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In dein Laecheln verliebt

In dein Laecheln verliebt

Titel: In dein Laecheln verliebt
Autoren: Nora Roberts
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Hauptsächlich war ich jedoch müde und erschöpft.«
    »Müde?«
    »Ja, müde von den ewigen Aufnahmen und Posen. Müde, Gefühle aus dem Hut zu ziehen wie ein zweitklassiger Magier, müde von dem Lärm, müde von den Menschenmassen.« Sie zuckte hilflos die Schultern. »Ich bin eben durch und durch müde.«
    »Wir dachten immer, du hättest genau das gefunden, was du dir ersehnt hast.«
    »Ich habe mich geirrt. Das war es nicht, was ich mir wünschte, jedenfalls nicht alles.« Sie stand auf, lehnte sich über die Verandabrüstung und blickte in die Nacht hinaus. »Nun weiß ich nicht mehr, ob ich überhaupt etwas zustande gebracht habe.«
    »Du hast viel erreicht. Du hast hart gearbeitet und dir aus eigener Kraft eine Karriere aufgebaut, auf die du stolz sein kannst. Wir alle sind stolz auf dich.«
    »Ich weiß, dass ich hart für mein Geld gearbeitet habe. Und ich weiß auch, dass ich in meinem Beruf gut war.« Mit einem Schwung setzte sie sich auf die Verandabrüstung. »Als ich euch verließ, wollte ich unbedingt wissen, was ich aus eigener Kraft leisten konnte. Ich wusste genau, was ich wollte, ich kannte meine Ziele. Meine Pläne standen fest. Zuerst kam A, dann B und schließlich das ganze Alphabet. Nun habe ich erreicht, wovon die meisten Frauen träumen, und ich will es nicht mehr. Ich dachte nie, dass es so kommen würde. Ich brauche nur den kleinen Finger auszustrecken und mir zu nehmen, was mir zusteht, aber ich will es wirklich nicht mehr. Ich habe es satt, Gesichter zu schneiden.«
    »Wenn es so ist, musst du wirklich damit aufhören. Doch ich habe den Eindruck, dass es für deine überstürzte Rückkehr noch einen anderen Beweggrund gibt, den du verbirgst. Ist da vielleicht ein Mann mit im Spiel?«
    »Das ist vorbei«, erwiderte Harriet. »Für diese Beziehung hatte ich nicht genügend Verstand und Format.«
    »Harriet, wie kommst du dazu, so etwas zu sagen? Es ist beschämend.«
    »Und doch ist es wahr.« Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Ich passe nicht richtig in diese Welt. Er ist reich und kultiviert, ich hingegen vergesse immer wieder, mich von meiner strahlendsten Seite zu zeigen. Ich kann einfach nicht aus meiner Haut heraus. Zwar kann ich von einer Figur in die andere schlüpfen, doch vom Wesen her ändere ich mich nicht.« Sie zuckte mit den Schultern und blickte in die Ferne. »Es war niemals etwas Ernsthaftes zwischen uns. Jedenfalls nicht von seiner Seite.«
    »Dann kann es mit ihm nicht allzu weit her sein«, bemerkte ihr Vater und zog an seiner Pfeife.
    »Vielleicht bist du ein bisschen voreingenommen.« Harriet umarmte ihn zärtlich. »Ich brauche einfach mein Zuhause. Aber jetzt gehe ich schlafen. Morgen haben wir viel zu tun, wenn die ganze Familie kommt.«
    Die Luft war rein und mild, als Harriet am frühen Morgen ihren rehbraunen Wallach bestieg, um auszureiten. Sie fühlte sich beschwingt und gelöst. Der Wind zauste wild an ihrem Haar und wehte es wie einen dichten schwarzen Vorhang aus ihrem Gesicht. Sie kostete den Wind und die Geschwindigkeit aus, vergaß Zeit und Kummer und den nagenden Zweifel an sich selbst. Sie ließ dem Pferd die Zügel schießen und gab sich ganz dem Anblick der riesigen Weizenfelder hin.
    Sie schienen sich bis ans Ende der Welt zu erstrecken: ein grüner Ozean, der sich unter dem unbeschreiblich blauen Himmel kräuselte. Irgendwo zwitscherte vergnügt eine Feldlerche. Harriet seufzte tief zufrieden auf. Sie hob den Kopf und genoss die liebkosenden Strahlen der Sonne auf ihrer Haut, den herben Duft des Landes, das nach dem Winterschlaf zu neuem Leben erwacht war.
    Das war Kansas im Frühling. Harriet freute sich über die natürlichen, lebendigen Farben und die frische Luft. Warum bin ich jemals fortgegangen, dachte sie. Wonach habe ich Ausschau gehalten? Sie schloss die Augen und atmete tief. Ich habe nach Harriet Baxter Ausschau gehalten. Jetzt habe ich sie gefunden und weiß nicht mehr, was ich mit ihr anfangen soll.
    »Was ich am meisten brauche, ist Zeit, Cochise«, erklärte sie ihrem vierbeinigen Kameraden und beugte sich nach vorn, um den kräftigen Hals zu streicheln. »Nur ein bisschen Zeit, um die verstreuten Teile wieder zusammenzufügen.«
    Sie machte kehrt, um nach Hause zu reiten, und spornte das Pferd zu einem leichten, sanften Trab an. Sie war glücklich, über den lockeren Rhythmus und über die frühlingszarte Landschaft. Als die Farm und die Nebengebäude in Sicht waren, bekam Cochise jedoch Stalltrieb und versuchte, gegen die
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