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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben
Autoren: Maxime Chattam
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gelangte man in den unterirdischen Teil? Vielleicht von draußen?
    Die Pistole im Anschlag, sah er sich nach allen Seiten um und näherte sich dem Wohnzimmer. Mit der anderen Hand schaltete er seinen Leuchtstift ein und ließ den Lichtkegel durch den Raum gleiten.
    Am Tisch blieb er stehen.
    Die Fotos von Calibans Opfern waren darauf ausgebreitet. Daneben ein Paar Handschellen und ein Halfter, in dem eine Beretta steckte. Annabels Waffe. Sie war also hier. Brolin wusste sofort, dass sie ihre Pistole nicht freiwillig abgelegt hatte. Sie befand sich in den Klauen des Monsters. Er trat näher, vergewisserte sich, dass sie entsichert war, steckte seine Glock weg und nahm stattdessen die Beretta.
    Jetzt musste er den Weg nach unten finden.
    *
    Eric Murdoch, der sich in diesem Augenblick als Caliban – die Symbolfigur eines neuen Kannibalismus – sah, verließ den Keller der Seelen. So hatte er seine Erfindung getauft. Normalerweise brachte er seine Opfer erst nach langen Wochen in seinen Kerkern hierher, nach regelmäßiger psychischer Folter, wenn jeglicher Widerstand gebrochen war. Erst nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie bereits völlig verstört waren, sperrte er sie in den Keller der Seelen, wo er sie so lange wie nötig festhielt. Nachdem er ihnen eine eindrucksvolle Rede über den Kannibalismus gehalten hatte, setzte er ihnen zum Essen nur noch Fleischbrocken ungewisser Herkunft vor. Ausgehungert, wie sie waren, aßen sie schließlich alle davon. Nur wenige hatten nach ihrem Aufenthalt in diesem Gewölbe noch nicht den Verstand verloren. Dafür war Taylor Adams das beste Beispiel. Allerdings hatte er bei ihr besondere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen und sich unter keinen Umständen vor ihr zeigen dürfen. Schließlich kannte Taylor ihn und könnte ihn verraten, falls sie eines Tages doch wieder bei Verstand wäre. Die Idee mit der Sicherheitsnadel in der Brustwarze hatte ihm besonders gefallen. Einfach genial!
    Was ihm neben dieser Vorbereitung am meisten Spaß machte, war die Sache mit den Gesichtern. Die Haut abzulösen war eine Drecksarbeit, die er jedoch immer besser beherrschte. Aber der Überraschungseffekt, wenn das lebendige Gesicht zwischen den toten auftauchte – das war eine Meisterleistung! Und gar nicht schwierig. Er verpasste einem seiner »Pensionäre« ein Beruhigungsmittel und schnallte ihn bäuchlings auf einer Rollbahre fest, so dass das Kinn genau vorne auf der Kante lag. Dann schob er ihn zum Keller der Seelen und positionierte ihn so, dass das Gesicht in das Loch passte, das er genau in der entsprechenden Höhe in die Tür gesägt hatte. Nun brauchte er nur noch zu warten, dass die betreffende Person aufwachte. Manchmal beschleunigte er den Vorgang, indem er mit der Spitze eines Skalpells in die Genitalien des Mannes oder der Frau stach. Das löste jedes Mal markerschütternde Schreie aus, gefolgt von dem Schrei des Gefangenen.
    Er war wirklich stolz auf seine Strategie.
    Das Stöhnen einer Frau riss ihn aus seinen Gedanken.
    Die schon wieder! Sie regte ihn allmählich auf. Seit eineinhalb Monaten war sie jetzt hier und hatte sich noch immer nicht beruhigt, das war wirklich eine Ausnahme. Meistens hörten die hysterischen Ausbrüche und die Tränen nach der zweiten Woche auf. Ihre Starrköpfigkeit würde sie teuer zu stehen kommen. Er brauchte sowieso Platz. Der junge Asiate konnte noch warten, Caliban wollte, dass er ein paar Kilo zunahm. Das galt auch für das Mädchen, Carly, und die beiden anderen Kinder. Die wollte er so lange behalten, bis ihr Organismus völlig gereinigt war von all dem Dreckzeug, das sie draußen, ehe sie zu ihm kamen, zu sich genommen hatten. Er musste sie nur von Zeit zu Zeit arbeiten lassen. Das Aushöhlen des Felsens war für ihn eigentlich nicht von Bedeutung, vielleicht würde sein unterirdisches Verlies etwas größer werden, aber im Grunde ging es ihm um die körperliche Ertüchtigung. Durch die Bewegung wurde den Muskeln, dem Fleisch, Sauerstoff zugeführt. Im Laufe der Zeit hatte er festgestellt, dass seine Pensionäre gar nichts dagegen hatten zu arbeiten, alles war ihnen lieber, als inaktiv zu bleiben und zu grübeln. Wenn er die Ernährung der drei Kinder überwachte und ihnen Leibesübungen auferlegte, konnte er sicher sein, dass ihr Fleisch das Qualitätssiegel »hundert Prozent kontrollierte Aufzucht« verdiente. Einfach köstlich.
    Caliban horchte auf.
    Er glaubte, ein Geräusch gehört zu haben. Er lauschte in Richtung Treppe.
    Die
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