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Im Taxi - unterwegs in Kairo

Im Taxi - unterwegs in Kairo

Titel: Im Taxi - unterwegs in Kairo
Autoren: Chalid al-Chamissi
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Pigalle . Einmal ass ich Koschari 21 im Goha, dem besten Koschari-Restaurant in Ägypten, und sah dort eine Menge junger Männer. Ich erfuhr, dass sie alle von dieser Laienspielgruppe waren. Sie erzählten, dass berühmte Schauspieler, wie Chairîja Achmad, ihre Karriere dort begonnen hätten und die Gruppe zum Kulturministerium gehöre.«
    Â»Und dann?«
    Â»Ich sprach vor und begann bei den Proben mitzuspielen. Es gab eine Szene, in der wir ein Hotel betreten und rufen mussten: ›Ist hier jemand? Ist hier jemand?‹ Dann sagte man uns, wir sollten Kostüme von zu Hause mitbringen. Später hiess es noch, wir sollten auch Zuschauer mitbringen. Da sagte ich mir, dass diese Gruppe nie und nimmer zum Kulturministerium gehören kann. 22 Kostüme und Zuschauer mitbringen? Ich schmiss den Bettel hin.«
    Â»Was passierte danach?«
    Â»Keine Ahnung. Die Welt hat sich verändert, oder vielleicht habe auch ich mich verändert. Was meinen Sie?«
    Â»Weiss nicht.«
    Â»Ich spreche zum ersten Mal über diese Dinge.Mir war gar nicht bewusst, dass ich schon seit über zwanzig Jahren nicht mehr im Kino war.«
    Â»Und all diese Erinnerungen, werden die Sie nicht dazu bringen, wieder ins Kino zu gehen?«
    Â»Zufällig brachte ich vor einer Woche Kunden zu den Sawîris-Türmen 23 an der Nil-Corniche und hörte, dass ein Kinoticket inzwischen fünfundzwanzig Pfund kostet, also tausendmal mehr als vor zwanzig Jahren. Stellen Sie sich vor: tausendmal so viel! Sie müssen wissen, dass bis in die achtziger Jahre sogar in den teuersten Kinos der Eintritt nur sechzehneinhalb Piaster kostete, wie zum Beispiel in den Kinos Metro, Radio, Kasr al-Nil, Cairo und Miami. Heute sind die meisten Kinos sowieso geschlossen. Aus dem Hollywood ist etwas ganz anderes geworden, das Misr, das Rio in Bab al-Luk, das Star in der Chairatstrasse sowie das Isis, das Achli, das Sommerkino Hilâl in Sajjida Sainab und viele andere sind längst verschwunden.
    Egal. Was ich gesehen habe, habe ich gesehen, und was nicht, eben nicht. Ich hatte meine Zeit, jetzt sind die Kinder dran. Doch die waren ihr Lebtag noch nicht im Kino oder im Theater und werden auch nie hingehen. Die gucken Satellitenfernsehen im Café unter unserer Wohnung. Gott stehe ihnen bei! Keine Ahnung, was in ihren Köpfen wachsen wird – ausser Kakteen.«

9
    Der Fahrer stellte den Kassettenspieler an. Die laute Stimme eines Scheichs ertönte, der vor den Frauen warnte: »Meine Brüder, lasst uns heute über die Versuchungen um uns herum sprechen. Es besteht wohl kein Zweifel, dass für Muslime die schlimmste Verlockung die Frau darstellt. O Gott, wir bitten Dich, uns vor dem Bösen der Frauen zu bewahren! Der Prophet Muhammad, Gott segne und beschütze ihn, sagte, das Volk Israel sei zuerst von den Frauen in Versuchung geführt worden und für jedes Volk gebe es Versuchungen. Die Versuchung für die Muslime ist das Geld, aber es sind auch die Frauen. Frauen stellen eine grosse, eine extrem gefährliche Verlockung dar. Eigentlich dachte ich, dass die Versuchungen schwinden würden. In den achtziger Jahren kam ja der Minirock auf, doch diese Mode verschwand in den Neunzigern, und ich dachte, die Sache sei gelaufen. Aber nun ist diese Verlockung wieder da, stark wie eh und je. Das hat die Welt noch nicht gesehen!
    Junge Mädchen zwischen dreizehn und achtzehn Jahren sind das Furchtbarste geworden, was je auf Erden gesehen ward. Leider musste ich von vielen jungen Männern, von Taxi- und Minibusfahrern hören, dass Ausschweifungen um sich griffen, ja sogar am helllichten Tag begangen würden und Väter, Mütter, Ehemänner und -frauen davon wüssten. Möge Gott sich an den Sündern rächen und junge Muslime beschützen.Es ist eine Katastrophe, ein Drama! Heute spielen die Frauen mit ihren Reizen. Sie tragen so enge Hosen und T-Shirts, dass sie wie nackt wirken. Der Prophet, Gott segne und beschütze ihn, sagte: ›Frauen, die bekleidet und trotzdem nackt sind und deren Frisuren wie schräge Dromedarhöcker aussehen, werden weder das Paradies betreten noch seinen Duft riechen können.‹ 24
    Gott behüte die muslimischen Mädchen und ihre Scham! Welch eine Tragödie! Die jungen Männer sehen überall nackte Körper, treffen auf lüsterne Blicke und anzügliches, schamloses Lachen: Frauen, die völlig ausser Kontrolle geraten
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