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Im Zeichen der Menschlichkeit

Im Zeichen der Menschlichkeit

Titel: Im Zeichen der Menschlichkeit
Autoren: Stefan Schomann
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Weihestätte des Nationalsozialismus entstehen.
    Keiner der jungen Männer konnte jedoch seinen Abschluss machen, sie mussten alle in den Krieg. Manche ihrer Namen sind nun in unheilvoller Weise in ihre alte Hochschule zurückgekehrt: als Vermisste in den Suchdienstbüchern, die im Rahmen der Ausstellung präsentiert werden. Nach dem Krieg wurde das Gelände als belgischer Truppenübungsplatz genutzt. Erst seit einigen Jahren ist es wieder zugänglich, romantisch im Herzen des Nationalparks Eifel gelegen. Was tun mit einem solchen Erbe? Auch wenn das Museum im Gesamtkonzept nur ein Element unter vielen ist, besitzt es doch exemplarische Funktion. Indem es an einem prominenten Täterort Grundwerte wie Humanität, Neutralität und Universalität installiert, könnte es zu dessen Entgiftung beitragen, könnte dem kriegerischen, herrschsüchtigen Geist des Ortes einen menschlichere Botschaft entgegensetzen.
    »Sofern es überhaupt ein ›Bewältigen‹ der Vergangenheit gibt, besteht es in dem Nacherzählen dessen, was sich ereignet hat.« So hat Hannah Arendt das Erinnern als historische Aufgabe verstanden. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass die Geschichte des DRK in der DDR noch in keiner Weise aufgearbeitet ist. Während Parteien, Medien, Hochschulen und öffentlicher Dienst sich nach der Wende mit den übernommenen Altlasten auseinandergesetzt haben, wollte das Rote Kreuz bislang nicht daran rühren. Die familiäre Harmonie und der gelungene Einigungsprozess sollen nicht durch unbequeme Fragen gestört werden. Der stalinistische Furor der Anfangsjahre, die Rechtfertigung der Mauer, »die gute massenpolitische Überzeugungsarbeit« bei gleichzeitigem hartnäckigen Schweigen zu elementaren humanitären Fragen – all diese Themen harren noch der Diskussion. Die Durchdringung durch Partei und Geheimdienste ist ebenso wenig untersucht wie deren mögliches Fortwirken nach der Wiedervereinigung. Wie viele inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit übernommen worden sind, ist ungeklärt geblieben. Auch dass hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter später auf Landes- und Kreisebene im Roten Kreuz unterkamen, wird nur unter der Hand weitererzählt. Solange die Institution sich derart grundsätzlichen Fragen nicht stellt, so lange wird sie in ihrer weltweiten humanitären Arbeit berechtigten Vorbehalten begegnen.
    Retter in der Not
    Die Annalen der Auslandshilfe verzeichnen zwei besonders aktive Zeitalter: Zum einen die Jahre um 1900, als das Rote Kreuz sich wie eine Fremdenlegion der Sanitäter an Kriegsschauplätzen von Südafrika bis Sibirien hervortat. Und zum anderen die Phase von Mitte der fünfziger bis Ende der siebziger Jahre, als es im Sog des Wirtschaftswunders eine Vielzahl großer Einsätze absolvierte, wie sie heute kaum mehr finanzierbar wären. Im Kalten Krieg kam vielen dieser Missionen eine politische Signalwirkung zu. Besonders augenfällig war dies 1956 beim Aufstand in Ungarn, als beide deutsche Staaten ihren Hilfszug schickten, den großen, für alle Eventualitäten ausgerüsteten Lkw-Konvoi, dessen Untereinheiten an verschiedenen Standorten stationiert waren. Einen letzten dramatischen Höhepunkt brachte 1988 das Erdbeben im damals noch sowjetischen Armenien, bei dem das westdeutsche Rote Kreuz mehrere Hundert Helfer und Teile seines Hilfszugs entsandte, das ostdeutsche sich hingegen demonstrativ zurückhielt, da die Entfremdung vom großen Bruder unter Gorbatschow bereits offenkundig war.
    In der Folge lösten flexiblere Konzepte das teure und personalaufwendige Hilfszugsystem ab. Ihren sichtbaren Ausdruck findet diese Entwicklung in dem 2006 eingerichteten Logistikzentrum am Flughafen Berlin-Schönefeld. Es ist das Expeditionszimmer des Deutschen Roten Kreuzes, Depot, Garage und teilweise auch Schaltstelle für Missionen aller Art. Eine große Cargo-Halle wurde als Palettenlager ausgebaut, aus dem heraus die Ausrüstung im Baukastenprinzip zusammengestellt wird. Sie reicht von elementaren Hilfsgütern wie Wasserkanistern und Decken bis hin zum kompletten mobilen Krankenhaus. Bei dem es sich eigentlich um eine ganze Zeltstadt handelt, abgepackt in kleine Einheiten, die notfalls auch von ein paar starken Männer getragen werden können. Es vermag hundert Patienten am Tag zu versorgen und einen Einzugsbereich von 30000 Menschen abzudecken. Mit Labor, Apotheke, Röntgenmodul und Operationszelt ausgestattet, verfügt es über ein halbes Dutzend medizinischer Fachbereiche. Inklusive Kreißsaal und
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