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In besten Kreisen

In besten Kreisen

Titel: In besten Kreisen
Autoren: Amanda Cross
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Grace.
    »Ist irgendwie auch so.« »Erzählen Sie ihnen, wie Ihre Gedankengänge waren«, sagte Reed. »Ich glaube, ich würde dem nicht gerecht.« »Erst einmal habe ich über ›Dubliner‹ nachgedacht. Deswegen gab ich auch unserem komischen Polizisten ›Efeutag im Sitzungszimmer‹ zu lesen. Er hat gleich erkannt, daß die Lösung in diesen Briefen zu suchen war, und als ich ihm sagte, daß ich über Joyce arbeite, wollte er über Joyce Bescheid wissen. Er war überhaupt nicht so langsam, jedenfalls für einen Polizisten, der nicht mit dem Gehirn von Einstein herumläuft. Dann war da noch ein Satz von Harry Levin, ich weiß nicht, worauf er sich bezog – ich zitiere ihn lieber wörtlich: ›Mr. Blooms Tag schien Joyce zuerst der Stoff für eine weitere Kurzgeschichte zu sein.‹ Stellte man diesen Satz in Zusammenhang mit dem verschwundenen Dokument, dann schien es plötzlich denkbar, daß ›Ulysses‹ im ersten Entwurf eine Kurzgeschichte für ›Dubliner‹ war und daß Joyce, der ja immer so viele Jahre warten mußte, bis seine Geschichten veröffentlicht wurden, inzwischen beschlossen hatte, der ›Ulysses‹ solle sein Meisterwerk werden und deswegen die Kurzgeschichte vor der Publikation von ›Dubliner‹ wieder zurückzog. Er bewahrte sie dennoch auf, wie er ja auch ›Stephan Hero‹ aufbewahrte, eine frühe Fassung von ›Ein Porträt des Künstlers als junger Mann‹, und dieses Manuskript war es schließlich – jedenfalls glaubte ich das –, das er Lingerwell zum Geschenk machte, das wertvollste, das er in Händen hatte. Aber vor der Öffentlichkeit wollte er es verborgen wissen. Warum? Da kann man nur raten. Vielleicht, weil er wollte, daß der ›Ulysses‹ für sich steht – weiß Gott, die Hoffnung wurde ihm weit über seine kühnsten Erwartungen hinaus erfüllt.« Emmet blickte in die Runde. »Das war – und Reed oder jeder andere von euch hätte das auch so genannt – nur eine wilde Vermutung. Ich hatte nicht den Hauch eines Beweises für irgend etwas.
    Aber ich fing an zu überlegen: Angenommen, es gab eine solche Geschichte, angenommen, William hatte sie gestohlen in der Hoffnung, später behaupten zu können, er habe sie gefunden, wo würde er sie versteckt haben? Nicht in diesem Haus, da war ich ziemlich sicher. Selbstverständlich habe ich dennoch alles durchsucht. Aber wenn die Geschichte hier im Haus gefunden würde, könnte William kaum davon profitieren. Lingerwells Tochter würde über sie verfügen wie über all die anderen Papiere. Wenn er sie jedoch auf dramatische Weise finden könnte, ähnlich der Art, in der es so viele literarische Entdeckungen in den letzten Jahren gegeben hat, dann würde ihm vielleicht gestattet, sie zu veröffentlichen; zumindest aber würde sein Name damit in Verbindung gebracht werden. Aber wo konnte sie versteckt sein?« Wieder sah er einen nach dem anderen an. »Sie sehen, ich war der Lösung keinen Schritt nähergekommen, aber ich fing an, wie William zu denken; angenommen, ich ginge über die Felder, wie er das mit Leo tat, würde ich dann auf das Versteck stoßen, wie er darauf gestoßen war? Zuerst dachte ich, er hätte Mary Bradford in seinen Plan eingeweiht und sie dann töten müssen, aber das kam mir dann zu unwahrscheinlich vor. Es war ja überhaupt keine Frage, daß William Mary Bradford verabscheute. Egal. Obwohl ich die Felder entlanggegangen bin, sprang mir kein Versteck ins Auge. Aber ich habe mit Reed über die fehlende Kurzgeschichte gesprochen und ihm meine Theorie auseinandergesetzt.« »Bevor Sie mit mir gesprochen haben?« fragte Kate.
    »Ja. Ich hatte das Gefühl, er würde mich eher einen Spinner nennen als Sie. Und ich konnte Sie nicht in die Möglichkeit eines solchen Diebstahls einweihen, solange ich nicht völlig sicher war.
    Schließlich habe ich es Ihnen erzählt, aber verschwiegen, daß ich William in Verdacht hatte. Von jetzt an«, sagte Emmet und zuckte die Schultern, »ist es Reeds Geschichte.« »Ich übernahm den Stab sozusagen aus Emmets zaudernder Hand. Für meine Verhältnisse gar kein schlechtes Bild, nicht wahr? Ich war frisch, ein neuer Läufer. Er war schon erschöpft. Am Ende wäre ich auch fast müde umgefallen, aber ich fing an, meinen ganzen Besuch hier noch einmal Revue passieren zu lassen – einen der schönsten und zugleich schrecklichsten Besuche, die ich je erlebt habe –, und ich erinnerte mich an den ersten Morgen, als ich über Mr. Bradfords Heumaschine aufgeklärt und von ihr unbarmherzig
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