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Im Zeichen des Adlers

Im Zeichen des Adlers

Titel: Im Zeichen des Adlers
Autoren: Vampira VA
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Erkenntnis durch ihre schockgelähmten Hirne. Jetzt erst schreien sie. Zuerst nur leise, dann jedoch bricht die wachsende Hysterie alle Dämme, und fassungslose Schreie hallen durch den Bahnhof. Hastige Schritte erklingen, als einige der unfreiwilligen Beobachter die Nerven verlieren und davonlaufen.
    Ich sehe den Fahrer des Zuges durch den blutigen Schleier auf der Scheibe. Nur seine Mundwinkel zucken unkontrolliert.
    Und in diesen ewigen Momenten bade ich in all dem Grauen, das ich selbst freigesetzt habe. Ja, man muß diesen Idioten, die einfach die Wahrheit nicht sehen wollen, mit einer Radikalkur klarmachen, was mit uns Menschen seit Jahrhunderten passiert! Jetzt endlich wird jeder erfahren, wie oft ich mein Leben schon für Fremde riskiert habe. Jeder der hier Anwesenden wird endlich erkennen, was für Parasiten unerkannt unter uns leben, denn nach dem Tod des Seelensaugers nimmt dieser seine ursprüngliche Gestalt an und zeigt sein wahres Wesen. Die Menschen werden endlich erfahren, daß ...
    »Mörder!« schreit eine Frau direkt neben mir. Ihre Stimme über-tönt das Chaos und läßt mich erschrocken aufhorchen.
    Ich bin kein Mörder, will ich sofort beschwörend erwidern, sehen Sie doch hin! Das ist nicht der zerquetschte Körper eines Menschen, sondern ...
    Ich spreche meine Gedanken nicht aus. Denn als ich aufblicke, sehe ich direkt in die schwarze Fratze des Seelensaugers, der sich hinter dem makellosen Gesicht der jungen Frau verbirgt. Das Böse in den weißen Augen, die sich in meine Pupille meißeln, verschlägt mir die Sprache.
    Ich will mich verteidigen, will die unzähligen Blicke der echten Menschen, die mich mit Abscheu und Angst anstarren, in Blicke des Verständnisses und des Mitleids für mich verwandeln. Ich will ihnen die Wahrheit zeigen, denn nicht ich bin der Mörder, nein, sondern das schreckliche Wesen, das hier nach Jahrhunderten sein Ende gefunden hat .
    »Mörder! Sie haben ihn getötet!«
    »Nein«, glaube ich zu schreien, aber nur ein heiseres Flüstern dringt über meine Lippen.
    Doch niemand aus der Menge, die mich wie ein Anklagetribunal umsteht, glaubt mir. Nur ganz hinten höre ich zwei Kinder verwirrt weinen.
    Niemand sieht den Tod hinter der Maske der jungen Frau. Statt dessen sehen sie alle auf mich nieder. So viele Blicke, so viele Emotionen. Schrecken. Ekel. Angst.
    Und seltsam - plötzlich richtet sich mein Haß nicht mehr gegen die Seelensauger, sondern gegen diese dumme, naive Masse aus Idioten, für deren Verwandte und Freunde ich mich seit Jahrzehnten einsetze, deren Leben ich schon so oft gerettet habe, damit sie weiterhin mit ihren geliebten Mitmenschen glücklich sein konnten, während ich stets nur von dumpfer Einsamkeit begleitet wurde.
    Ihr undenkbaren Mistkerle! Ich habe das hier nur für euch getan! Begreift doch! Begreift doch endlich!
    »Seht doch hin!« brülle ich wütend mit zornesrotem Gesicht. »Seht sie doch an!« Ich rappele mich auf, sinke wieder zu Boden, drohe ohnmächtig zu werden. Schwarze, lautlose Wogen branden auf mich zu, doch ich kralle meine Fingernägel tief in meine Wangen, bis ich heißes Blut darüber hinablaufen spüre. Ich zwinge mich geradezu, in die grellen Augen des Seelensaugers zu blicken, und schreie weiter: »Sie ist kein Mensch! Genauso wenig wie das Geschöpf, das ich eben vernichtet habe! Es sind Monster!« Meine Stimme wird lauter. »Sie töten uns alle, jeden Tag! Sie machen uns fertig, diese verdammten Monster, sie saugen uns aus, sie werden .«
    Jedes meiner Worte läßt die Menge um mich herum versteinern. Nur zwei Personen bewegen sich. Zuerst sehe ich lediglich ihre Schultern, dann jedoch treten sie aus der Menge hervor und blicken kalt auf mich herab.
    Security Service, lese ich auf ihren blauen Uniformen. O Gott, nein, bitte hilf mir .
    »Sie kommen mit uns«, sagt der eine Seelensauger hart. Es ist mein Todesurteil.
    »Und wehren Sie sich nicht«, fügt der andere hinzu und beugt seinen verwesten Schädel zu mir herab. Hunger und Triumph lodern in seinen grellen Augen.
    Mit Erleichterung sieht die Menge zu, wie mich die beiden Beamten des Sicherheitsdienstes am Arm packen und fortschleifen.
    Ich habe keine Kraft mehr, mich zu regen. Wieder stürzen dunkle Wellen aus dem Nichts auf mich ein, lähmen mein Denken, betäuben mein Handeln. Ich sehe zurück und genau in die leuchtenden Augen des lebenden Leichnams, der sich als junge Frau kleidet. Und ich höre noch einige Satzfetzen der angeekelten Menschenmenge, die
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