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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers
Autoren: Megan McFadden
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und würden ihre Habseligkeiten verstecken. Aber Thore war sich ziemlich sicher, dass sein Gegner auch dort bereits alles abgegrast hatte, sollte das Feuer also ruhig brennen.
    „Holt einen der Mönche herbei!“, befahl er.
    Thore war nicht das erste Mal auf Beutezug, er hatte seine Männer nach Irland und England geführt, sie waren in Friesland eingefallen und von dort weit nach Süden vorgedrungen. In diesem Sommer jedoch hatte ihm nichts gelingen wollen. Die Engländer hatten erbitterten Widerstand geleistet und ihn letztlich vertrieben, und auch hier an der bretonischen Küste schien das Kriegsglück ihm nicht hold zu sein.
    Aber Thore war kein Mann, der sich so rasch geschlagen gab. Er war schon fast dreißig Jahre alt, nahezu die Hälfte seines Lebens hatte er auf Beutezügen verbracht. Er hasste den Winter, der ihn in seiner norwegischen Heimat zur Untätigkeit verdammte, denn dann fielen die trüben Gedanken wie Scharen schwarzer Krähen über ihn her und erinnerten ihn daran, dass er sich vor Jahren wie ein Strohkopf benommen und an das Glück in den Armen eines Weibes geglaubt hatte. Wenn das Meer im Frühsommer endlich eisfrei war, flüchtete er vor den dunklen Abenden am Herdfeuer, und jedes Jahr war er der Erste, der wieder mit seinen Leuten hinausfuhr. Eines Tages würde er in Ägirs stillem, feuchtem Reich versinken, dort, wo die Ertrunkenen das Ende der Zeit abwarten mussten, oder – was in jedem Fall die bessere Möglichkeit war – die Walküren würden seinen toten Körper hinüber nach Walhall tragen, wo die im Kampf gefallenen Krieger miteinander lachten und becherten.
    Allerdings gedachte er, diesen Tag noch so lange wie möglich hinauszuzögern.
    Schweigend wartete er ab, bis zwei seiner Männer einen dürren, vor Angst schlotternden Mönch herbeizerrten, dann winkte er Ubbe zu sich heran. Der vierschrötige Bursche, dessen Gesicht unter dem braunen, lockigen Bewuchs kaum zu sehen war, kannte die Sprache der Franken, denn seine Mutter war eine fränkische Sklavin gewesen.
    „Frag ihn, wo sie ihre Schätze vergraben haben!“
    Thore hörte genau zu, während Ubbe seine Frage stellte, denn auch er selbst verstand ein wenig Fränkisch. Der schlotternde Mönch redete etwas davon, dass er niemals seinem christlichen Glauben abschwören würde, selbst dann nicht, wenn man ihn mit dem Tode bedrohte. Es war albern genug, denn Thore war es völlig gleichgültig, welche Götter dieser Mann anbetete – es ging ihm nur um die silbernen Leuchter und Kelche, die in solch einem Kloster immer vorhanden waren. Ubbe musste nachhaken, und der Mönch machte eine flehende Geste.
    „Er sagt, die anderen Wikinger hätten bereits alles mitgenommen.“
    „Er soll uns verraten, ob unter dem Kloster geheime Gänge und Kammern sind. Tut er es nicht, zerschlagen wir die Heiligtümer und reißen den Steinaltar heraus.“
    Thore hatte so seine Erfahrungen mit den Heiligtümern der Christen. Oft befand sich genau unter dem Steinaltar ein Loch im Boden, in dem kostbare Dinge versteckt waren. Oder es führte ein Gang unter dem Gebäude hindurch zu einer Höhle.
    Der Mönch wurde bei Ubbes Frage noch um einiges bleicher, als er sowieso schon war. Doch er versicherte, es gäbe weder Kammern noch Verstecke. Auch sei der Überfall der Wikinger so schnell gewesen, dass niemand rechtzeitig auf den Gedanken kam, die silbernen Abendmahlsgeräte zu verbergen.
    Thore dachte sich seinen Teil und beharrte nicht auf diesem Punkt. Stattdessen wollte er wissen, wie groß die Zahl der Wikinger gewesen war, die das Kloster beraubt hatten.
    „Es waren Unzählige, sie stürmten durch das Tor und überfluteten das Kloster, erschlugen alle, die nicht geflohen waren, raubten das Silber und auch alle Vorräte ...“
    „Wie viele Schiffe?“, unterbrach Thore ungeduldig.
    Der Mönch war froh, keine weiteren Auskünfte über das Kloster geben zu müssen und bemühte sich sichtlich, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Er nahm die Hände zu Hilfe und zeigte fünf Finger der rechten, dazu den Daumen der linken Hand. Sechs Schiffe also. Thore hatte nur drei, die insgesamt an die zweihundert Kämpfer trugen. Sein Gegner war doppelt so stark.
    „Wie heißt der Anführer?“
    Jetzt war der Mönch in Verlegenheit, denn der Heide hatte seinen Namen nicht genannt. Und selbst wenn er es getan hätte – welcher Christenmensch konnte sich solch merkwürdige, kehlige Laute merken.
    „Er hat blondes Kopfhaar und einen rötlichen Bart, und er
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