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Im Schatten des Galgens Kommiss

Im Schatten des Galgens Kommiss

Titel: Im Schatten des Galgens Kommiss
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Whitmen die Entspannung zu finden, die er nach einem harten Arbeitstag im Werk seines Vaters für sich brauchte .. .
    Diese Einstellung Bud Whitmens war aber auch das einzige, womit er aus der Art der alten Whitmens geschlagen war. Ansonsten ein ebenso tüchtiger, wie strebsamer Geschäftsmann gleich seinen Vorfahren, verzieh F. Howard seinem Sohn seine Scheu vor großen Festlichkeiten. Auch war F. Howard Whitmen nicht mehr der jüngste. Zu seinem Gram mußte er sich eingestehen, daß sich einige Gebrechen bei ihm eingestellt hatten. Gebrechen und Krankheiten, die er bis vor wenigen Monaten nur vom Hörensagen kannte . . .
    Einen nicht geringen Schock aber versetzte ihm der Tod seines jüngeren Bruders. Auch Sam, so hatte er seinen um drei Jahre jüngeren Bruder gerufen, hatte anfänglich über die gleichen Symptome geklagt, die seit einigen Monaten nun auch ihn verdrossen. Alle Kunst der Ärzte hatte das Leben seines Bruders nicht mehr retten können. Er war seiner Meinung nach wohl an einem alten Familienleiden gestorben; einem Leiden, das wohl im Blut der Whitmens lag. Zounds!  
    F. Howard Whitmen war zwar kein Hasenfuß, auch fürchtete er sich nicht vor dem Tode. Aber schon halbwegs die Gewißheit zu haben, daß sich in ihm eine Krankheit breitmachte, die ihn eines Tages mitten aus seinem Schaffen hinwegraffen konnte, verdammt, das war nicht angenehm . . .
    Obwohl sich in dieser Hinsicht die ersten düsteren Schatten auf Whitmen-Castle gelegt hatten, ließ sich der Hausherr nichts davon anmerken. Wie immer zuvor, so behielt er auch jetzt noch seinen Tagesrhythmus bei. Wie stets, so erschien er auch jetzt noch jeden Tag in seinem Werk. Lediglich sein Hausarzt erfreute sich eines höheren Honorars bei seinem Patienten. Das war aber auch alles . . .
    Dennoch, wie es auch immer um die Gesundheit F. Howard Whitmens stehen mochte, der hochaufgeschossene Industrielle gedachte seinen Nachlaß schon jetzt im reinen zu wissen. Eigentlich gab es ja nicht viel, was da zu regeln gewesen wäre. Wenn er nicht mehr war, dann würde eben sein Sohn die Stelle einnehmen, die er nun über vierzig Jahre innegehabt hatte. Aber da war noch dieses Girl — Sheila Longden —
    Nur zu gern hätte er gesehen, wenn sein Besitz in der Familie geblieben wäre. Aber sooft er auch in den letzten Tagen die beiden jungen Leute beobachtet hatte, kein Zeichen hatte er erkennen können, daß sich diese beiden Menschen mehr als Bruder und Schwester waren. Heute Abend nun wollte er sich Gewißheit verschaffen, ob sein Besitz zusammenblieb oder in zwei Teile zerfallen mußte.
    Daß das Girl, dessen Vater einmal sein Freund gewesen, und der bei einem Experiment in seinem Werk ums Leben gekommen war — einem Experiment, das heute sein Schlager geworden war — nicht leer ausging, war für einen Mann wie F. Howard Whitmen eine Selbstverständlichkeit.
    Sie sollte das Erbe antreten, welches sich ihr Vater bis heute hätte erwerben können, wäre er nicht . . .
    Wie die etwaige Teilung seines Vermögens vorgenommen werden sollte, hatte er bereits bei einem Notar hinterlassen. Für ihn stand es jedenfalls fest, daß ein Drittel des Vermögens dem Mädchen zustand. Nichts wünschte sich F. Howard Whitmen sehnlicher, als daß es zu einer Verbindung der beiden jungen Menschen käme, und damit das derzeitige Vermögen zusammenblieb. Doch das würde sich ja nun herausstellen . . .
     
    *
     
    Die beiden Menschen, die sich in einem gemütlichen Salon auf „Whitmen-Castle" zur Stunde gegenübersaßen, ahnten nichts von den Beweggründen des Mannes, der sie für diese Stunde hierher gebeten hatte. Eine derartige Zusammenkunft wie diese hier mußte schon einen gewichtigen Grund haben, denn nicht oft kam es vor, daß F. Howard Whitmen seine Kinder — wie er sie nannte —j von ihren abendlichen Vergnügungen abhielt.
    So hatte Sheila Longden den Besuch einiger ehemaliger Collegefreundinnen an diesem Abend abgesagt und die Zusammenkunft auf den nächsten Abend verschoben. Und auch Bud Whitmen war nicht ins Theater gegangen, obwohl er schon die Karte hierfür seit dem Vortage in seiner Tasche trug. Während Sheila Longden dem Kommenden mit ruhiger Gelassenheit entgegensah, schien Bud Whitmen über das abendliche Zusammensein im trauten Familienkreise nicht besonders erbaut zu sein.
    Schon eine ganze Weile war es zwischen den beiden jungen Leuten still geworden. Während Sheila Longden sich in einem Buch vertieft hatte, starrte Bud Whitmen mit verbissenen Zügen in
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