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Im Taumel der Herzen - Roman

Im Taumel der Herzen - Roman

Titel: Im Taumel der Herzen - Roman
Autoren: Johanna Lindsey
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gekommen war. »Sie ist einkaufen gegangen. Du weißt ja, wie gern sie einkauft.«
    Er hatte gelacht. Das war eines der wenigen Dinge gewesen, die ihre Mutter sich nicht hatte nehmen lassen: alles Mögliche zu kaufen, was sie im Grunde gar nicht brauchte. Julia aber hatte zu jenem Zeitpunkt selbst noch getrauert, sodass ihr selten etwas so schwergefallen war, wie an jenem Tag zu lächeln und die Tränen zu unterdrücken, bis ihr Vater in seine Grauzone des Nichts zurückglitt.
    Natürlich hatte sie verschiedene Ärzte konsultiert. Jedes Mal, wenn einer von ihnen sagte, ihr Vater würde nie wieder ganz gesund werden, entließ sie ihn und suchte sich einen neuen. Nach einer Weile hörte sie damit auf. Den letzten Kandidaten, Dr. Andrew, behielt sie, weil er immerhin so ehrlich war, zuzugeben, dass der Fall ihres Vaters sich mit keinem anderen vergleichen ließ.
    Im Frühstückszimmer der Millers trug Carol gerade ihren vollen Teller und den großen Korb mit Gebäck zum Tisch hinüber, als sie plötzlich den Neuzugang im Raum bemerkte und wie angewurzelt stehen blieb.
    »Lieber Himmel, wann hast du denn das gemacht?«, rief sie und wandte sich mit weit aufgerissenen Augen nach Julia um.
    Diese betrachtete die kunstvoll verzierte auf der Vitrine thronende Kiste, die Carols Aufmerksamkeit erregt hatte. Sie war mit blauem Satin ausgeschlagen und am Rand von Edelsteinen gesäumt, und hinter ihrem Glasdeckel saß eine schöne
Puppe. Julia nahm am Tisch Platz und brachte es dabei fertig, nicht zu erröten. »Ich bin kürzlich auf einen Burschen gestoßen, der gerade seinen Laden eröffnet hatte, ganz in der Nähe eines der unseren. Er fertigt solch schöne Aufbewahrungskisten für Gegenstände, welche die Leute in gutem Zustand erhalten wollen, und da ich auf keinen Fall möchte, dass diese Puppe irgendwann aus Altersschwäche in ihre Einzelteile zerfällt, habe ich die Kiste für sie in Auftrag gegeben. Ich weiß nur noch nicht, wohin damit, weil mein Zimmer schon so überfüllt ist. Allerdings gewöhne ich mich langsam daran, dass sie hier steht.«
    »Ich wusste nicht einmal, dass du die alte Puppe, die ich dir damals schenkte, überhaupt noch hast.«
    »Selbstverständlich habe ich sie noch! Sie ist mir nach wie vor lieb und teuer.«
    Das stimmte – nicht, weil Julia der Puppe solch großen Wert beimaß, sondern, weil ihr die Freundschaft, für die sie stand, so viel bedeutete. Zwar hatte Carol sich damals bei ihrer ersten Begegnung nicht sofort von der Puppe trennen können, aber als sie eine neue bekam, hatte sie die alte nicht einfach auf den Dachboden getragen, wo sie nie wieder jemand angesehen hätte, sondern sich stattdessen daran erinnert, wie gut sie Julia gefallen hatte, und sie ihr schüchtern angeboten.
    Der Gedanke an jenen Tag ließ Carol erröten, doch schließlich musste sie lachen. »Du warst damals ein richtiges kleines Monstrum.«
    »So schlimm war ich auch wieder nicht!«, entgegnete Julia schnaubend.
    »Oh doch! Du hattest einen hysterischen Anfall nach dem anderen, hast mich gepiesackt, wo du nur konntest, und wolltest ständig irgendetwas von mir haben. Außerdem warst du wegen jeder Kleinigkeit beleidigt! Bei unserem ersten Treffen hättest du mir beinahe eins auf die Nase gegeben, wenn ich
dich nicht vorher umgeschubst hätte, sodass du auf deinem Hinterteil gelandet bist.«
    »Das hat mich gewaltig beeindruckt«, meinte Julia grinsend. »Du warst die erste Person, die mir Paroli bot.«
    »Zumindest wollte ich dir meine Lieblingspuppe nicht überlassen, jedenfalls nicht bei unserem ersten Treffen. Du hättest sie gar nicht von mir verlangen dürfen. Aber ansonsten? « Carol wirkte überrascht. »Hat dir wirklich nie jemand Paroli geboten?«
    »Nein, wirklich nicht. Meine Mutter war zu schwach und zu zögerlich, nun ja, du weißt ja, wie sie war. Sie hat mir immer meinen Willen gelassen. Und mein Vater war zu gutherzig. Er konnte niemandem einen Wunsch abschlagen, am allerwenigsten mir. Ich hatte sogar schon ein Pony, bevor ich alt genug war, um es zu reiten – nur weil ich mir eines gewünscht hatte.«
    »Aha! Wahrscheinlich warst du deswegen so ein kleines Monstrum, als wir uns kennenlernten – weil sie dich hoffnungslos verzogen hatten.«
    »Das war nicht der Grund – na ja, vielleicht war ich tatsächlich ein klein wenig verzogen, weil meine Eltern es nicht übers Herz brachten, mich in meine Schranken zu verweisen, und meine Gouvernante oder die Dienstboten es bestimmt nicht als ihre
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