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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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aber, als er in Clays Miene blickte.
    »Ich bin befugt, allen Steuervergehen nachzugehen, die mir bekannt werden, ob sie nun unmittelbar mit einem erteilten Auftrag zu tun haben oder nicht. Und aufgrund der Autorität meines Amtes ...«
    »Dies ist exterritoriales Gebiet«, erinnerte ihn der Beamte frostig. »Raumschiffe unterstehen direkter UNO-Verwaltung. Festnahmen auf UNO-Gebiet erfordern eine Autorisierung durch die zuständigen Behörden. Können Sie eine entsprechende Befugnis nachweisen?«
    Clay bebte vor Wut. Paragraphenreiter. Daran krankte alles: Solche Typen machten es sogar unmöglich, daß in den Tiefstädten der Vereinigten Groß-Amerikanischen Staaten aufgeräumt wurde. Er beherrschte sich mühsam und dachte an Shereen. »Nein«, sagte er.
    »Dann fordere ich Sie hiermit auf, die hier geltenden Vorschriften demnächst zu beachten. Ich verurteile Sie zu einer Strafe von fünfhundert K.«
    Clay nickte langsam, holte seine Kreditkarte hervor und starrte Enrico Silverstone an. Der Gesichtsausdruck des Flüchtlings war ... sonderbar. Befriedigung spiegelte sich darin, Furcht vor ihm, noch immer, aber eine Besorgnis, die nicht unmittelbar etwas mit der gegenwärtigen Situation zu tun hatte. Warum hatte Silverstone das Gespräch abgehört? Weil er ihn als Comptroller erkannt und deshalb eine Entlarvung befürchtet hatte? Das war unwahrscheinlich. Er war ein Passagier unter vielen und trug nicht seine Dienstuniform, sondern einen dezenten Freizeitanzug.
    »Sie können gehen«, wandte sich der Beamte an Silverstone. Der Angesprochene drehte sich sofort um und verschwand mit hastigen Schritten.
    »Der Mann ist ein Steuerflüchtling«, wiederholte Clay.
    »Und Sie lassen ihn gefälligst in Ruhe, Terri. Wir sind hier nicht auf der Erde. Lösen Sie Ihre Probleme dort, wo sie entstehen.« Und damit ließen ihn die beiden Uniformierten stehen und gingen davon. Clay konnte hören, wie einer der beiden einige Male »Terri« murmelte, und es klang nicht sonderlich freundlich.
    »Vor der Ausschiffung kommen Venusier an Bord und beanspruchen die Hoheitsrechte«, sagte Tasche. »Manche von ihnen sind ehemalige Tiefstädter aus den Ballungsgebieten der Erde, und sie sind den Behörden-Repräsentanten Terras nicht sehr wohlgesonnen.«
    Clay starrte in die Richtung, in die Enrico Silverstone verschwunden war. Dann fluchte er und machte sich auf den Weg, um das Gepäck aus seiner Kabine zu holen und sich ebenfalls ausschiffen zu lassen. Tasche folgte ihm gehorsam. Als er seine Unterkunft erreichte, mußte er feststellen, daß sie in der Zwischenzeit durchsucht worden war.
     
    Infolge der Erg-Abschirmer hielt sich das Dröhnen der Triebwerke in Grenzen. Es war ein nur leises Summen, das den Eindruck von Kraft vermittelte, von bebender Energie. Clay lehnte sich in die Polster seines Sessels zurück und blickte aus der Flankenkanzel der Fähre in die Leere hinaus. Der metallene Leib des Linienschiffes war ein diffuser, unregelmäßig geformter Schatten vor einem tiefschwarzen Hintergrund, auf dem nur wenige Sterne glänzten. Weiter unten schwamm der wolkenverhangene Ball der Venus im Nichts, eine Hölle aus Hitze und immerwährenden Stürmen, und wie an einer unsichtbaren Kette aufgereiht sanken die Fähren den Orkanen und Zyklonen entgegen. Clay wandte den Blick ab und musterte die anderen Shuttle-Passagiere. Ein etwas älterer, fülliger Mann war damit beschäftigt, leise Kommentare in einen Miniaufzeichner zu sprechen. Er machte den Eindruck eines Geschäftsmannes und legte offenbar Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Zwei Reihen vor ihm saß eine dezent gekleidete Frau und widmete den dahinwirbelnden Wolken der Venus gelangweilte Blicke. Vielleicht hatte sie diese Reise schon mehrmals unternommen. Möglicherweise war sie die Repräsentantin einer kulturellen Vereinigung. In den Sitzen neben ihr hockten einige kichernde Jugendliche. Unmittelbar vor der Trennwand, hinter der der Fährenpilot anonym blieb, diskutierte eine Gruppe von Europäern über das Bruttosozialprodukt der Region Mediterran und gab dem gedämpften Optimismus Ausdruck, daß der Handelsaustausch mit der Venuskolonie im nächsten Rechnungszeitraum respektable Zuwächse aufweisen werde. Clay musterte auch seine anderen Mitreisenden in dem nicht einmal zur Hälfte besetzten Shuttle. Sie alle gehörten nicht zu dem Schlag von Menschen, dem er im Gemeinschaftszentrum begegnet war. Geschäftsleute, Handelsvertreter, Kulturbeauftragte, Diplomaten, vielleicht auch
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