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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume
Autoren: Patricia Shaw
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nicht, und das weißt du auch«, erwiderte sie. Aber während er seinen Eltern zuhörte, wurde Duncan klar, dass sein Vater nicht ganz unrecht hatte. Das Leben auf einer Rinderfarm war Knochenarbeit, tagaus, tagein. Ihre Farmen waren so riesig, dass die Männer etliche Nächte in der Woche im Freien übernachten mussten, um das Gebiet abzudecken. Sobald sein Vater ihn für kräftig genug gehalten hatte, um mit einem Hütepferd umzugehen, war Charlie oft mit ihnen unterwegs gewesen, und als Jugendlicher hatte er das sehr genossen. Doch der Reiz des Neuen war durch die Hitze, den Staub, die erstaunlich kalten Nächte im Freien und auch durch den fast ungenießbaren Lagereintopf bald verflogen.
    Langley hatte immer auf seinen jüngeren Bruder achtgegeben, und auch diesmal ließ er ihn nicht im Stich. Er erklärte, Charlie habe ein Recht darauf, zu machen, was er wolle. Schließlich war es jedoch seine Mutter, die Duncan besänftigen konnte und sogar vorschlug, dass Charlie, sobald er seine Ausbildung abgeschlossen habe und Arzt sei, zurückkommen und aushelfen könne. Ihre Schlüsse verblüfften Charlie. Sie schien sich einzubilden, sein ärztliches Wissen käme auch Tieren zugute. Er ließ sie in dem Glauben, und zu seiner Belustigung nannte sie ihn von seinem ersten Tag am Medizinkolleg an Dr.Palliser.
    »Na, schön.« Duncan zuckte mit den Achseln. »Rosa wird nach Rivadavias Tod eine Reihe von Rinderfarmen besitzen. Und wenn ich mal ins Gras beiße, du auch. Ich schätze, ihr beide werdet alles verkaufen, und unsere ganze Schinderei war für die Katz.«
    »Jetzt fang nicht wieder damit an. Du solltest dich freuen. Du wirst Enkelkinder haben, die das Ruder übernehmen. Und überhaupt, Rosa mag seine einzige Tochter sein, aber er hat drei Stiefsöhne, und die sind auch im Viehgeschäft.«
    »Und wer soll das sein?«
    »Die MacNamaras.«
    »Woher?«
    »Von Kooramin und von Oberon oben im Norden. Weitere Güter haben sie auch noch, glaube ich.«
    »Du meinst doch nicht etwa Pace MacNamaras Söhne?«
    »Doch, glaube schon. Juan hat seine Witwe geheiratet.«
    »Allmächtiger Gott! Richtig! Nun hör mir mal gut zu, Charlie. Du setzt dich da in ein Hornissennest. Pace hatte Feinde. Er ist seinerzeit ein paar einflussreichen Leuten in die Quere gekommen. Ich hab ihn gekannt. Kein schlechter Kerl, immer auf der Jagd nach Land, aber er hat sein Glück herausgefordert. Ist zu früh zu weit vorgedrungen. Rivadavia hat dir vermutlich davon erzählt.«
    An den selbstgefällig hochgezogenen Augenbrauen des Vaters konnte Charlie ablesen, dass er vom Gegenteil ausging.
    »Warum sollte er? War doch nicht wichtig, worum auch immer es sich gehandelt hat.«
    »Vielleicht nicht«, erwiderte Duncan. »Ich rate dir dennoch, dir das Ganze noch einmal gründlich durch den Kopf gehen zu lassen. Lernt euch zuerst besser kennen. Es eilt ja nicht, oder?«
    »Nein, außer dass ich sie liebe und sie mich.«
    Duncan stopfte seine Pfeife. »Und du glaubst nicht, dass sie für unsereins die Nase ein bisschen zu hoch tragen könnte?«
    Charlie packte die Wut. »Wie meinst du das?«
    »Ich kann lesen. Ich sehe sie in den Zeitschriften. Sie sitzt gern auf dem hohen Ross, gib’s zu. Ist ständig irgendwo unterwegs. Zu unseren Zeiten war dein Bild nur in der Zeitung, wenn du entweder gewöhnlich oder kriminell warst.«
    »Herrgott noch mal! Und was kommt als Nächstes? Ich gehe. Und komme wieder, wenn du besser gelaunt bist.«
    Der Trauergottesdienst, eine Requiemmesse, zog sich endlos hin. Die Kirche glich einem Dampfbad und Charlies steifer Kragen spannte. Rosa an seiner Seite fächelte sich Luft zu, und auf seiner anderen Seite bereute Duncan vermutlich seine liebenswürdige Entscheidung, am Gottesdienst teilzunehmen – es war das zweite Mal, dass er St. Stephen’s mit seiner Gegenwart beehrte.
    Die Gemeinde erhob sich, entgegen Charlies Hoffnung jedoch nicht, um zu gehen, sondern um nach weiteren Gebeten ein gemütvolles Kirchenlied anzustimmen.
    »Mir ist nicht wohl«, flüsterte Rosa ihm zu. »Ich muss an die frische Luft.«
    Er drückte ihr die Hand. »Ich komme mit.«
    »Nein, nein, nicht nötig!«
    »Bist du sicher, dass du zurechtkommst?«
    »Aber ja.«
    Sie küsste ihn auf die Wange und schlüpfte zur Seitentür hinaus. Charlie kam in den Sinn, dass sie schwanger sein könnte, und er summte mit frohem Herzen das Lied mit.
     
    Draußen stützte Rosa sich an der kühlen Steinmauer ab, um sich einige Minuten zu fassen, und spürte erleichtert,
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