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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Autoren: Richard Dübell
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ausgelacht wegen seiner Visage, und seine Hand heilt so schlecht, dass ich mir selber Sorgen mache.«
    »Ich habe mich doch schon entschuldigt. Ich hab’s ja nicht absichtlich getan …«
    »Weiß ich doch, weiß ich doch. Aber du hast so schrecklich geschrien … und das gerade in der Nacht, nachdem Walter wieder mal in der Schöffenstube antanzen musste. Er hatte Angst, dass man dich bis nach draußen hört und dass dann die Schwierigkeiten erst anfangen.«
    »Hildegard, du weißt doch, was sie mir …«
    »Er hätt dir nich’ den Mund zuhalten sollen, hast ja Recht. Aber was sollte er machen? Und dass du so auf ihn losgegangen bist, war auch nich’ richtig.«
    »Ich habe doch gar nicht gewusst, was ich tue. Ich war doch noch mitten im Traum.«
    Hildegard zog ihre Schwester wieder zu sich heran und hielt sie fest.
    »Arme Kleine«, brummte sie, »arme Kleine, was machen wir nur mit dir? So müde siehst du aus. Leg dich hin und schlaf, bevor hier der Rummel losgeht.«
    »Glaub mir, Hildegard, wenn ich wüsste, dass ich aufwachen kann, bevor die Träume kommen – ich würde ein ganzes Jahr lang schlafen, und nicht mal die Posaunen des Jüngsten Gerichts würden mich wecken.«

Kapitel 4.
    D as Rumoren der Brüder weckte Rinaldo. Er blinzelte in die Dunkelheit. War es schon Morgen? Er hatte doch kaum geschlafen! Rinaldo horchte mit jener Verwirrung in die Finsternis, die jeder kennt, der sich zur Unzeit aus dem Schlaf gerissen fühlt. Maledetto, so einen Lärm hatten die Mönche bis jetzt noch nie vollführt! Wurde das Kloster angegriffen? Rinaldo stellte fest, dass er zu erschlagen war, um sich darüber aufzuregen.
    Die wievielte Nacht war das nun? Die vierte? Fünfte? Der Gleichklang des Lebens hinter den Klostermauern (der nur heute nicht zur Geltung zu kommen schien) hatte Rinaldos Zeitempfinden schon gelähmt, oder lag es vielmehr daran, dass er gar nicht wissen wollte, wie lange er schon hier lag und die Tage vertrödelte und darauf wartete, dass die Mönche mit dem Gesetz der Gastfreundschaft für eine Nacht Ernst machten und ihn vor die Tür setzten?
    Langsam kam ihm zu Bewusstsein, dass es tatsächlich noch mitten in der Nacht war. Irgendetwas musste geschehen sein. Die Klosterbrüder bewegten sich sonst schweigend; das Einzige, was man von ihnen hörte, war das Klatschen ihrer Ledersandalen. Nicht dass sie unfreundlich wären, madonna, nein. Sie schienen nur einer Regel zu folgen, die da lautete: Sprich nicht mit den Menschen von draußen. Rinaldo nahm es ihnen nicht übel; er hatte genug zu denken, als dass er auch noch Gespräche mit einem mageren Klosterbruder hätte führen wollen über die Lehren des Aristoteles, oder dass man Obstbäume am besten bei Neumond schnitt, oder warum er nicht selbst dem sündigen Leben entsagte und zum Dienst an Gott in eine Klostergemeinschaft eintrat.
    Mit dem Erwachen kam der leise Schmerz, der Rinaldos hartnäckiger Begleiter während des Tages war. Der gerissene Sattelgurt und der scheinbar harmlose Sturz vom Pferd vor ein paar Jahren … damals hatte er sich noch Sorgen gemacht, ob die Dame, die ihn begleitet hatte, unverletzt geblieben war. Das war der Fall gewesen, und sie hatten darüber gelacht und den Umstand, dass sie übereinander im Gras zu liegen gekommen waren, gleich genutzt. Nur dass sich in den Wochen darauf ein schleichender Schmerz in Rinaldos Lenden bemerkbar gemacht hatte, der an manchen Tagen kaum zu spüren, an anderen aber so schlimm war, dass Rinaldo es nur gekrümmt auf einer weichen Unterlage sitzend aushielt. Das Lederkorsett, das er bei einem Sattler in Siena in Auftrag gegeben hatte, half (es reckte seine kleine, schmale Gestalt sogar noch in die Höhe, was ein zusätzlicher Vorteil bei den Damen war), doch im Schlaf konnte er es nicht tragen, und heute schien wieder einer jener Tage zu werden, an denen der Schmerz stärker als gewöhnlich an die Tür klopfte.
    Rinaldo horchte in die Stille des Schlafraums unter dem Dach des Hospizgebäudes. Bis gestern hatten die Pilger sich noch gedrängelt und zum Teil zu zweit ein Lager geteilt – heute lag Rinaldo ganz allein unter den Dachbalken. Ihn hatte keiner von den Pilgern gefragt, ob er sich zu ihm legen dürfe. Dabei waren ein paar Frauen darunter gewesen, und als vollendeter Ehrenmann hätte er ein hilfloses Weib natürlich niemals abgewiesen, hahaha … doch sie waren ihm aus dem Weg gegangen und hatten ihn nicht einmal angesprochen. Vielleicht hatten sie ihn für einen Muselmanen
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