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Im Sog der Sinnlichkeit

Im Sog der Sinnlichkeit

Titel: Im Sog der Sinnlichkeit
Autoren: Anne Stuart
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selbst befreien konnte, falls er nicht zurückkäme. Es gab keine Garantie, dass er erfolgreich wäre, aber früher oder später würde der Skorpion mit Verstärkung hier eindringen. Auch wenn er seinen Schwager hasste, hatte er nicht den geringsten Zweifel daran, dass Lucien de Malheur diese verderbten Aristokraten und ihren blutrünstigen Anführer unschädlich machen würde.
    Sie sah so schön und friedlich aus, und er wünschte bei Gott, er könne mit ihr fliehen und den Rest Lucien überlassen. Aber das brachte er nicht über sich. Er hatte es ihr versprochen, und selbst wenn dies nicht so wäre, könnte er ein schutzloses Kind nicht der Willkür dieser Ungeheuer überlassen.
    Er richtete sich auf. Und bevor er seine Meinung ändern konnte, wandte er sich ab, durchquerte die Höhle und eilte durch das Gewirr unterirdischer Gänge dem murmelnden Stimmengewirr entgegen, das allmählich lauter wurde.
    Melisande wartete, bis seine Schritte verklungen waren, ehe sie die Augen aufschlug. Sie sollte wütend auf ihn sein, aber dazu war sie nicht fähig. Sie setzte sich auf, betastete mit gefesselten Händen ihr Kinn, bewegte es ein wenig. Es schmerzte. Er hatte hart zugeschlagen und ihre Ohnmacht war nicht gespielt. Als er sie aber auf die Arme gehoben hatte, kam sie benommen zu sich, war jedoch klug genug, um zu wissen, dass sie den Kampf gegen ihn verlieren würde, mochte sie sich auch noch so erbittert zur Wehr setzen. Dadurch hätte sie ihn nur daran gehindert, Betsey hoffentlich noch rechtzeitig zu finden. Sie hielt die Augen geschlossen, als er sie in die Nische trug und ihr die Handgelenke fesselte. Hielt die Augen auch geschlossen, als er sie küsste, so süß und innig wie nie zuvor.
    Er hatte sie „meine Liebste“ genannt. War es ihm ernst damit? Es blieb keine Zeit, darüber zu grübeln. Wenn er sie liebte, würde sie ihm den Faustschlag verzeihen. Wenn nicht, würde sie ihn umbringen.
    Sie zerrte an den Fesseln um ihre Handgelenke, benutzte die Zähne, der Knoten ließ sich erstaunlich leicht lösen. Er war also entschlossen, seinen Bruder zu rächen und sein Leben aufs Spiel zu setzen, aber um sie kümmerte er sich einen Dreck, ließ sie verschnürt wie einen sonntäglichen Rollbraten in dieser Höhle liegen. Man hatte sie nackt auf einen Tisch gebunden, widerliche Hände hatten sie begrapscht, und sie hatte in ihrem maßlosen Ekel alles getan, um das Gefühl dieser Hände loszuwerden. Und ihm war das höchst wirkungsvoll gelungen. Unter dem kratzenden Wollstoff der Mönchskutte spürte sie seinen klebrigen Samen an ihren Schenkeln. Und sie überlegte, ob sie ein heißes Bad nehmen sollte, wenn sie endlich zu Hause war, oder ob sie ihn und seinen Geruch bewahren sollte im Wissen, dass er sie nie wieder berühren würde.
    Sie kam mühsam wankend auf die Beine und schüttelte ihre Benommenheit ab, sie durfte sich keine Schwäche erlauben und eilte hinter ihm her. Der Felsboden fühlte sich kalt an unter ihren nackten Füßen. Als sie die Tafel passierte, wo man sie nackt und gefesselt zur Schau gestellt hatte, überkam sie plötzlich quälender Hunger. Im Vorbeigehen griff sie nach einer Rebe Weintrauben und aß davon. Kein Mensch würde sie je in die Knie zwingen, was man ihr auch antun mochte! Und wenn sie zu Boden ging, würde sie sich wieder aufraffen und weiterkämpfen. Nie im Leben würde sie sich von einem Pack perverser Aristokraten terrorisieren lassen.
    Es kümmerte sie nicht, aus welchem Grund Benedick ihr zu Hilfe geeilt war; sie war nur froh, dass er gekommen war. Sie war immer noch erhitzt von der leidenschaftlichen Vereinigung, sein würziger Geruch haftete an ihr. Sie würde die Mönchskutte behalten, überlegte sie, auch wenn sie das Symbol dieser gottlosen Wüstlinge war, deren Treiben sie ein Ende bereiten würde. Der raue Stoff roch nach Rohan, und wie ein liebeskrankes junges Mädchen wollte sie das Andenken an ihn bewahren.
    Aus der Ferne drangen monotone Gesänge an ihr Ohr. Rohan schien spurlos verschwunden. Hatten sie ihn so schnell aufgegriffen? Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. Hatte man ihn gleichfalls gefesselt, um ihn einer obskuren heidnischen Gottheit als Blutopfer darzubringen? Sie wagte kaum zu atmen, hoffte inständig, es sei noch nicht zu spät. Es war sträflicher Leichtsinn gewesen, ihn aufzuhalten, um mit ihm … wie würde er es nennen? Mit ihm zu vögeln. Denn das war es, was sie getan hatten, schlicht und einfach. Nun, schlicht und einfach war diese
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