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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes
Autoren: Cynthia Felice
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Herrschaft beendete. Dennoch zuckte der Schwanz seines kämpf steifen Schwanzes herausfordernd, und fast glaubte ich, ich könnte ihn schreien hören, das Gott-Ding möge näher kommen, um mit seinen Zähnen und Krallen Bekanntschaft zu machen. Er glaubte nicht an die Überlebensschuld, mit der Tarana ihn zu vergiften versucht hatte. Er hatte niemals aus Willkür geplündert oder zerstört; Kriegszüge waren für ihn ein Mittel, das Königreich für die Zukunft zu festigen, zu organisieren und zu erhalten, und er war bereit, den Göttern selbst entgegenzutreten, von königlicher Wut über ihren Mangel an Verständnis für seine Absichten erfüllt. Er würde gegen sie kämpfen, und das sogar in einem Moment, in dem er die Erfüllung seines unheimlichen Traumes erkennen mußte.
    Doch Adriana war kein Gott, nicht mehr als eine Kreatur, die von Urängsten erfüllt war – einer Angst, die von irgend etwas in ihrer Vergangenheit genährt wurde, von einer üblen Erfahrung vielleicht. Bewirkt durch die Götter? Ich überlegte. War selbst diese fremde Sterbliche ein Werkzeug in der Hand einer höheren Macht?
    „Nein!“ schrie ich. „Wir sind keine Puppen!“ Ich führte das Mikrofon an den Mund und kreischte hinein. „Glaubst du denn, die Tatsache, daß du Teon in dein Bett geholt hast, hat ihn weniger zum Sklaven gemacht, nur weil du ihn geliebt und gestreichelt hast? Du bist nicht viel anders als eine gottverdammte Katze! Es gibt keine Freiheit für jene, die die Freiheit leugnen …“
    Das Licht, das meinen Herrscher umflossen hatte, verschwand augenblicklich, und ich konnte weder ihn noch die Festung erkennen. Unser Schiff schüttelte sich, und als ich stolperte, begriff ich, daß Joan an den Kontrollen hantierte. Adrianas Schiff war durch die Cockpitfenster zu sehen. Ein Teil des Rumpfs, die Scheinwerfer eingeschlossen, war sauber abgeschnitten worden. Trotz der Beschädigung jagte es hoch und ließ hinter sich eine Rauchspur zurück.
    „Erwischt“, sagte Joan. Seine Stimme klang bitter und überhaupt nicht triumphierend.
    „Warum hat sie nicht gefeuert?“ fragte Hanalore. „Sie hatte genügend Zeit.“
    Joan strich sich mit den Fingern durchs Haar, dann wischte er sich mit dem Handrücken über die Stirn. „Ich folge ihr“, flüsterte er und glitt bereits an der Rauchspur entlang, die sich über dem Moor verlor.
    Ich blickte zurück und sah die Fackeln auf den Brustwehren wie kleine funkelnde Sterne, doch dann schirmten Entfernung und Dunst ihr Leuchten ab. Die Festung war gerettet. Warum hatte Adriana gezögert? Hatte sie vielleicht auf ihrem Infrarotschirm gesehen, wie viele Leute in der Festung lebten? Hatte sie bemerkt, daß mein Herrscher keine Waffen bei sich trug? Oder hatte einer jener wunderbaren Schalter versagt? Ich sah Teon an. Er starrte auf das Laser-Com, das ich immer noch in der Hand hielt. Dann trafen sich unsere Blicke, und wir wußten Bescheid.
    „Zieh hoch! Zieh hoch!“ Es war Hanalores Stimme, aber es war nicht Joan, den sie meinte. Ein Schweif aus Rauch und Dampf wehte von den Klippen am Rand der Stadt zum Meer hinab, gefolgt von einem silbrigen Fleck. Dann war da kein Rauch mehr, nichts als die gischtende See, und die beruhigte sich schnell. Nach wenigen Minuten konnten wir nicht einmal mehr feststellen, wo genau der Luftroder ins Meer gestürzt war. Traurig umkreisten wir den Schauplatz der Tragödie.
    „Was haben wir getan?“ fragte Hanalore. Ihre Stimme klang nahezu hysterisch. Joan schüttelte den Kopf und strich Hanalore mit der Hand über den Rücken. Sein Fleisch war im Kontrast zu dem möwengrauen Ärmel aschfarben.
    „Sie hat uns keine andere Wahl gelassen“, erklärte Joan mit Nachdruck. Doch Hanalore schwieg.
    „Sag ihnen, sie sollen uns rauslassen“, bat Baltsar, als die Tafellandstadt wieder in Sicht kam.
    Ja, dachte ich. Wir sollten heimkehren, da sich doch unser Schicksal erfüllt hat. Ich habe das Gottesfeuer gesehen und sogar die Götter durch den Himmel und die Hölle verfolgt. Nun wollte ich meine Kinder sehen, den Salzwind riechen und meine Füße auf die nassen Steine der Stadtstraßen setzen und gehen, wohin ich wollte. Ich möchte meinen König sehen, und zwar ohne Tod und Vernichtung in seinen Augen. Ich bin Schicksal und Träume und Bestimmung ein für allemal leid.
    Der hintere Teil meines Gehirns war einverstanden und teilte mir mit, daß niemand mir vorwerfen würde, daß ich Tarana am anderen Ende der Welt im Stich gelassen hatte, vor allem nicht
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