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Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine
Autoren: George Mann
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fürchte, Sie müssen auch ein paar Tassen und Untertassen
abwaschen.«
    Bainbridge kicherte, doch Veronica entging der traurige Unterton
nicht. »Guter Gott, es ist Jahre her, seit ich das letzte Mal dieses Vergnügen
hatte.« Damit verschwand er in Richtung Küche.
    Veronica starrte Newbury an, der ihren Blick erwiderte. In den Augen
lag die Entschuldigung, die er nicht aussprechen wollte. »Er wird sich schon
wieder fangen«, sagte sie. »Er versteht es einfach nicht.«
    Â»Verstehen Sie es denn?« Newbury heftete den Blick auf den kalten
Kaminrost.
    Â»Nein, aber ich versuche es.« Ihr wurde bewusst, dass sie die Hände
zu Fäusten geballt hatte. Sie atmete tief durch und fasste sich. »Also gut. Ein
Bad. Und dann zur Regent Street.«
    Newbury nickte. »Ganz genau, Miss Hobbes. Ganz genau.«
    Veronica beäugte das Objekt auf dem Tisch und versuchte
vergeblich, das Schaudern zu unterdrücken. Sie wünschte, sie hätte es nicht
gesehen, und jetzt, nachdem es eben doch geschehen war, hätte sie es am liebsten
sofort wieder vergessen. So einfach war es freilich nie, wenn Newbury im Spiel
war.
    Sie hatte nicht gewusst, wo sie beginnen sollte. Im Salon herrschte
ein unerträgliches Durcheinander, aber sie hatte nicht genug Zeit, und wenn sie
ehrlich war, auch nicht die Willenskraft, dort aufzuräumen. Vielmehr hatte sie
beschlossen, die Angelegenheit mit Bainbridge zu besprechen und sich zu
überlegen, wie man Mrs. Bradshaw zurücklocken konnte – oder, falls das zu
schwierig sein sollte, wie man zum Wohle Newburys wenigstens einen passenden
Ersatz finden konnte. Dann war ihr eingefallen, dass es nicht einmal einen
brauchbaren Sitzplatz gab, und ihr Pflichtgefühl hatte die Oberhand gewonnen.
Trotz ihrer Unlust hatte sie mit Aufräumen begonnen. Als Erstes hatte sie sich
den Erdrutsch der Zeitungen neben Newburys Lieblingssessel vorgenommen und sie
zu einem ordentlichen Stapel aufgeschichtet. Dabei hatte sie es dann gesehen:
das Ding, das auf dem Kaffeetisch lag, als hätte es
sich schon immer dort befunden. Es war eine menschliche Hand, am Gelenk
abgetrennt, die Finger in die Luft gereckt wie die Beine einer toten Spinne.
Sie war sorgfältig hergerichtet und platziert, verschiedene geheimnisvolle
Symbole waren mit Tinte oder als Tätowierungen auf die blasse Haut aufgetragen.
    Jetzt hockte Veronica auf der Kante des Sessels und starrte das
Objekt mit wachsendem Unbehagen an. Was führte Newbury im Schilde? Woher hatte
er das Ding? Natürlich hätte sie eigentlich nicht überrascht sein sollen, denn
Newbury hatte ein ganzes Arbeitszimmer voller bizarrer Objekte, die er in
vielen Jahren angesammelt hatte. Das hier war jedoch etwas anderes, denn sie
erkannte Newburys Handschrift auf den Fingerspitzen, wo er seltsame Wörter
notiert hatte.
    Veronica hob das Ding zögernd auf. Die Haut war kalt und geschmeidig, anscheinend hatte man die Hand mit einem
chemischen Konservierungsmittel behandelt. Mitten auf der Handfläche prangte
ein ordentlich in schwarzer Tinte gezeichnetes Pentagramm. Zwischen den Fingern
klemmten verschiedene Gegenstände: ein Penny,
ein Stechpalmenblatt, ein Zweig Petersilie, ein zusammengerolltes Stück
Pergament. Sie achtete darauf, dass alles an Ort und Stelle blieb. Der Stumpf,
wo früher das Handgelenk angesetzt hatte, war sorgfältig mit Wachspapier
verhüllt und mit einer kräftigen Schnur verzurrt. Dafür war sie dankbar.
    Vorsichtig drehte Veronica die Hand hin und her. Auf dem Handrücken
standen noch mehr seltsame Symbole, und auch hier erkannte sie Newburys Handschrift.
Die Zeichen sagten ihr allerdings nichts, und sie konnte den Linien keinen Sinn
entnehmen. Es gab keinen Bezugsrahmen, in den sie die Zeichnungen einordnen
konnte. Dennoch fand sie den Anblick beunruhigend. Es war ein Anzeichen dafür,
dass Newbury wieder mit okkulten Dingen herumpfuschte, und das weckte Gedanken,
denen sie lieber nicht weiter nachgehen wollte. Sie war der Königin gegenüber
verpflichtet, Newbury diskret im Auge zu behalten und dafür zu sorgen, dass er
nicht allzu weit von dem abwich, was die Herrscherin als den rechten Weg betrachtete.
Diese Pflicht hatte Veronica unlängst bereits dadurch vernachlässigt, dass sie
der Königin Newburys ausufernden Missbrauch des Opiums verschwiegen hatte. Ihr
war klar, dass sie es der Monarchin eigentlich
berichten musste, und ebenso klar war ihr, dass
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