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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht
Autoren: Linda Howard
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Treppe hinunter und hoffte, dass Sherry nicht von einem unerwarteten Ansturm an Gästen überrascht worden war, während sie oben mit den Zwillingen zugange war. Als sie sich der Küchentür näherte, hörte sie Sherrys fröhlich glucksende Stimme. »Ich hab’ mich schon gefragt, wie lange du mit dem Kopf unter der Spüle bleiben würdest.«
    »Ich hatte Angst, dass ich auch den Hintern voll bekomme, wenn ich mich einmische.«
    Cate kam abrupt zum Stehen und riss verdattert die Augen auf. Das hatte Mr Harris gesagt? Mr Harris? Und zu Sherry? Sie konnte sich vorstellen, dass er so etwas -möglicherweise - zu einem anderen Mann sagte, aber wenn er mit einer Frau sprach, bekam er sonst kaum zwei Worte heraus, ohne knallrot anzulaufen. In seiner Stimme schwang eine Leichtigkeit, wie sie Cate noch nie bei ihm gehört hatte und die ihr das Gefühl gab, ihren Ohren nicht trauen zu können.
    Mr Harris ... und Sherry? Hatte sie da etwas verpasst? Das war doch nicht möglich; die Vorstellung, dass die beiden sich finden könnten, war zu absurd, um wahr sein zu können ... wie Lisa Marie und Michael Jackson.
    Was wiederum bewies, dass nichts unmöglich war.
    Sherry war älter als Mr Harris, etwa Mitte fünfzig, aber das Alter sah man ihr kaum an. Sie war außerdem eine attraktive Frau, üppig, aber voller Kurven, mit rötlichem Haar und einer warmherzigen, offenen Persönlichkeit. Mr Harris war - ehrlich gesagt hatte Cate keine Ahnung, wie alt er war. Irgendwas zwischen vierzig und fünfzig schätzungsweise. Sie sah ihn im Geist vor sich; er sah älter aus, als er wahrscheinlich war, und zwar nicht, weil sein Gesicht so faltig gewesen wäre. Er gehörte zu den Menschen, die schon erwachsen auf die Welt kamen, die scheinbar schon alles gesehen haben. Wenn sie es recht überlegte, war er unter Umständen noch nicht einmal vierzig, sein Körper wirkte jedenfalls ausgesprochen jugendlich. Sein zerzaustes Haar, dessen Farbe irgendwo zwischen braun und mausgrau schwankte, war immer zu lang, und sie hatte ihn noch nie ohne seine ölverschmierte, ausgebeulte Latzhose gesehen. Er war so schlaksig, dass die Latzhose lockerer an seinem dünnen Leib saß als die Moral einer Prostituierten.
    Cate spürte einen seltsamen, neidischen Stich, als sie die beiden so gelöst plaudern hörte; ihr gegenüber war er so schüchtern, dass sie es meist vermied, ihn anzusehen oder ihn anzusprechen, weil sie ihn nicht unter Druck setzen wollte; jetzt hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil es einfacher gewesen war, sich ihm zu entziehen, als ihn aus seiner Schüchternheit zu locken, wie Sherry es offensichtlich getan hatte. Cate hätte sich ebenfalls um ihn bemühen sollen, sie hätte sich bemühen sollen, mit ihm Freundschaft zu schließen, so wie sich alle bemüht hatten, mit ihr Freundschaft zu schließen, als sie damals die Pension übernommen hatte. Sie war wirklich eine tolle Nachbarin!
    Sie trat in die Küche, als beträte sie ein ihr unbegreifliches Schattenreich. Mr Harris zuckte sichtlich zusammen, als er sie sah, und sein Gesicht wurde knallrot, als ahnte er, dass Cate sie belauscht hatte. Cate zwang sich, an Mr Laytons eigenartiges Benehmen zu denken und nicht mehr darüber nachzusinnen, dass sich eventuell vor ihrer Nase eine Romanze entspann. Der Gedanke ließ sie unwillkürlich schlucken. Sie räusperte sich. »Der Gast
    aus Nummer drei ist aus dem Fenster geklettert und verschwunden«, sagte sie und zog die Schultern hoch zu einer »Ich habe keine Ahnung, was das verflixt noch mal soll«-Geste.
    »Aus dem Fenster?«, wiederholte Sherry verwirrt. »Warum das denn?«
    »Das weiß ich nicht. Seine Kreditkartennummer habe ich, also kann er schlecht die Zeche prellen. Und sein Gepäck ist noch hier.«
    »Vielleicht wollte er nur aus dem Fenster klettern, um sich etwas zu beweisen.«
    »Vielleicht. Oder er spinnt.«
    »Oder das«, stimmte Sherry zu. »Wie viele Nächte bleibt er hier?«
    »Er war nur die letzte Nacht da. Um elf müssen die Zimmer geräumt werden, er müsste also bald zurück sein.« Nur wollte ihr beim besten Willen nicht in den Kopf, wohin er verschwunden sein konnte, wenn er nicht gerade den plötzlichen Drang verspürt hatte, das Tierfuttergeschäft aufzusuchen. In Trail Stop gab es weder Läden noch Restaurants; wenn er frühstücken wollte, hätte er das hier tun müssen. Die nächste Ortschaft war eine Stunde mit dem Auto entfernt, er hatte also keine Zeit, dorthin zu fahren, zu essen und zurückzukommen, bevor er sein
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