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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Autoren: Richard Dübell
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vorübergehen, aber Dein Wille geschehe‹, bitte ich um deinen Gehorsam, Bruder Frede …«
    »Nein, warte!« Ulrich hob die Hände. »Du darfst nicht verlangen, dass Fredegar gegen sein Gelübde verstößt. Ich nehme die Bürde freiwillig auf mich!«
    »Bruder Ulrich, ich erkenne deine Begeisterung für die Rettung unseres Heiligen an, umso mehr, da niemand besser weiß als ich, wie sehr du dich immer dafür eingesetzt hast, dass die Reliquie beerdigt wird und wir den gemeinen Brüdern beibringen, ihren Glauben nicht an Symbolen festzumachen.« Remigius’ Augen funkelten. »Um nicht zu sagen, ich weiß, wie sehr du Sankt Albos sterbliche Reste gehasst hast.«
    »Ehrwürdiger Vater, ich …«
    »Erzähl mir nichts, Bruder Ulrich. Ich bin der Schäfer dieser Herde und erkenne, was meine Schäfchen bedrückt. Du bist nicht der Richtige für diese Aufgabe. Fredegar wird sie übernehmen.«
    »Nein!«, rief Ulrich. »Du machst einen Fehler.«
    »Ich danke dir für die Bereitschaft, Fredegar das Kreuz abzunehmen, Bruder Ulrich, aber …«
    »… auch der Herr Jesus Christus hat es einen anderen tragen lassen!«
    »Das reicht jetzt«, befand Remigius. »Ulrich, ich erinnere dich an die Geschichte, als alle Brüder in die Stadt ausschwärmen mussten, nur weil du …«
    »Diese Geschichte ist maßlos übertrieben worden!«
    »Es ist ein Zeichen …«, sagte Fredegar plötzlich.
    Remigius schloss die Augen. »O bitte, nicht auch noch du.«
    »Ja, Bruder, ein Zeichen!«, jauchzte Emmeran.
    »… das für Bruder Ulrich gemeint ist«, beendete Fredegar unbeeindruckt seinen Satz.
    »Was soll das heißen?« Ulrich stellte fest, dass er und Remigius gleichzeitig gesprochen hatten.
    »Ich bin der Ansicht, hier zeigt sich Gottes Plan am Werk«, erklärte Fredegar. »Der Allmächtige hat Ulrichs Angst vor der Reliquie erkannt, und er will, dass ihr euch aussöhnt. Wie könnte das besser geschehen als indem du ihn aus der Diaspora der Habgier und Gewinnsucht befreist? Der Herr hat den schnöden Dieb als Werkzeug benutzt, um dich und den heiligen Albo einander näher zu bringen, Ulrich!«
    »Aber das ist …«
    »… vollkommen im Einklang mit den heiligen Regeln von Citeaux, ehrwürdiger Vater.«
    »Er wird den Schädel niemals finden. Er hat seit Jahren die Nase nicht aus unserem Kloster hinausgestreckt!«
    »Es kommt auch nicht darauf an, ob der Schädel gefunden wird oder nicht.«
    »Natürlich kommt es darauf an! Der Schädel ist das Symbol für unsere Gemeinschaft und muss erhalten bleiben.«
    Remigius und Fredegar starrten sich an. Ulrich, der seine Zunge nur mit Mühe bezähmte, weil er wusste, dass jedes Wort von seiner Seite Remigius’ Ablehnung nur weiter gefördert hätte, sah, dass die Hände des Priors zitterten. Armer Remigius, dachte er, du hast Angst, dass dein Lebenswerk vom Erfolg eines Versagers wie mir abhängt. Herr, hilf mir. Ob ich auch durch ein dunkles Tal wandle, du bist bei mir, das weiß ich wohl; dennoch fürchte ich mich. Wie um alles in der Welt konnte ich mich nur dazu hinreißen lassen, diese Aufgabe schultern zu wollen? Herr, gib, dass Remigius sich nicht von Fredegar überzeugen lässt.
    Laut hörte er sich sagen: »Ich bitte um die Absolution, ehrwürdiger Vater, damit ich unbelastet losziehen kann.«
    Remigius zerrte hilflos an seiner Kutte.
    »Das ist ein schlechter Traum«, murmelte er.

Kapitel 3.
    I m Traum war da immer die Hand. Sie presste sich auf Barbaras Mund. Sie roch nach Schweiß und nach all den intimen Orten, an denen sie sich in den letzten Wochen aufgehalten hatte, und sie schmeckte bitter nach Leder und Metall. Barbara versuchte zu schreien, brachte aber keinen Laut heraus. Sie hörte ihren eigenen Atem in der Nase pfeifen, spürte ihren Herzschlag und erkannte, wie die Panik in ihr hochschwappte und Todesangst von ihr Besitz ergriff.
    An dieser Stelle wachte Barbara meistens auf. In den ersten Wochen hatte sie festgestellt, dass sie doch geschrien hatte; es gab keine Traumhand, die ihre wirklichen Entsetzensschreie hätte dämpfen können. Mittlerweile hatte sie sich das Schreien abgewöhnt. Vielleicht lag es daran, dass man sogar gegen die Wiederkehr der schrecklichsten Erinnerungen abstumpfte. Sicherlich halfen auch die finsteren Blicke Walters, die sie spürte, wann immer er in ihre Nähe kam, dass Barbara sich zusammenriss. Die Kratzer in Walters Gesicht waren fast verheilt, besser jedenfalls als die Bisswunde in seinem Handballen. Er machte einen weiten Bogen um Barbara, und
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