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Im Zeichen des Adlers

Im Zeichen des Adlers

Titel: Im Zeichen des Adlers
Autoren: Vampira VA
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hatte auch nie versucht, sie zu ergründen, sondern sich ihrer nur bedient, ohne sie jedoch zu mißbrauchen.
    So waren ihm nun, in diesen Welten zwischen Diesseits und Jenseits, unter Chiyodas Anleitung Dinge möglich, die ein Mensch nie für möglich gehalten hätte. Einander waren die beiden wesenverwandten Alten (denn schließlich hatten sie, jeder auf seine Art, dem Bösen entsagt) stete Inspiration - und schlicht angenehme Gesellschaft.
    Denn die Geschichten zweier so außergewöhnlicher Leben waren nahezu endlos, ein unerschöpflicher Quell für lange Gespräche. Inzwischen wußten Chiyoda und Makootemane viel voneinander, aber längst nicht alles. Immer wieder mußten sie ihre Unterhaltungen unterbrechen, weil es auf ihren Wanderungen durch die Welten einen Punkt gab, an dem ihre Wege sich trennen mußten - dort, wo Chiyoda in seine Wirklichkeit zurückkehrte - - in die Welt der Lebenden.
    Manchmal schmerzte dieser Abschied Makootemane. Weil er allein zurückbleiben mußte, einsam - und tot . ..
    Es war nicht so, daß der Arapaho sich nach dem Leben zurückgesehnt hätte - nur die Lebenden vermißte er bisweilen. Was aus seinem Stamm, seiner Sippe geworden war, nachdem er sie verlassen hatte, das interessierte ihn. Aber ihnen noch einmal zu begegnen, war ihm nicht möglich.
    Vielleicht jedoch .
    Auf einer ihrer gemeinsamen Wanderungen fragte er Chiyoda danach. Doch der alte Chinese schüttelte den Kopf.
    »Es gibt keinen Weg, auf dem du zurückgehen könntest«, sagte er. Es klang nicht allzu bedauernd. »Aber glaube mir - manchmal ist es gut, nicht allzu viel zu wissen.«
    Etwas in Chiyodas Ton beunruhigte Makootemane.
    »Gibt es etwas, das du mir verheimlichst?« hakte er nach.
    »Was kümmert dich diese eine Welt, aus der du kamst - wo dir doch ungezählte offenstehen?« umging Chiyoda eine direkte Antwort. Dabei tat er einen Schritt zur Seite, zog den Arapaho mit sich, und beide fanden sich unvermittelt in einer anderen Welt wieder, in der blühende Pflanzen den Boden bis zum Horizont bedeckten und ein geradezu betäubendes Konglomerat aus tausend Düften entfalteten.
    »Du weichst mir aus«, stellte Makootemane fest.
    »Nein. Ich sorge mich nur nicht um fremdes Schicksal. Das ist alles.«
    Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Makoo-temane gab den nächsten Richtungswechsel vor und nahm diesmal seinerseits Chiyoda mit sich, zurück in jene Welt, in der er nach seinem Tod gestrandet war. In ihr hielt der Arapaho sich am liebsten auf. Weil sie ihn noch am ehesten an jene erinnerte, in der er sein Leben zugebracht hatte.
    »Ich möchte gar nicht wirklich zurückkehren«, sagte er dann, leise, wie im Selbstgespräch, »nur einen Blick würde ich hinüber tun wollen.«
    Ein kleines Lächeln spielte um Chiyodas schmale Lippen. »Es liegt dir viel daran, nicht wahr?«
    »Wenn ich es könnte, würde ich mein Leben dafür geben«, erwiderte Makootemane, ebenfalls lächelnd.
    »Ich werde diesen Wunsch nie verstehen«, sagte der Chinese. »Wie kann jemand nur so an Vergangenem hängen - noch dazu hier, wo Zeit keine Rolle mehr spielt?«
    »Vielleicht gerade deshalb«, meinte der Arapaho, »weil Vergangenes an diesem Ort gegenwärtig bleibt. Und überdies zeigen mir deine Worte, daß wir einander zwar ähneln mögen, aber wir gleichen uns eben nicht.« Sein Ton wechselte, klang ein klein wenig wehmütig, als er ergänzte: »Du hattest nie Kinder, oder?«
    »Nein«, antwortete Chiyoda und setzte, fast schroff, hinzu: »Es wäre unverantwortlich gewesen.«
    »Das unterscheidet uns«, erklärte Makootemane. »Und als Vater sorge ich mich um meine Kinder, auch wenn sie nicht von meinem Fleische, sondern nur von meinem Blute sind.«
    »Ein eigenartiger Vampir bist du.«
    »Wie du ein seltsamer Werwolf bist - was uns letztlich doch wieder gleichmacht.«
    Die beiden Alten grinsten einander jungenhaft zu.
    Schließlich seufzte Chiyoda schwer.
    »Was ist?« fragte der Arapaho.
    »Nun«, begann der andere, »es gibt da etwas, das ich dir zeigen könnte -«
    »Was ist es?« unterbrach Makootemane ihn ungeduldig.
    Chiyoda hob beschwichtigend die Hand. »Gemach, mein Freund. Denn ich muß dir zuvor noch etwas erklären -«
    »Rede endlich.«
    »Du kannst einen Blick in die Wirklichkeit werfen -«
    »Wie? Und wo?«
    »Ich werde dich hinführen«, sagte Chiyoda. »Aber bedenke: Was immer du sehen wirst - du kannst es nicht ändern. Du hast keine Möglichkeit, Einfluß zu nehmen auf den Lauf der Dinge, ob sie dir nun
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