Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich
Autoren: Sandra Scoppettone
Vom Netzwerk:
wurde, istjetzt
ein reizloses italienisches Restaurant. Der alte Schallplattenladen, einst der
Idle Bookstore, ist weg. Einige Ladenlokale stehen sogar leer. Nichts ist, wie
es einmal war. Wer wird in Megs Laden einziehen?
    Als ich näherkomme, kann ich sehen, daß
auf dem Gehsteig vor dem Laden nach wie vor Blumentöpfe und andere Achtungsbezeigungen
für meine alte Freundin stehen. Sie sind jetzt näher ans Haus gerückt, aber es
sind noch neue hinzugekommen. Es ist erstaunlich, daß es keine Akte von
Vandalismus oder anderweitiger Schändung dieser Gedenkzeichen gegeben hat. Aus
irgendeinem Grund respektieren selbst die Straßengangs diese Symbole des
Kummers.
    Die Luft wird allmählich wieder warm
und feucht. Der Geruch, der vom Gehsteig aufsteigt, ist eine Mischung aus
ranzigem Öl und ungewaschenen Füßen.
    Ich sehe Cecchi auf der anderen
Straßenseite. Wir winken uns zu.
    Als er bei mir angelangt ist, holt er
ein Schlüsselbund heraus und sperrt Megs Tür auf. Drinnen ist die Luft
abgestanden. Alles befindet sich noch an seinem Platz: der Schmuck,
Möbelstücke, Kunstgegenstände, als sei Meg in Ferien und der Laden würde bald
wieder öffnen. Mich trifft es erneut wie ein Schlag, daß sie für immer fort
ist.
    »Wann wird hier ausgeräumt?« frage ich.
    »Wenn wir das hier nicht mehr als
Verbrechensschauplatz betrachten. Bald. Wenn der zweite Mord nicht
stattgefunden hätte, wäre schon alles weg. Na, und?« Er hebt die dunklen
Augenbrauen.
    Was ist, wenn die Waffe nicht da ist?
Wenn ich ihn auf eine bloße Vermutung hin hergeholt habe? Cecchi haßt bloße
Vermutungen. Aber ich mache mich an die Arbeit, als wüßte ich genau, was ich
tue. Ich gehe hinter den Tresen zu der Glasvitrine an der Wand. Sie ist
verschlossen. Ich sehe ihn an.
    »Was, zum Teufel, wird das hier«, sagt
er.
    »Hast du alle Schlüssel?«
    »Nein.«
    »Weißt du, wo sie sind?«
    »Nee. Hoffentlich bedeutet das nicht,
daß die Arschlöcher nicht in der Vitrine nachgesehen haben.«
    Die Arschlöcher sind seine Detectives.
    »Ich muß meinen Zauberschlüssel
benutzen«, sagt er. Cecchi kommt um den Tresen herum, zieht seine 38er aus dem
Schulterhalfter. »Bleib da drüben stehen«, sagt er zu mir, dann nimmt er sie
beim Lauf und schlägt die Vitrine mit dem Kolben ein. »Der Zauberschlüssel.«
    Wir wissen beide, daß wir das nicht
hätten tun dürfen, aber keiner von uns sagt etwas. Cecchi entfernt die
gezackten Glassplitter, öffnet die Vitrine und schaut mich erwartungsvoll an.
    Darin befinden sich mehrere
Schmuckstücke, doch nur eines in einem Ringkästchen. Ich hebe es hoch und kann
im ersten Moment nichts auf der Ablage erkennen. Als ich dann genauer hinsehe,
mache ich einen Kreis in einer schwach unterschiedlichen Farbtönung aus. Ich
drücke auf die Stelle. Erstaunlicherweise gleitet eine Tür in der Wand auf.
    »Ich will verdammt sein«, sagt Cecchi.
    Ich greife hinein, und mein
Detektivinnenherz dreht sich um sich selbst, als ich Stahl berühre. »Sie ist
hier«, sage ich zu ihm.
    »Laß mich machen.« Wir tauschen die
Plätze, und Cecchi, mit einem weißen Taschentuch in der Hand, holt die Waffe
heraus. »Woher wissen wir, daß dies nicht Megs Waffe ist?«
    »Wir wissen es nicht. Aber ich glaube
es nicht. Ich glaube, ihr Mörder deponierte sie dort an dem Abend, als er sie
erschoß. Dann, als er zurückkam, um sie zu holen, traf er auf Fingers.«
    »Und ließ die Waffe hier?«
    »Ich gebe zu, es wirkt komisch. Aber
vielleicht gab es ein zeitliches Problem. Schließlich wurde Fingers mit seiner
eigenen Waffe erschossen. Vielleicht hatte der Mörder vor, später noch ein
weiteres Mal wiederzukommen, oder er dachte, daß niemand die Waffe finden
würde.«
    »Und ich nehme an, du weißt, wer der
Mörder ist? Wem die Waffe gehört?«
    »Nun ja, ich glaube, daß ich es weiß.«
    »Wärst du so freundlich, dein Wissen
mit mir zu teilen?« sagt er eine Spur sarkastisch.
    »Nein«, antworte ich. »Ich muß es erst
meinem Klienten sagen.«
    »Ist dir klar, daß ich dich wegen
Behinderung der polizeilichen Ermittlungsarbeit belangen könnte?«
    »Ich kann nicht glauben, daß du das
sagst. Das macht doch sonst immer nur der Cop aus den Kriminalromanen.«
    »Lauren, und ich kann nicht
glauben, daß du mir deinen Verdacht verheimlichen willst.«
    »Wenn du die Waffe überprüfst, wirst du
wissen, wem sie gehört.«
    »Oh, herzlichen Dank. Hätte ich von
selbst drauf kommen müssen. Das ist doch absurd.« Er wickelt die Waffe in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher