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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht
Autoren: Linda Howard
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Zimmer räumen musste.
    Nun war es an Mr Harris, sich zu räuspern. »Ich werde dann mal ... ähm ...« Er sah sich deutlich verlegen um.
    Cate vermutete, dass er nicht wusste, wo er seinen Kaffeebecher abstellen sollte, und sagte mit ausgestreckter Hand: »Ich nehme ihn. Danke, dass Sie vorbeigeschaut haben. Ich wünschte, ich dürfte Sie dafür bezahlen.«
    Er schüttelte störrisch den Kopf und reichte ihr den Becher. Entschlossen, von nun an freundlicher zu sein, fuhr sie fort: »Ich weiß wirklich nicht, was ich ohne Sie tun würde.«
    »Wir wissen alle nicht mehr, wie wir zurechtgekommen sind, bevor Cal hergezogen ist«, sagte Sherry fröhlich. Sie trat an die Spüle und begann den Geschirrspüler zu beladen. »Ich schätze, wenn was zu reparieren war, haben wir einfach eine Woche oder länger gewartet, bis jemand aus der Stadt kam.«
    Cate war etwas überrascht; sie hatte gedacht, dass Mr Harris hier geboren sei. Jedenfalls fügte er sich in die Gemeinschaft, als hätte er sein ganzes Leben hier verbracht. Wieder merkte sie, wie ihr vor Scham die Kehle eng wurde. Sherry sprach ihn mit seinem Vornamen an, während Cate ihn grundsätzlich Mr Harris genannt hatte, womit sie ihn automatisch auf Distanz gehalten hatte. Sie wusste selbst nicht, warum sie ihn nicht näher an sich herankommen lassen wollte, aber so war es nun mal.
    »Moommmy!«, krähte Tucker von oben. »Die Zeit ist um!«
    Sherry lachte leise, und Cate sah ein leises Lächeln um Mr Harris’ Lippen spielen, während er sich mit einem angedeuteten Salut von Sherry verabschiedete und seine Werkzeugkiste aufnahm, offensichtlich darauf bedacht, das Haus zu verlassen, bevor die beiden Jungs wieder herunterkamen.
    Cate verdrehte die Augen zum Himmel, bat im Stillen um ein paar Minuten Ruhe und Frieden und trat dann in den Flur. »Sag Tanner, dass er jetzt aufstehen darf.«
    »Su-pah!« Dem glückseligen Ruf folgte das Donnern hüpfender Kinderfüße. »Tannah! Mommy hat gesagt, du kannst aufstehen! Komm, wir bauen ein Fort und verbawwikadian uns dwin!« Voller Begeisterung für das neu gefundene Spiel rannte er in das Kinderzimmer zurück.
    Cate war hin- und hergerissen zwischen einem leisen Schmunzeln über seine nach Zeichentrickfilm klingende Aussprache und der Verwunderung über seine Wortwahl. Verbarrikadieren? Wo hatte er das aufgeschnappt? Vielleicht hatten sie im Fernsehen alte Western angeschaut; sie musste unbedingt genauer darauf achten, womit sie sich die Zeit vertrieben.
    Sie warf einen Blick in den Speiseraum: er war leer; der morgendliche Ansturm war bewältigt. Nachdem sie und Sherry den Speiseraum und die Küche sauber gemacht hatten und Mr Layton seine Sachen abgeholt hatte, würde sie sein Bett frisch beziehen und sein Zimmer aufräumen, dann hätte sie noch den halben Tag frei, um alles für den Besuch ihrer Mutter vorzubereiten.
    Mr Harris war gegangen. Cate stellte sich neben Sherry, um ihr mit dem Geschirr zu helfen, und stieß sie mit der Hüfte an. »Also, was ist da mit dir und Mr Harris? Läuft etwas zwischen euch?«
    Sherry klappte den Mund auf und sah Cate fassungslos an. »Guter Gott, nein. Wie kommst du denn auf die Idee?«
    Ihre Reaktion wirkte so echt, dass Cate sich dumm vorkam, weil sie voreilige Schlüsse gezogen hatte. »Immerhin hat er mit dir gesprochen.«
    »Also ehrlich, Cal spricht mit vielen Leuten.«
    »Nicht soweit ich gesehen hätte.«
    »Er ist nur ein bisschen schüchtern.« Das war wohl die Untertreibung des Monats. »Außerdem bin ich alt genug, um seine Mutter zu sein.«
    »Bist du nicht - es sei denn, du warst wirklich extrem frühreif.«
    »Na schön, das ist übertrieben. Ich mag Cal - sehr sogar. Er ist klug. Er hat vielleicht keinen College-Abschluss, aber er kann praktisch alles reparieren.«
    Da konnte Cate nicht widersprechen. Was im Haus auch gerichtet werden musste, Mr Harris konnte es reparieren, von Schreinerarbeiten über die Elektrik bis zu Klempnerarbeiten. Wenn es nötig war, sprang er auch als Mechaniker ein. Falls jemand der geborene Allround-Handwerker war, dann war es Mr Harris.
    Als sie vor zehn Jahren mit ihrem Diplom in Marketing vom College gekommen war, hatte sie auf Menschen herabgesehen, die körperlich arbeiteten. »Leute mit aufgenähtem Namensschild«, wie sie in ihren Kreisen bezeichnet wurden, aber mittlerweile war sie älter und klüger, so hoffte sie wenigstens. Die Welt brauchte alle möglichen Menschen, um sich weiterzudrehen, sie brauchte Menschen, die etwas planten,
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