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Im Sommer sterben (German Edition)

Im Sommer sterben (German Edition)

Titel: Im Sommer sterben (German Edition)
Autoren: Michael Theurillat
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läppischer achtunddreißig Grad im Schatten. Weicheier, allesamt.
    Er hatte versprochen, übers Wochenende hochzufahren und sie zu besuchen.
    Es war kaum Verkehr auf der Seestraße. Eschenbach kam gut voran und erreichte die Einfahrt zum Golfplatz in zwanzig Minuten.
    Platanen säumten den gepflegten Kiesweg, der hinauf zum Clubhaus führte. Eschenbach parkte seinen Volvo neben zwei dunkelblauen Nobelkarossen, stieg aus und bemerkte, dass sein hellblaues Hemd am Körper klebte und völlig durchgeschwitzt war.
    Schräg gegenüber bauten zwei ältere Damen in crème-weißen Karos ihre Caddywagen zusammen. Burberry-Look. Er kannte die Marke. Seine Tochter hatte auch eine solche Bluse, auf die sie mächtig stolz war. Ein Geschenk von Corina. Karos sind mega , hatte man ihn aufgeklärt, total krass . Eschenbach fand das Muster lächerlich, irgendwie spießig und erinnerte sich schwach, dass seine Großmutter dieselben Karos auch schon getragen hatte.
    Mit der Hand wischte er die Asche weg, die ihm auf seine sandfarbene Hose gefallen war. Die Damen in Karo musterten ihn argwöhnisch. Er grüßte freundlich und schritt – unbeeindruckt von der Arroganz, die ihm hier bereits auf dem Kiesplatz entgegenschlug – die Treppen hoch zum Clubhaus. Die halb gerauchte Brissago steckte er in den Messingbehälter neben dem Eingang.
    »Sind Sie Mitglied?«, säuselte die Dame hinter der Rezeption.
    »Eschenbach …« Und mit gedämpfter Stimme: »Kripo Zürich.«
    Die junge Dame wich erschrocken zurück, fasste sich aber sofort wieder. Eschenbach beugte sich über die glatt lackierte Theke und flüsterte weiter: »Ich komme wegen des toten Golfers.«
    »Ja, ich weiß.« Aus dem nasalen Säuseln war ein verschwörerisches Wispern geworden. »Einfach schrecklich. Ich rufe Herrn Aebischer. Das ist unser Clubmanager.«
    »Danke, ich warte draußen.«
    Eschenbach nahm die kalte Brissago wieder aus dem Messingbehälter, zündete sie erneut an und trat in die Sonne.
    Obwohl es hochsommerlich warm war, fröstelte er. War es der Anflug einer Sommergrippe? Oder nur ein Unbehagen, das in ihm aufstieg? Die Golfbags, die vor dem Clubhaus standen, sahen aus wie stille Wachhunde.
    Er wartete.
    Die Hecken waren fein säuberlich drapiert, und die Wege so exakt in die Landschaft gesetzt, als hätte ihnen ein Geometer den Marsch geblasen. Die Wiese war ein Rasen in eintönigem Grün. Man hatte einen zottigen Bären auf Pudel getrimmt; so jedenfalls kam es Eschenbach vor.
    Er zog an seinem Zigarillo.
    »Herr Kommissar?« Ein dürrer Herr in blauem Blazer kam in hastigen, kleinen Schritten auf Eschenbach zu. Er stellte sich als der zuständige Manager der Golfanlage vor. In komplizierten Sätzen schilderte er, was sich ereignet hatte. Dass irgendwo da draußen, zwischen zwei Löchern, ein Toter lag, war das Einzige, was sich Eschenbach merken konnte.
    Wilde Vermutungen über Querschläger, Militär, Jungschützen und dergleichen mischten sich mit Befürchtungen über mögliche Imageschäden, die nun dem Club, ja dem Golfsport weltweit bevorstünden.
    Eschenbach langweilten die Ausführungen. Er sehnte sich nach einem kühlen Bier.
    »Gibt es hier vielleicht etwas zu trinken?«
    Der Dürre im Blazer, der in seinem Redeschwall unterbrochen wurde, schaute ihn an, als hätte man ihn gerade geohrfeigt.
    »Ich hole Ihnen ein Wasser, und dann fahren wir zu Loch 15, zum Toten. Ihre Kollegen arbeiten schon über eine Stunde und rekonstruieren den Fall.«
    Der letzte Satz hatte etwas Vorwurfsvolles.
    Als Eschenbach seine Ermittlungen auf dem Golfplatz abschloss, war es kurz vor halb zehn. Er fühlte sich ausgelaugt und müde.
    Seine Leute hatten die Zufahrt zum Golfplatz gerade noch rechtzeitig abgesperrt, um den Kleinbus von Tele Zürich aufzuhalten, der mit zwei Filmteams angereist war. Die Leute von der Presse reagierten sauer, was er verstehen konnte. Die Autos der Clubmitglieder, die sich durch das Chaos den Heimweg suchten, wurden aufgehalten, Kameras surrten vor getönten Fensterscheiben.
    »Wenn Sie nicht Platz machen, fahr ich Sie über den Haufen!«, fauchte ein älterer Herr mit hochrotem Kopf und Stirnglatze durch das spaltbreit geöffnete Fahrerfenster seines Jaguars. Weiter hinten ertönte die Hupe eines Mercedes der S-Klasse.
    Einzig die Kühe weideten friedlich hinter dem Elektrozaun und ließen sich durch das Spektakel nicht aus der Ruhe bringen.
    Auf der Terrasse des Clubrestaurants, die einen herrlichen Blick auf den Zürichsee und die Glarner
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