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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein
Autoren: Clemens Meyer
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meisten gefällt, was aber auch wieder problematisch ist, weil sie dann so viel fummeln wollen, und das mag ich ja nun gar nicht und sag das denen auch, wenn sie zu viel fummeln.
    Da musste ich das meiner Mutter zeigen, wegen dem ganzen Blut. Und da hat mich Vati übers Knie gelegt, also nachdem das mit dem Blut halbwegs gestillt war, da hatte ich noch nichtmal die Regel und schon ’ne saubere Blutung, und wie weh das tat, also nicht die paar Schläge aufn Arsch, o.k., die taten auch ’n bisschen weh. Was muss mich der Alte auch übers Knie legen, siehste, Vati, ’ne verstümmelte Muschi und Schläge aufn Arsch, Berufsprofil …
    Wenn ich heute über die linke Lippe streiche, kann ich den winzigen Knubbel noch spüren. Ob den die Kerle auch spüren, wenn sie mich lecken? Also zumindest meine Privat-Lecker. Der Alex, mit dem ich ’ne Zeitlang zusammen war, dem hab ich das mal erzählt. Die Rasiermesser-Aktion. War aber eher ’ne Affäre. War ein Guter, der Alex. Schade, dass er nicht mehr für den Chef arbeitet. Ist jetzt wohl bei den Engeln. Ich kannte mal eine, die hat als Sklavin bei ’ner Domina gearbeitet, die hat sich mal die Lippen, ja, die Schamlippen, zunähen lassen. Glaubt mir kein Mensch, wenn ich das erzähle. Die hatte Narben, aufm Rücken und anderswo. Kann ich nicht verstehen. Aber die stand wohl wirklich drauf. So, jetzt ist’s aber genug, wir sind hier nicht im Streichelzoo. Ich stehe auf und gehe ins Bad. Wie alt er wohl ist? Anfang zwanzig? Als ich Anfang zwanzig war …
    Ich wische mir mit dem Waschlappen über die Titten und lächele in den Spiegel. Groß und blond und nordisch. Hallo, Miss Walküre. Bist weit gereist aus Schwerin.
    Und ich wische mir mit dem kalten Lappen übers Gesicht. Und ich gucke in den Spiegel und wische und wische, Schultern und Hals …, und da habe ich doch glatt wieder vergessen, was mir da eben noch durch den Kopf ging, Guten Tag, ich bin dreiunddreißig, und mein Gehirn läuft aus. Da war doch was, irgendein blöder Witz von der Petra, also der Babsy, nee, umgedreht, die andere erzählt nämlich nie Witze. Jetzt hab ich’s wieder. Als der Junge vorhin seinen Hektoliter abgeladen hat, da fiel mir dieser bescheuerte Kifferwitz ein. Einen Dauerkiffer erkenne ich sofort, spätestens, wenn er mich anspritzt. Oder sagen wir mal so, wenn er mich anspritzen will . Es ist jetzt nicht so, dass da Horden von Kiffern zu mir kommen, aber ein paar sind’s schon gewesen, in den Jahren. Gegen einen kleinen Joint ab und an, so zur Entspannung, habe ich gar nichts einzuwenden. Der verrückte Deutschlehrer, der bis vor ein, zwei Jahren Stammgast war, hat am Anfang noch jedes Mal die Tüte auspacken wollen, ich meine, einen Joint. Biste bekloppt, nicht in der Wohnung. Komm ja auch nicht in seinen Unterricht und drehe mir einen Riesen-Dübel. Hat schon gereicht, dass der Typ immer mit Gedichten anfing, wenn er sich entspannt hat nach der ersten Nummer. Das ist dann immer wie ein tropfender Wasserhahn bei denen. Den Kiffern. Pitsch, patsch und noch ein Tröpflein. Da läuft mir die Suppe immer über die Hand, und wenn sie selber wichsen, manche wollen ja unbedingt selber wichsen, bevor sie mich anspritzen, ja, Baby, ja, Baby, ich geb’s dir, na dann gib doch endlich!, und pitsch, patsch aufs Bettzeug, obwohl ich das Küchentuch schon parat hab. Scheiß Sauerei. Guten Tag, ich bin Kiffer, und mein Schwanz läuft aus.
    Ja, genau, jetzt hab ich den Witz wieder. Und lass ihn nicht mehr los. Drei Kiffer, nee, zwei Kiffer, die sitzen so in ihrer Bude rum und rauchen ein schönes Pfeifchen oder meinetwegen ’ne Bong, die ziehen jedenfalls richtig schön einen durch. Und quatschen auch, so wie die Kiffer eben quatschen. ’n Haufen Müll. Aber das ist nicht so wichtig für den Witz. Und da klingelt’s dann. Und die rauchen ihr Zeug, und fünf Minuten später sagt der eine Kerl: »Du, da hat’s doch eben geklingelt.«
    »Hm, ja«, sagt der andere, »da musste wohl mal an die Tür gehen.«
    »Nee«, der will nämlich nicht, »geh du mal bitte.«
    »O.k.«, sagt der, »gleich.« Und dann rauchen die weiter, und wieder sind fünf Minuten um, und die gucken sich an. »Hat’s nicht grad geklingelt?«
    »Stimmt. Wolltest du nicht gehen?«
    »Nee, du.«
    »Stimmt. O.k.« Und dann rauchen sie noch was, und wieder sind so fünf Minuten um, und dann steht der eine auf und geht zur Tür und macht auf. Steht ihr Kifferkumpel draußen und freut sich. »Mensch, eben erst geklingelt und schon is
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