Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine
Autoren: George Mann
Vom Netzwerk:
inzwischen wusste, hatte erheblich mehr
dahintergesteckt. Die ganze Angelegenheit war eine unerhörte Schurkerei und ein
Verrat der übelsten Sorte gewesen. Und natürlich war Fabian nicht zugegen, um
der Bestattung seiner Schutzbefohlenen beizuwohnen.
    Dr. Mason dagegen war gekommen. Vor
der Verlegung in Fabians Grayling Institute hatte sich der Arzt längere
Zeit um die kranke Amelia gekümmert. Er schien vor allem um Veronica besorgt,
denn während der Andacht ließ er sie kaum aus den Augen. Newbury fand das einerseits
lobenswert, war zugleich aber angesichts der Aufmerksamkeit des Mannes für
seine Assistentin ein wenig gereizt.
    Rechts neben Newbury stand Sir
Charles Bainbridge, der Chief Inspector von Scotland Yard, wie Newbury ein
Agent der Krone und ein guter Freund. Bainbridge war ein Jahrzehnt älter als
Newbury und zählte bereits mehr als fünfzig Jahre. Er benutzte einen Gehstock,
seit er sich vor langer Zeit bei einem Abenteuer den linken Fuß verletzt hatte.
Der Polizeibeamte trug einen buschigen grauen Schnurrbart und einen steifen
Zylinder. Das Wetter setzte ihm sehr zu, er verkroch sich förmlich in seinem
dicken Wintermantel und starrte, den eigenen Gedanken nachhängend, abwesend in
den Dunst.
    Newburys Blick wanderte zu
Veronica, die links neben ihm stand. Sie war sehr unglücklich und schluchzte haltlos mit gesenktem Kopf. Das dunkle Haar war nass und klebte schlaff an den
blassen Wangen, doch sie schien den Regen kaum zu bemerken. Trotz der Tropfen
waren die Tränen, die ihr über die Wangen liefen, deutlich zu erkennen.
    Newbury hob den Kopf, als er Schritte hörte. Die Sargträger kamen.
    Während die Männer den Sarg in das
schlammige Loch hinabließen, in dem sich einige Pfützen gebildet hatten, trat
er näher an Veronica heran, die gerade ein lautes Schluchzen unterdrückte. Der
Vikar erzählte mit leiernder Stimme etwas
über Geburt und Wiederauferstehung. Newbury seufzte. Geburt und Wiederauferstehung. Genau darum ging es auf die eine oder andere Weise doch
immer wieder.
    Die sechs Helfer zogen sich langsam von dem offenen Grab zurück,
ihre Stiefel quietschten im Schlamm. Veronica trat vor, nahm eine Handvoll
feuchte Erde vom Rand des Grabes und warf sie ins Loch. »Lebewohl«, sagte sie
ernst. Dann kehrte sie dem Grab den Rücken und wandte sich mit einem trotzigen
Funkeln in den Augen an Newbury.
    Ãœber ihre Schulter hinweg beobachtete er die Eltern, die
missbilligend miteinander tuschelten. Er unterdrückte die Verachtung, die er
für diese Leute empfand, und schenkte Veronica
ein Lächeln. »Kommen Sie, wir wollen Sie aus diesem schrecklichen Regen
herausbringen, Miss Hobbes.«
    Veronica nickte stumm. Ihre Augen
waren rot geweint, die Miene trostlos. Newbury schob Anstand und Schicklichkeit
beiseite, schloss sie in die Arme und zog sie an sich. »Veronica, kommen Sie,
sonst holen Sie sich noch eine Erkältung.« Dann flüsterte er ihr ins Ohr:
»Dieser Ort tut Ihnen nicht gut.«
    Sie schmiegte sich an ihn und legte den Kopf an seine Schulter,
immer noch schüttelte das Weinen ihren ganzen Körper. Einen Moment lang schien
es Newbury, als stünden sie ganz allein an diesem traurigen, nebligen Ort. Die anderen Gestalten, allesamt schwarz gekleidet,
waren nur noch schmierige Tintenflecken, deren Konturen sich im Dunst verloren.
In diesem Augenblick war Veronica das Wichtigste auf der Welt.
    Newbury führte sie sanft von der Trauergemeinde fort zu der Reihe
der wartenden Kutschen, half ihr beim Einsteigen und folgte ihr. Die
Regentropfen fielen von ihrer durchnässten Kleidung auf die Sitze. Er nahm
neben ihr Platz und fasste sie bei der Hand. »Kutscher, fahren Sie zu.«
    Das Trommeln des Regens auf dem Dach übertönte die Antwort, die der
Mann draußen auf dem Kutschbock ihm gab, aber
die Pferde zogen mit einem Ruck an, der Newbury und Veronica gegen die
Rückenlehne presste. Mit knarzenden Rädern verschwand die Droschke im
Morgennebel.

2
    Sieben Tage vorher
    Das Lokal roch streng.
    Nicht unangenehm, fand Veronica, aber aufdringlich und ungewöhnlich.
Ein Gemisch von Kräutertee und dem süßen Gestank des Opiums. Sie spähte durch
die offene Tür.
    Drinnen lümmelten, zechten und
lachten Chinesen oder hatten sich an den vielen verstreut aufgestellten Tischen
in ernste Unterhaltungen vertieft, tranken Tee und rauchten Zigaretten. In
weiße Fräcke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher