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In den Armen des Fremden

In den Armen des Fremden

Titel: In den Armen des Fremden
Autoren: Emily McKay
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nie still – und machte sich vor, sie käme voran. Aber in Wahrheit gelangte sie nirgendwohin.
    Plötzlich schien Kitty ihr Hals wie zugeschnürt, und sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Oh nein, dachte sie, nur das nicht! Nur nicht vor ihm weinen!
    Schlimm genug, dass ihr das ein Mal passiert war, im Büro. Was sich zur Not mit der Aufregung über die Pressekonferenz entschuldigen ließ. Doch so weit durfte es auf keinen Fall wieder kommen!
    Kitty versuchte, an Ford vorbeizugehen. Sie wollte sich Bewegung verschaffen, wie sie es gewohnt war. Im Kreis zu gehen war immer noch besser als stillzustehen, auch wenn man nicht ans Ziel kam.
    Aber Ford hielt sie am Arm fest und schaute ihr in die Augen. „Du brauchst nicht so zu tun, als ob dir das nichts ausmacht. Immer versuchst du, dir nichts anmerken zu lassen.“
    Sie lachte – und merkte selbst, wie bitter es klang. „Vermutlich kannst du dir nicht vorstellen, wie mein Leben bisher verlaufen ist. Glaub mir, eine Menge Leute warten nur darauf, mich scheitern zu sehen.“
    Nachdenklich sah Ford sie an. „Hast du schon einmal daran gedacht, dass es vielleicht genauso viele gibt, die sich freuen, wenn du Erfolg hast?“
    Überrascht blinzelte sie. Aber er musste sich irren! Auch wenn er es gut meinte … „Du weißt ja nicht, wovon du redest.“
    „Ich weiß genug“, widersprach er, „zum Beispiel, dass Legastheniker nicht dumm sind. Und dass viele von ihnen sehr viel Erfolg haben.“
    „Kann schon sein. Nur leider gehöre ich nicht dazu.“ Ford wollte etwas entgegnen, doch Kitty schnitt ihm das Wort ab. „Lass es einfach.“
    „Was meinst du?“
    „Versuch gar nicht erst, die Dinge zu beschönigen. Bevor du von meiner Lese- und Schreibschwäche erfahren hast, hättest du dich nie so verhalten.“
    „Ich wollte doch gar nicht …“
    „Doch! Das sehe ich dir an den Augen an. Ich weiß genau, was du sagen wolltest. Dass Biedermann’s schlechte Marktposition nicht meine Schuld ist. Oder gar dass alles überhaupt nicht so schlimm ist. – Dabei weißt du genauso gut wie ich, wie die Dinge wirklich stehen. Wenn meine Firma nicht gewaltig ins Trudeln gekommen wäre, würde sich FMJ nicht für sie interessieren. Nur weil die Lage verzweifelt ist, bist du überhaupt hier. – Und noch etwas: Das Letzte, was ich will, ist, dass du mich mit Samthandschuhen anfasst, nur weil du von … meinem Problem weißt.“
    „Okay“, sagte er langsam. „Ich will dir nichts vormachen. Es steht schlimm …“ Beschwichtigend streichelte er ihren Oberarm. Eine Geste voller Zärtlichkeit und Wärme, fürsorglich, fast väterlich. „Aber das heißt doch nicht, dass es deine Schuld ist. Wenn es mit einem Unternehmen abwärts geht, hat das oft viele Gründe. Dafür bist nicht du verant…“
    „Doch! Ich bin die Geschäftsführerin, also bin ich verantwortlich! Fünf Generationen lang gedieh die Firma – bis ich Chefin wurde. In den letzten vier Quartalen haben wir nur Verluste gemacht, von den fallenden Börsenwerten ganz zu schweigen. Wenn FMJ in einer vergleichbaren Situation wäre, würdest du dich ebenfalls dafür verantwortlich fühlen. Stimmt doch, oder?“
    „Ja, da könntest du recht haben.“ Wieder streichelte er ihren Arm – auf diese beruhigende Art, die Kitty so irritierend fand. Als wäre sie ein Kind … oder ein Tierchen! Als wäre sie für ihn, jetzt, wo er von ihrer Legasthenie wusste, nicht mehr begehrenswert …
    „Wenn du dich als Geschäftsführerin nicht geeignet fühlst, finden wir etwas anderes für dich. Deine Zeichnungen sind zauberhaft. Du könntest eine eigene Schmuckkollektion herausbringen.“
    Diese Worten erinnerten sie an längst begrabene Wünsche. Eine eigene Schmuckkollektion … das war immer ihr Traum gewesen. Aber sie wusste, dass er nicht in Erfüllung gehen konnte. Ford wollte sie nur über ihre Unfähigkeit als Geschäftsführerin hinwegtrösten – und dabei streichelte er weiter ihren Arm!
    Diese Berührung war so unschuldig und frei von jeglicher Erotik, dass es Kitty wütend machte. Nur weil sie diese Legasthenie hatte! Sie war doch kein Kind. Und auch kein verschrecktes Tier. Sie brauchte weder Beruhigung noch Trost.
    „Hör auf!“, rief sie und entzog sich ihm.
    „Womit?“
    „Auf diese fürsorgliche und tröstliche Art meinen Arm zu streicheln!“ Wütend stützte sie die Hände in die Seiten. „Was willst du eigentlich von mir? Dass ich zugebe, wie schwer alles für mich ist?“
    „Das wäre immerhin ein
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