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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes
Autoren: Cynthia Felice
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Schuhwerk erhält. Sie wird uns begleiten.“
    „Ja, Kaufmann“, sagte der Sklave.
    Während Rellar und Baltsar ihre Unterhaltung fortsetzten, folgte ich dem Sklaven und schaute ihm zu, wie er in den Proviantpacken herumsuchte und ungesponnene Wolle, leinene Bandagen und Umhüllungen aus Leder hervorholte. Er zog mir meine modischen Stiefel von den Füßen und begutachtete die Fußbandagen. Damit unzufrieden, entfernte er die Bandagen und umwickelte meine Füße statt dessen mit dünnen, locker gestrickten Tuchstreifen. Darum verteilte er gleichmäßig die Wollflocken, welche schließlich durch weitere Bandagen befestigt wurden.
    „Meine Füße sind ja größer als deine“, stellte ich fest, als die gleiche Prozedur wiederholt wurde und zusätzliche Woll- und Stofflagen um meine Füße gewickelt wurden.
    Der Sklave lachte und blickte mir in die Augen. Das war das erste Mal, daß ich die Falten in den Augenwinkeln eines Sklaven als Zeichen der Belustigung interpretierte. Die Bewegung der pelzlosen Lider überdeckte einen Teil des häßlichen Weiß, das die kleinen grauen Iris umgab. Er war mir so nahe, daß ich winzige schwarze Adern in seinen Augäpfeln und den grauen Muskel sehen konnte, der die inneren Augenwinkel ausfüllte. Oder waren das Nerven? Der scharfe Kontrast zwischen dem Weiß und den Iris des Augapfels ließ seinen Blick dreist erscheinen. Er wendete sich wieder seiner Arbeit zu. Seine dicken Finger waren geschickt und sanft, als er die Bandagen in einer sauber geordneten Reihe an meinem Bein hinaufflocht. Als er den Überstiefel anzog, legte er die Falten so über die Bandagenknoten und verknüpfte sie so, daß die einzelnen Windungen nicht auf die Bandagenknoten drückten.
    „Sind sie bequem?“ fragte er, während er meinen Knöchel und die Innenseite meiner Füße drückte. „Die Bandagen dürfen nicht zu fest sein, sonst erfrieren Eure Füße.“
    „Es fühlt sich angenehm an“, entgegnete ich und drehte meine Füße hin und her, „aber meine Füße sehen aus wie kleine Fässer.“
    Wieder lachte er, und diesmal bildete die Haut um seine Augäpfel einen dreieckigen Rahmen. Treuherzige Augen. „Wir werden über Eis und durch Schnee wandern, und Ihr werdet für die dicken Polster dankbar sein.“ Er hob die Stiefel hoch, mit denen ich gekommen war. „Ich werde die zu meiner Traglast packen.“
    Ich nickte und schaute ihm nach, als er sich entfernte. Der gestraffte und gerade Rücken und die schweren Schritte des Sklaven Teon waren geradezu königlich.
    Er stopfte meine Stiefel in seinen Lastsack, dann schob er die Arme durch die Riemen. Die Last erschien überschwer, aber er hob sie mühelos hoch. Baltsar und die anderen Sklaven waren ebenfalls aufbruchsbreit. Ich verabschiedete mich von Rellar, und dann begannen wir unsere lange Wanderung.
     
    Unser Pfad über das Plateau mit der Stadt verlief in Serpentinen, denn die Brücken über die Schluchten waren seit den Kämpfen mit den Soldaten des Erobererkönigs im vergangenen Sommer nicht wieder aufgebaut worden. Ich empfand dies als einen beschwerlichen Weg, doch als wir ins Gebirge gelangten, sehnte ich mich nach dem weichen Moos, das auf dem Plateau gedieh. Wir stolperten über nasse, scharfkantige Felsen, bis wir die Schneegrenze erreichten. Dann wechselten sich die kräftigsten Sklaven dabei ab, Stufen in den Schnee zu treten. Jeder Schritt brachte uns höher in die tückische Bergregion.
    Die große Höhe machte mir das Atmen immer schwerer, während die kalte Luft in meine Lungen schnitt. Der Pelz unter meiner Nase und um meinen Mund war bereift, und ich mußte meine Ohren unter die Kapuze schieben, damit sie nicht erfroren. Meine Beine schmerzten von der ungewohnten Belastung. Als Kind hatte ich größere Strapazen ertragen, war ich doch mit meinem Nomadenstamm ständig auf der Wanderung. Nun führte ich schon seit langer Zeit das Leben eines Stadtbewohners, und ich war ziemlich außer Form. Jedoch war es eine Frage des Stolzes für mich, die Karawane des Kaufmanns nicht aufzuhalten, daher beklagte ich mich nicht oder bat um eine Rast. Statt dessen fragte ich mich, wie es mit meinem Stolz wohl aussehen mochte, wenn ich nicht mehr die Kraft aufbrachte, noch einen weiteren Schritt zu tun, und in den Schnee stürzte. Einmal verfehlte ich eine Stufe, und mein Fuß glitt aus, und ich wäre beinahe Kopf über Schwanz den steilen Abhang hinuntergestürzt. Ich schaute hinab auf die düsteren Linien der Flachlandschluchten und stellte mir
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