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Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine
Autoren: George Mann
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gekleidete Kellner eilten zwischen ihnen umher und brachten Berge
von Porzellan mit geübter Eleganz ans Ziel.
    Veronica blickte zu Charles Bainbridge auf, der misstrauisch das
Lokal beäugte. »Es sieht doch ganz unschuldig
aus«, meinte sie. »Sind Sie sicher, dass dies der richtige Ort ist?«
    Bainbridge nickte. »Gewiss. Es ist das richtige Lokal.«
    Â»Aber wo ist er dann?«
    Bainbridge zuckte mit den Achseln. »Ich nehme an, es gibt ein
Hinterzimmer. Einen … eine Art Salon.«
    Veronica strich ihr Kleid glatt. »Dann gehe ich hinein und frage
nach ihm.«
    Bainbridge hielt sie zurück und nahm sie ins Gebet. »Sie, Miss
Hobbes, werden freundlicherweise hier draußen warten. So ein Lokal sollte eine
Dame nicht betreten.«
    Â»Papperlapapp!«, rief sie so laut, dass ein Kellner sich überrascht
umdrehte. »Davon will ich nichts hören.« Sie trat als Erste durch die schmale
Tür, ohne sich noch einmal zu Bainbridge umzudrehen, der doch wieder nur
Einwände erhoben hätte.
    Natürlich war sie in dieser
liederlichen Umgebung fehl am Platze. Sie trug ein tadelloses graues Kostüm,
der lange Rock pendelte um ihre Fesseln, das dunkle Haar war straff
zurückgekämmt und mit Nadeln festgesteckt, um das hübsche Gesicht frei zu
lassen. Sie war der Inbegriff der berufstätigen Frau. Die auffällige rosafarbene
Bluse und das gereckte Kinn bewiesen dagegen ihre Entschlossenheit, sich von
den anderen Frauen ihres Alters abzuheben, die sich vermutlich die Zeit mit
Nähen oder Gejammer über die Männer vertrieben und sonst kaum etwas Aufregendes
erlebten.
    Veronica hatte sich schon vor
langer Zeit gegen dieses Leben
entschieden und sich zielstrebig um eines bemüht, in dem sie zwielichtige
Etablissements wie dieses aufsuchen oder sich gar auf abenteuerliche
Unternehmungen einlassen konnte, die man
keinesfalls als schickliche Beschäftigungen für eine Frau von Stand betrachten
konnte. Genau deshalb mochte sie es.
    Dieses Lokal, es hieß Johnny Chang’s Tearooms ,
galt als Treffpunkt von Halunken, Taschendieben und Seeleuten, die gerade aus
dem Osten eingetroffen waren. Außerdem war es offenbar eine Zuflucht für
gestrauchelte Gentlemen, die sich in die mystischen Künste vertiefen oder sich
hemmungslos dieses schreckliche orientalische Kraut, dieses Opium, einverleiben
wollten. Die Droge hatte als Geißel des Ostens gegolten, war aber inzwischen durchaus, wie Veronica amüsiert dachte, als Geißel der britischen Oberschicht
anzusehen. Viele brave Männer waren dem Gift verfallen. In gewisser Weise war
das verfluchte Opium eine ebenso schlimme Krankheit wie die Cholera oder die
Wiedergängerseuche, nur dass die Letztere Arm und Reich gleichermaßen traf und
noch tausendmal heimtückischer war.
    Veronica schaute in die leeren Gesichter. Kaum zu glauben, dass
Newbury ein solches Lokal aufsuchte.
    Sie blieb stehen, als ein chinesischer Kellner beladen mit Teetassen
und schmutzigen Schalen vorbeilief. Die anderen Gäste waren verstummt und
starrten sie mit einer Mischung aus Verblüffung, Lüsternheit und Misstrauen an.
    Schließlich näherte sich ihr ein Kellner. Es war ein kleiner Mann
mit kurzem schwarzem Haar und einem breiten,
strahlenden Lächeln. »Darf ich Ihnen helfen, Madam? Sir?« Eilfertig
verneigte er sich vor Veronica und Bainbridge, wobei er sie die ganze Zeit
genau im Auge behielt.
    Veronica wollte schon das Wort ergreifen, doch da drängte sich
Bainbridge nach vorn und hob drohend den Gehstock. Ringsherum schreckten die
Gäste auf. »Sie können sich die Höflichkeiten und das Lächeln meinetwegen
sparen. Ich weiß genau, was für ein Laden das hier ist«, blaffte er. Das
Gepolter war unnötig, offenbar legte er es auf einen Eklat an. Sein Schnurrbart
bebte, als fände er das alles äußerst widerwärtig. »Ich bin Sir Charles
Bainbridge von Scotland Yard und suche einen Gentleman. Ich habe Grund zu der
Annahme, dass er dieses … dieses Etablissement gelegentlich aufsucht.«
    Der Kellner lächelte und zuckte beschwichtigend mit den Achseln. »Es
tut mir leid, Sir, ich verstehe nicht, was Sie meinen.« Er deutete auf die
Tische im Raum, wo Vagabunden und Diebe saßen und die Störenfriede nach wie vor
misstrauisch beäugten. »Wie Sie selbst sehen können, ist Ihr Freund nicht
hier.« Der Kellner entfernte sich einen Schritt von
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