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Immer wieder du: Roman (German Edition)

Immer wieder du: Roman (German Edition)

Titel: Immer wieder du: Roman (German Edition)
Autoren: Paige Toon
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runzelt wütend die Stirn, während die Straße uns durch einen bescheidenen Weinberg führt. »Seiner Beschreibung nach ist es nicht mehr weit von hier.«
    Wir fahren noch an ein paar Häusern vorbei, dann geht Mum vom Gas.
    »Rosen, davon hat er gesprochen.« Sie weist nach vorn auf rosafarbene und rote Rosenbüsche am Straßenrand und biegt dann links ab in die Auffahrt zu einem roten Backsteinhaus mit einem Dach aus braunen Ziegeln und einer schattigen, von Weinranken überwucherten Veranda.
    Meine Mum schaut mich an. »Sei nett, ja?«
    Ich will erwidern: Wieso sollte ich? , aber sie schneidet mir das Wort ab. »Bitte!«
    In diesem Augenblick kommt ein großer, dunkelhaariger Junge aus der Haustür, und ich wundere mich über den ängstlichen Ausdruck in den Augen meiner Mutter, denn der Kerl ist – wie soll ich sagen? – unerwartet scharf.
    »Wer ist das?«, frage ich misstrauisch, während Mum sich abschnallt und sich bemüht, eine gelassene Miene aufzusetzen.
    »Das muss Josh sein.«
    »Mein neuer großer Bruder?« Meine Stimme trieft vor Sarkasmus, aber insgeheim ärgere ich mich, mir nach dem vierundzwanzigstündigen Flug nicht die Knoten aus den langen dunklen Haaren gekämmt zu haben. Mum wirft mir einen letzten, flehenden Blick aus ihren müden blauen Augen zu, dann steigt sie aus. Widerwillig folge ich ihr.
    »Hi!« Strahlend stürmt sie über den Kiespfad, wirbelt helle Staubwölkchen auf. »Ich bin Cindy.«
    »Tag auch, ich bin Josh.« Er streckt die Hand aus, und Mum schüttelt sie. Dann dreht sie sich zu mir um.
    »Das ist meine Tochter Lily.«
    Das breite Lächeln auf ihrem Gesicht ist unentschlossen, doch Josh merkt es nicht. Er ist zu sehr damit beschäftigt, mich von Kopf bis Fuß zu mustern. Ich verschränke die Arme vor der Brust, funkele ihn herausfordernd an und warte genervt, bis seine dunkelbraunen Augen in meine hellbraunen schauen.
    »Tag auch.«
    »Sagt man das hier im Ernst so?«, entgegne ich und ignoriere seine ausgestreckte Hand.
    »Was?« Belustigt hakt er seine Daumen in die Jeanstaschen. Seine Attraktivität gibt ihm offenbar viel zu viel Selbstvertrauen, und das ärgert mich.
    »›Tag auch‹. Ich dachte, so reden die nur im Fernsehen, wenn Australier gezeigt werden.«
    »Ach so.« Josh zieht die Mundwinkel nach unten und schaut Mum an. »Braucht ihr Hilfe bei eurem Gepäck?«

    »Dad kommt bald nach Hause«, sagt Josh, als wir unsere Koffer ausgeladen haben und in die Küche umgesiedelt sind. Ich könnte ein bisschen Ruhe und Frieden gebrauchen, um meine Taschen auszupacken, aber mein Verlangen nach Tee und Plätzchen ist größer als der Wunsch, mich zurückzuziehen.
    »Wie weit ist es denn bis zum Safari-Park?«, will Mum wissen.
    »Das ist ein Naturschutzpark«, erwidert Josh. »Er reicht bis direkt an unser Haus, aber bis zum Eingang sind es fünf Minuten Fahrt.«
    »Naturschutzpark, stimmt«, tadelt Mum sich leise, als Josh eine Packung Plätzchen holt und das Cellophan abzieht. Ich beobachte ihn verstohlen, während er den Wasserkessel füllt, auf den Herd stellt und drei nicht zueinander passende Becher von einem hellgelb gestrichenen Regal holt. Sein dunkles Haar ist zerzaust. Sieht aus, als wäre er gerade erst aus dem Bett gekommen, und als er sich den Schlaf aus den Augen reibt, wird mir klar, dass es wahrscheinlich auch so ist. Es ist neun Uhr morgens, und er muss – wie alt? – achtzehn sein. Neunzehn? Wie ein Frühaufsteher sieht er jedenfalls nicht aus.
    Josh dreht sich zu mir um, und ich wende rasch den Blick ab. Er fragt: »Wollt ihr Milch oder Zucker?«
    »Ja, gern. Milch und einen Würfel Zucker für beide«, antwortet Mum für uns.
    Josh stellt eine Milchtüte und einen mit Tee verspritzten Zuckertopf auf den Tisch. »Bedient euch«, sagt er, als der altmodische Kessel zu pfeifen beginnt.
    Ich greife nach den Plätzchen. YoYos heißen sie.
    »Und, Josh«, sagt Mum, »was machst du so?«
    »Ich arbeite in einer Autowerkstatt in Mount Barker«, erwidert er.
    »Als was?«, hakt sie nach.
    »Ich repariere Autos.«
    »Wie weit ist es bis Mount Barker?«
    »Ungefähr zwanzig Kilometer über den Princes Highway.«
    »Stimmt, hier rechnet man in Kilometern, nicht wahr? Wir kennen ja nur Meilen.«
    Ich gähne. Unüberhörbar.
    Josh wirft mir einen Blick zu, dann dreht er ruckartig den Kopf zur Tür.
    »Dad ist da.« Er steht auf und verschwindet im Flur.
    Mum kaut sofort an ihrem rosa lackierten Daumennagel. »Meinst du, ich sollte an die Tür gehen, um ihn
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