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Imperator 01 - Die Tore von Rom

Imperator 01 - Die Tore von Rom

Titel: Imperator 01 - Die Tore von Rom
Autoren: Conn Iggulden
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geschleudert.
    »Bindet das Seilende an diesem Baumstumpf fest! Dann kommt dieser Fisch hier an die Reihe«, lachte Tonius schadenfroh.
    Gaius sah, dass Tonius’ Freunde seinen Befehlen ohne Zögern Folge leisteten, also war es völlig sinnlos, einen der beiden anzuflehen.
    »Lass uns runter, du pickliger Eiterbeutel!«, schrie Marcus, dessen Gesicht durch den Blutandrang rot anlief.
    Gaius stöhnte. Jetzt würden sie sie umbringen, so viel war sicher.
    »Marcus, du Idiot. Sag nichts über seine Pickel. Man sieht doch, dass er deswegen bestimmt empfindlich ist.«
    Suetonius zog eine Augenbraue hoch und klappte überrascht den Mund auf. Der untersetzte Junge, der gerade das Seil über den gleichen Ast werfen wollte, an dem bereits Marcus schaukelte, hielt inne.
    »Oh, jetzt hast du aber einen Fehler gemacht, kleiner Fisch. Zieh den da auch noch hoch, Decius. Den lass ich ein bisschen bluten.«
    Plötzlich kippte die Welt vor Gaius’ Augen auf Übelkeit erregende Weise auf den Kopf; er hörte den Ast ächzen, und ein leises Pfeifen summte in seinen Ohren, als ihm das Blut in den Kopf stieg. Er drehte sich langsam im Kreis, bis er Marcus in der gleichen prekären Stellung neben sich hängen sah. Seine Nase blutete ein wenig von dem Schlag, der ihn anfangs zu Boden gestreckt hatte.
    »Ich glaube, du hast mein Nasenbluten gestillt, Tonius. Danke schön.« Marcus’ Stimme zitterte leicht, und Gaius musste über die Tapferkeit seines Freundes lächeln.
    Als er zu ihnen auf das Gut kam, war der kleine Junge von Natur aus sehr nervös und ein bisschen zu klein für sein Alter gewesen. Gaius hatte ihm das Anwesen gezeigt, und schließlich waren sie in der Heuscheune gelandet, hoch über den aufgestapelten Garben. Sie hatten auf den losen Haufen tief unter ihnen hinuntergeschaut, und Marcus’ Hände hatten gezittert.
    »Ich springe zuerst und zeige dir, wie’s geht«, hatte Gaius fröhlich gesagt und war jauchzend mit den Füßen voran in die Tiefe gehüpft.
    Von unten hatte er ein paar Sekunden lang zur Kante hinaufgeblickt und darauf gewartet, dass Marcus ihm folgte. Gerade als er schon glaubte, dass nichts mehr geschehen würde, schoss eine kleine Gestalt in hohem Bogen durch die Luft. Gaius konnte sich gerade noch zur Seite werfen, bevor Marcus atemlos nach Luft japsend ins Heu plumpste.
    »Ich dachte schon, du hast zu viel Angst«, hatte Gaius zu dem neben ihm ausgestreckten Jungen gesagt, der ihn durch die Staubwolke anblinzelte.
    »Hatte ich auch«, hatte Marcus leise geantwortet, »aber Angst lasse ich einfach nicht gelten. Ich lasse sie einfach nicht zu.«
    Suetonius’ harsche Stimme unterbrach Gaius’ kreisende Gedanken: »Meine Herren, Fleisch muss zuerst ordentlich weich geklopft werden. Nehmt eure Positionen ein und beginnt mit der Prozedur, und zwar so.«
    Mit diesen Worten holte er mit seinem Stock über Gaius’ Kopf aus und traf ihn dicht über dem Ohr. Die Welt um Gaius herum wurde zuerst weiß, dann schwarz. Als er die Augen schließlich wieder öffnete, drehte sich alles um ihn herum, weil das Seil im Kreis herum trudelte. Eine Zeit lang spürte er die Schläge noch, während Suetonius laut mitzählte. »Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei …«
    Er bildete sich ein, Marcus weinen zu hören, dann schwanden ihm inmitten des höhnischen Gejohles und Gelächters die Sinne.
    Noch bei Tageslicht kam er ein paarmal zu sich, wurde jedoch immer wieder ohnmächtig. Erst in der Abenddämmerung gelang es ihm endlich, bei Bewusstsein zu bleiben. Sein rechtes Auge war blutunterlaufen, sein Gesicht geschwollen und verklebt. Noch immer hingen sie kopfüber an dem Ast und pendelten sanft im Abendwind, der von den Hügeln herunterstrich.
    »Marcus, wach auf! Marcus!«
    Sein Freund rührte sich nicht. Er sah furchtbar aus, wie eine Art Dämon. Die Kruste aus angetrocknetem Flussschlamm war abgeplatzt, nur grauer, von roten und purpurnen Streifen durchzogener Staub haftete noch an ihm. Sein Kiefer war geschwollen, und an der Schläfe stand eine Beule ab; seine linke Hand war dick und hatte im schwindenden Licht eine bläuliche Tönung. Gaius versuchte, die eigenen Hände zu bewegen, die noch immer mit dem Seil gefesselt waren. Obwohl sie ganz steif waren und schmerzten, konnte er beide bewegen und versuchte, sie frei zu bekommen. Sein junger Körper war geschmeidig, und die Sorge um seinen Freund ließ ihn die Schmerzwelle ignorieren, die von neuem über ihm zusammenschlug. Er musste sich um Marcus kümmern, ihm durfte
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