Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Verraeters

Im Schatten des Verraeters

Titel: Im Schatten des Verraeters
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
sich verändert.
Nicht die kleinste Kleinigkeit. Selbst der Bunker, den die Deutschen
zur Bewachung des Piers gebaut hatten, stand noch da; der Beton
krümelte an den Rändern ein bißchen ab. Alles was
fehlte, waren die Landungsboote im Hafen und die Naziflagge über
dem Rathaus.

      Der Junge ging ihm voran zwischen
großen, weißgekalkten Häusern hindurch, in
entgegengesetzter Richtung des Hafens. Ein- oder zweimal kamen sie an
jemand vorüber, der auf der Türschwelle hockte, aber im
großen ganzen waren die Straßen verlassen.

      Das Hotel nahm die eine Seite eines
winzigen, kopfsteingepflasterten Platzes ein, die Kirche lag
gegenüber. Draußen standen mehrere Holztische, aber
nirgendwo waren Gäste zu sehen. Lomax nahm an, daß sich der
Ort wohl erst am Abend beleben würde.

      Er folgte dem Jungen in einen
großen, mit Steinfliesen belegten Raum mit niedriger Decke. Dort
standen weitere Tische und Stühle; in einer Ecke gab es eine Bar
mit Marmorplatte, dahinter Reihen von Flaschen auf Holzregalen.
      Yanni stellte die Segeltuchtasche und
die Schreibmaschine ab und verschwand durch eine Tür im
Hintergrund. Nach der Hitze draußen war es hier kühl und
angenehm. Lomax lehnte sich gegen die Bar und wartete.
      Er konnte Stimmengemurmel hören,
und dann erhob sich die Stimme eines Mädchens, hoch und zornig.
»Immer lügst du mich an!« Lomax hörte das
Geräusch einer Ohrfeige; dann kam Yanni mit gesenktem Kopf
herausgerannt, ein junges Mädchen in blauem Kleid und weißer
Schürze verfolgte ihn.
    Sie blieb abrupt stehen, als sie Lomax sah, und der
Junge machte eine dramatische Geste. »Da - spreche ich vielleicht
nicht die Wahrheit?«
      Die Kleine mochte sechzehn oder
siebzehn sein, sie hatte ein rundes, hübsches Gesicht und kam nun
auf ihn zu, wobei sie sich an der Schürze Mehl von den Händen
wischte.
      Sie blieb vor ihm stehen und sah ihn
hilflos an, ihr Gesicht war kirschrot vor Verlegenheit. Lomax
lächelte. »Schon gut. Ich spreche griechisch.«
      Ihr Gesicht drückte sofort
Erleichterung aus. »Sie müssen mich entschuldigen, aber
Yanni ist ein solcher Lügner, und er ist bei mir hereingeplatzt,
als ich mitten im Backen war. Was kann ich für Sie tun?«
      »Ich hätte gern ein
Zimmer«, antwortete er. »Yanni hat mir gesagt, dies sei das
beste Hotel in der Stadt.«

      Sie sah drein, als wüßte
sie nicht, was sie sagen sollte, und so fügte er freundlich hinzu:
»Sie haben doch sicher ein Zimmer zur Verfügung, nicht
wahr?«
      »O ja«, versicherte sie.
»Ich bin nur überrascht, das ist alles. Auf Kyros haben wir
selten Touristen. Ich muß frische Bettwäsche herausholen und
die Matratze lüften.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er. »Es eilt nicht.«

      Er nahm eine Banknote aus der
Brieftasche und reichte sie Yanni. Der Junge prüfte sie eingehend,
und seine Augen weiteten sich. Er warf einen sehnsüchtigen Blick
auf die offene Tür, seufzte und streckte Lomax zögernd den
Schein hin.
    »Ich glaube, Sie haben sich geirrt, Mister. Es ist zuviel.«

      Lomax schloß die Hand des
Jungen über der Banknote. »Sagen wir, es ist eine
Vorauszahlung für kommende Dienste. Möglicherweise brauche
ich dich noch.«

      Yannis Gesicht verzog sich zu
entzücktem Grinsen. »Ah, Mister, ich mag Sie. Sie sind mein
Freund. Hoffentlich bleiben Sie lange auf Kyros.«
    Er pfiff dem Hund und rannte durch die Tür auf den Platz
    hinaus. Lomax nahm Reisetasche und Schreibmaschine in die Hände und wandte sich dem Mädchen zu.
      »Er ist einfach
unmöglich«, sagte sie, während sie ihm voran in einen
weißgekalkten Korridor hinausging.
    »Er scheint recht gut englisch zu sprechen.«

      Sie nickte. »Nachdem seine
Eltern ertrunken waren, wohnte er auf Rhodos bei der Familie seiner
Mutter. Vermutlich hat er dort alles mögliche von den Touristen
aufgeschnappt.«

    »Wer kümmert sich jetzt um ihn?«
      »Er wohnt bei seiner
Großmutter in der Nähe des Hafens, aber sie kann nicht viel
für ihn tun. Sie ist zu alt.«
      Sie stiegen eine enge Holztreppe
empor und bogen in einen Korridor ein, der offenbar die volle
Länge des Gebäudes hatte. Am unteren Ende blieb das
Mädchen vor einer Tür stehen. »Es ist ein sehr
einfaches Zimmer. Das verstehen Sie hoffentlich?«

    Er nickte. »Mehr will ich gar nicht.«
      Sie öffnete die Tür und
trat ein. Das Zimmer war einfach möbliert mit einem Messingbett,
einem Waschtisch und einem alten Schrank. Wie auch sonst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher