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Im Taxi - unterwegs in Kairo

Im Taxi - unterwegs in Kairo

Titel: Im Taxi - unterwegs in Kairo
Autoren: Chalid al-Chamissi
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aus Saudi-Arabien einführte, riss ich eigenhändig die Gurte und die Klimaanlage raus, um keinen zusätzlichen Zoll zahlen zu müssen. Einige Monate später wurden die Gurte obligatorisch. Vom Luxus zur Pflicht, so war das. Also zogen wir los und kauften Gurte. Da hat die Regierung ein Bombengeschäft gemacht.
    Die ganze Sache war das reinste Business. Die grossen Tiere importierten die Gurte, verkauften sie undverdienten damit Millionen. Das Innenministerium verteilte Tausende von Strafzetteln und verdiente ebenfalls nicht schlecht. Die erbärmlichen Verkehrspolizisten stoppten uns, blökten: ›Wo ist dein Gurt, Dreckskerl?‹ und kassierten dann fünf Pfund ein. Und wenn ein Offizier dabei war, kostete es zwanzig. Eine Menge Leute haben also profitiert.
    Ich will Ihnen noch was sagen: Sie wissen bestimmt, dass der Gurt eine riesengrosse Lüge ist. Alle wissen doch, dass der bloss Dekor ist und nur zum Schein angelegt wird.« Der Fahrer hob seinen Gurt hoch und zeigte mir, dass er nicht angeschnallt war. »Wenn ein Polizist dich anhält, weiss er, dass der Gurt nur lose übergelegt ist. Der Gurt zieht nur an, wenn man stark bremst. Aber wenn man in unsren lahmen Wagen auf die Bremse tritt, löst sich der Gurt höchstens.« Er lachte laut auf. »Wir leben in einer einzigen Lüge und glauben daran. Die Regierung ist nur dazu da zu prüfen, ob wir die Lüge wirklich schlucken, finden Sie nicht auch?«

8
    Â»Gehen Sie ins Kino?«, fragte ich den Fahrer.
    Â»Ins Kino? Da war ich seit einer Million Jahren nicht mehr. Warten Sie mal … Ja, ich erinnere mich, mein letzter Besuch im Kino war neunzehnhundertvierundachtzig. Das war im Cairo oder im Pigalle in der Imâd-al-Dîn-Strasse. Danach hat mir das Leben übel mitgespielt. Seither war ich weder im Kino noch im Theater, obwohl ich Ende der Siebziger dort regelmässig hinging. Ich wohnte in der Geischstrasse. Kennen Sie Machmûd, der dort geräucherten Fisch verkauft?«
    Â»Ja, den kenne ich.«
    Â»Der beste Räucherfisch der Welt!«
    Â»Und Sie haben nebenan gewohnt?«
    Â»Ja, ich habe gleich neben ihm gewohnt. In der Geischstrasse gab es das Kino Hollywood, in dem es täglich fünf Vorstellungen gab: zwei ausländische Filme, ein arabischer Film, und danach wurden die ersten beiden wiederholt. Wir schauten uns immer alle drei Filme und auch die Wiederholungen an. Manchmal, wenn die drei Filme vorbei waren, gingen wir aber auch über die Strasse ins Kino Misr, Gott hab es selig und die anderen auch. Dort gab es ein Sommer- und ein Winterkino, das für den Sommer war auf dem Dach. Wir gaben dem Typ etwas Geld und schauten uns die Wiederholungen im Misr an. Das war eine tolle Zeit. Damals kostete ein Ticket gerade mal zweieinhalb Piaster.«
    Â»Können Sie sich noch an die Filme erinnern, die Sie damals gesehen haben?«
    Â»Es gibt Filme, die kann man nicht vergessen. Mein Lieblingsfilm war Rivalen unter roter Sonne mit Charles Bronson. Der schaute auf eine Weise unter seinem Cowboyhut hervor, dass wir versuchten, ihn nachzumachen. Erinnern Sie sich an den Film? Nein? Also, Bronson hatte einen Japaner gefangen genommen. Er misstraute ihm aber, und bevor er sich schlafen legte, band er die Schuhe des Japaners an seinen eigenen fest. Der Japaner versuchte zu fliehen, kam aber nur so weit, wie die Schnürsenkel lang waren – Bronson hatte sie etwas länger gelassen –, dann fiel er um, und Bronson wachte auf.
    Von den ägyptischen Filmen gefiel mir Der Busfahrer mit Nûr al-Scharîf am besten. Den habe ich bestimmt zehnmal gesehen. Es gab noch einen tollen amerikanischen Film, aber ich weiss nicht mehr, wer mitgespielt hat, der hiess Frankenstein Meets the Space Monster, und dann natürlich Godzilla, Die Todesfaust des Cheng Li mit Bruce Lee und der indische Film Zwei Freunde . Als Der weisse Elefant anlief, schauten wir ihn uns im Kino Schark beim Sajjida-Sainab-Platz an.«
    Â»Sind Sie denn nie ins Theater gegangen?«
    Â»Doch, klar. Ich war regelmässig im Talia- Theater. Wir bekamen Tickets für zehn Piaster. Ja, ich war einfach verrückt nach Kunst. Und Sie, junger Mann?«
    Â»Ja, ich auch.«
    Â»Ich war sogar Mitglied in einer Laienspielgruppe.Sie hiess ›Neue Revolutionäre‹ und probte in der Galâlstrasse.«
    Â»Wo ist denn die?«
    Â»Eine Nebenstrasse der Imâd-al-Dîn-Strasse, gleich beim Kino
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