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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster
Autoren: Paul Gallico
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und stutzte plötzlich. «Das ist doch unmöglich», sagte er. «Joe Bernard starb vor zehn Jahren und war damals dreiundachtzig. Ich kann mich gut an den Nachruf in der Zeitung erinnern.»
    «Ich war sein Mechaniker», erklärte Ellison ruhig.
    «Sie waren sein Assistent!» wiederholte Hero eifrig, denn er witterte in dieser Enthüllung ganz neue Möglichkeiten. Er dachte an die Voraussetzungen, unter denen ein Mensch die Harfe zum Klingen bringen konnte, ohne sie zu berühren. Solche Fähigkeiten und Kenntnisse konnte sowohl ein Raumakustiker als auch der Gehilfe eines Zauberkünstlers besitzen.
    Ellison erzählte: «Vor einigen vierzig Jahren, als ich eben mein Diplom gemacht hatte, war ich eine Zeitlang arbeitslos. Ich antwortete auf ein Inserat, in dem ein Mann mit technischer Begabung und Ausbildung gesucht wurde. Der Inserent war Joe Bernard. Wir verstanden uns von Anfang an ausgezeichnet. Während der nächsten fünf Jahre erfand und verbesserte ich die meisten seiner Nummern.»
    Hero blies nachdenklich den ganzen Rauch seiner Havannazigarre in die Luft. Würden die Vorgänge in Paradine Hall dank Megs ungewöhnlicher Intuition endlich eine Erklärung finden, und zwar von ganz unerwarteter Seite? Er sagte: «Joe Bernard gehörte einer früheren Generation an. Ich bedaure, ihn nie auf der Bühne gesehen zu haben. Da Sie aber so offen zu mir gesprochen haben, wird es Ihnen vielleicht nichts ausmachen, mir auch noch zu verraten, warum Sie Paradine Hall als Gespenst heimgesucht und hier einige der Tricks des verstorbenen Rajah Rham Singh zum besten gegeben haben?»
    «Ich?» erwiderte Mr. Ellison erstaunt. «Meinen Sie das ernst, Mr. Hero? Der einzige Ort, den ich heimgesucht habe, ist das verfluchte Sandloch beim sechsten Hole auf dem Golfplatz.»
    Nun war Mr. Hero an der Reihe, erstaunt zu sein. «Soll das heißen, daß Sie nichts mit den Manifestationen hier im Schloß zu tun haben?»
    «Das ist doch klar», erwiderte Ellison. «Denken Sie ein bißchen nach, Mann! Was könnten mir schon solch dumme Streiche nützen?»
    «Aber Sie wußten davon?»
    «Allerdings.»
    «Wollen Sie mir erklären, warum Sie nie ein Wort darüber verloren, wenn Sie doch wußten, was hier vorging?»
    Dean Ellison betrachtete Mr. Hero über den gähnenden Abgrund hinweg, der einen älteren, erfahrenen Mann von einem jüngeren trennt. Er entnahm seiner Brieftasche schweigend eine Visitenkarte und reichte sie ihm. Sie wies eine ganze Reihe von Titeln und Auszeichnungen auf, unter anderem auch das militärische Ehrenkreuz und den Verdienstorden des britischen Weltreichs.
    «Ich mische mich nicht gern in anderer Leute Angelegenheiten», erklärte Ellison. «Außerdem wäre es mir unangenehm, wenn es sich herumspräche, daß ich — eine Stütze der Wasserkraftwerke von Großbritannien — früher mit einem Londoner Vorstadtzauberer herumgezogen sei und ihm geholfen hätte, die Leute hereinzulegen. Übrigens machten Sie mir den Eindruck eines tüchtigen jungen Mannes, der meiner Hilfe nicht bedurfte, bis dieser widerwärtige Major dann auf Sie schoß. Ich nehme an, Sie werden ihn jetzt ein wenig genauer unter die Lupe nehmen. Ich mag es nicht, wenn einer so mir nichts dir nichts von der Waffe Gebrauch macht, daher beschloß ich, ein Wort mit Ihnen zu reden. Ich dachte, Sie wären über den Hokuspokus im Bilde, der hier vor sich geht. Für einen Teil davon war das Kind verantwortlich. Was macht Ihnen denn noch zu schaffen?»
    Hero erwiderte trübsinnig: «Die verfluchte Harfe.» Er kam sich lächerlich vor, Ellison überhaupt verdächtigt zu haben, und fragte sich, ob sein Verstand und Urteilsvermögen unter der drückenden Atmosphäre im Schloß gelitten hatten oder ob er von Mrs. Taylor und ihrer Vision zu sehr beeindruckt gewesen war. «Ich weiß, wie es bewerkstelligt werden könnte, nur fehlt der bewußte Gegenstand.»
    Ellison betrachtete ihn aufmerksam und rauchte schweigend.
    «Hören Sie», sagte Hero, «als Sie mit Joe Bernard zusammen arbeiteten, waren Sie bereits Diplomingenieur. Wäre es Ihrer Ansicht nach möglich, daß ein Amateur ganz selbständig eine Illusion erzeugen und zum selben Ergebnis kommen könnte wie ein Fachmann?»
    Der Ingenieur schnaubte verächtlich: «Selbstverständlich. Das sollten Sie selber am besten wissen. Alle großen Sinnestäuschungen beruhen auf einem ganz einfachen Prinzip. Wenn sie nicht aufgezeichnet und weitergegeben würden, käme bestimmt alle paar Generationen jemand und erfände sie neu.
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