; durch gleichgültige Mißachtung des Wertes von Menschenleben; durch ein Aufzwängen von Existenzbedingungen, die die Gesundheit schädigen müssen .
    Nicht nur dafür ist das militärische Ausbeutertum verantwortlich, sondern auch für die Sünden und Laster der Legion, denn das System ist es, das diese Sünden und diese Laster aus den kleinen Keimen gezüchtet hat!
    *
    Ueber die politische Seite der Fremdenlegion dürfte man in der zivilisierten Welt der Gegenwart kaum verschiedener Meinung sein.
    Die Fremdenlegion ist ein veraltetes, lächerlich unzeitgemäßes Ueberbleibsel mittelalterlicher Landsknechtseinrichtungen, mit all den Fehlern und Nachteilen des Söldnertums, aber ohne den Schimmer der Romantik, der in den Kriegszeiten vergangener Jahrhunderte ritterliche »soldiers of fortune« verklärte.
    Für das Empfinden moderner Menschen ist es eine monströse Idee, daß heutzutage noch eine der Großmächte, eine der kulturell führenden Nationen der Welt, ein militärisches Korps unterhält, das wahllos aus Menschen aller Länder zusammengestellt ist, das eingestandenermaßen aus fremden Deserteuren und hungernden Armen rekrutiert wird, und dessen Fahne die magere Devise trägt: Valeur et Discipline! Tapferkeit und Disziplin. Die Inschrift der französischen Fahnen: Honneur et Patrie – Ehre und Vaterland, konnte man der gemischten internationalen Gesellschaft natürlich nicht geben. Aber die beiden Wörtchen sind illustrativ. Vergleiche mit dem amerikanischen oder dem englischen Söldnerheer sind nicht nur in Hinsicht auf die Löhnung sehr interessant, denn beide unterscheiden sich himmelweit von der Fremdenlegion. Das englische Heer wirbt nur geborene Engländer an. Das amerikanische Heer nimmt zwar Ausländer in Dienst, verlangt jedoch, daß sie im Besitze des sogenannten »ersten Papiers« sind, daß sie vor einem amerikanischen Gerichtshof ihre Absicht beschworen haben, nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen fünf Jahre amerikanische Bürger zu werden. Der amerikanische Söldner wird als Bürger der Vereinigten Staaten betrachtet, und der Treuschwur wird ihm abgenommen. Die Fremdenlegion dagegen kennt nicht einmal einen Fahneneid. Das hektographierte oder gedruckte Stück Papier, das der Fremdenlegionär unterzeichnet, in einer Sprache abgefaßt, die der Rekrut in den meisten Fällen gar nicht versteht, ist weiter nichts als ein Zivilkontrakt, ein Dienstvertrag. Dieser Vertrag ist das einzige Band, das den Angeworbenen an die Legion bindet – ein Vertrag, der eigentlich nach modernen Rechtsbegriffen null und nichtig ist! Heutzutage gibt es auch im internationalen Recht den Begriff eines Vertrags »wider die guten Sitten«. Und was könnte mehr gegen die guten Sitten sein, als solch ein Vertrag der französischen Republik mit einem Legionsrekruten, als dieser Kontrakt, dessen Forderungen in einem geradezu wucherischen Mißverhältnis stehen zu dem vereinbarten Lohn!
    Man kann über die Institution der Fremdenlegion nicht verschiedener Meinung sein.
    Jeder Mensch mit gesundem politischem Instinkt muß sich sagen, daß es ein unerhörter Zustand ist, wenn ein Land die Deserteure und die Verbrecher (ich spreche jetzt von der anderen Hälfte der
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