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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich
Autoren: Sandra Scoppettone
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sein
Taschentuch und läßt sie in seine Jackentasche gleiten. »Komm, verschwinden wir
von hier.«
    Auf der Straße will er sich sofort von
mir abwenden.
    »Cecchi?«
    »Was ist?«
    »Du hättest die Waffe ohne meine Hilfe
nie gefunden.«
    Er funkelt mich an. »Soll mich das etwa
besänftigen?«
    »Ja.«
    »Tja, hat nicht geklappt.«
    Er geht weg, läßt mich auf der Straße
stehen. Ich starre seinem Rücken hinterher. Dann bleibt er stehen, dreht sich
um und sagt: »Vermassle diesen Fall nicht, Laurano. Verpfusch es nicht. Dein
Klient ist mir scheißegal. Halt dich da raus.« Ich habe ihn noch nie so sauer
auf mich erlebt.
    Ich kann mich ebensowenig aus dieser
Sache heraushalten wie er. Wir haben beide unsere Arbeit zu erledigen. Und ich
kann nicht auf die Jungs von der Spurensicherung warten, weil ich ihn fassen
muß, bevor er mich...
     
    Ich rufe Ray Davies an und sage ihm,
daß ich dicht dran bin. Er will wissen, wen ich in Verdacht habe, aber ich gebe
es nicht preis, weil ich noch nicht hundertprozentig sicher bin.
    Ein Teil von mir hofft, daß ich unrecht
habe, denn die Begleitumstände sind einfach widerlich. Andererseits will ich
diese Sache abschließen, damit ich mein Leben weiterführen kann. Solange Megs
Mörder frei herumläuft, komme ich nicht zur Ruhe. Und ich fühle mich nicht
sicher.
    Statt dessen fühle ich mich sehr, sehr
allein. Meg, William und nun auch Cecchi haben mich alle auf die eine oder
andere Weise verlassen. Ich weiß, es geht nicht eigentlich um mich, aber ich
komme nicht gegen meine Gefühle an.
    Ich beschließe, mit Blythe anzufangen.
Vielleicht ist das sexistisch von mir, aber sie kommt mir nicht so bedrohlich
vor wie er. Ich mache an einer Telefonzelle halt, tippe ihre Privatnummer ein.
Sie antwortet nach dem ersten Läuten. Ich hänge ein.
    Fünf Minuten später läute ich an ihrer
Tür.
    »Wer ist da?« Blythes Stimme kommt aus
der Sprechanlage, blechern und dünn.
    Ich sage es ihr.
    »Ich bin beschäftigt«, sagt sie.
    »Blythe, mach die Tür auf, oder ich
verständige die Cops.«
    Es herrscht kurz Stille, dann betätigt
sie den Türsummer. Ich sehe auf einen Blick, daß Blythe abreisen will. Wenn
auch nicht die üblichen halbgepackten Koffer im Wohnzimmer stehen, so sind doch
die Bücherregale leer, und der Raum ist seines persönlichen Charakters beraubt.
Nur die großen Möbelstücke sind noch da.
    Blythe trägt eine Strumpfhose und ein
blaues durchgeknöpftes Männerhemd. »Was willst du, Lauren?«
    »Ich will mit dir über deine Mutter
reden.«
    »Das haben wir bereits getan.«
    »Und ich will mit dir über den
Fahrchipbetrug reden.«
    In ihrem Blick blitzt kurz ein Erkennen
auf, wie ein Defekt auf einem Computerbildschirm.
    »Spar dir die Mühe, mir zu sagen, daß
du nicht weißt, wovon ich rede, weil ich nämlich weiß, daß du es weißt«, lüge
ich.
    »Na schön. Und wenn schon. Ja, ich weiß
von dem Fahrchipbetrug.«
    »Wie funktionierte es?«
    »Ich dachte, du wüßtest Bescheid.«
    »Ich weiß einiges.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, daß die Merchants Association
gestohlene Fahrchips lagerte und einen Anteil vom Gewinn erhielt.«
    Sie lächelt halb, und ich weiß, daß ich
nur zum Teil richtig liege.
    »Warum bist du nicht ein braves Mädchen
und klärst mich über den Rest auf.«
    »Behandel mich nicht von obenherab, Lauren.
Das machst du schon seit Jahren.«
    Ich bin schockiert. »Das stimmt nicht.
Das ist nicht fair.«
    »Fair? Seit wann ist irgendwas auf
dieser gottverdammten Welt fair?«
    »Nun gut, aber ich habe dich nie von
obenherab behandelt, Blythe. Du warst Megs Tochter, und ich hatte dich gern.«
    »Vergangenheit?«
    »In letzter Zeit warst du nicht
besonders liebenswert.«
    In ihren Augen glänzen Tränen.
    »Wo fährst du hin?«
    »Ich mache Urlaub.«
    »Und nimmst all deine Bücher mit?«
    Ihre Unterlippe zittert, und ich sehe
Blythe als das kleine Mädchen vor mir, das von Meg für irgend etwas
ausgeschimpft wurde, mehr verletzt als alles andere.
    »Na schön. Ich ziehe um. Und wenn
schon.« In ihrer Stimme liegt nicht die mindeste Wärme.
    »Wohin?«
    »Was spielt das für eine Rolle?«
    »Wohin?«
    »Ich gehe nach Paris, okay?«
    »Du ziehst nach Paris?«
    »Ja. Ich wollte schon immer dort
leben.«
    »Was ist mit deinem Job?«
    »Was soll damit sein? Ich habe
gekündigt.«
    »Gehst du allein?« Ich weiß, daß es
nicht so ist.
    Sie antwortet nicht.
    »Erzähl mir, wie die Sache mit den
Fahrchips funktionierte, Blythe.«
    »Sie lagerten sie
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