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Im Schatten des Galgens Kommiss

Im Schatten des Galgens Kommiss

Titel: Im Schatten des Galgens Kommiss
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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hatte sich nichts dabei gedacht, als Percy Sanders in dem Salon auf und ab zu wandern begann. Jetzt sah es so aus, als ob sich seine Gutmütigkeit an ihm rächen sollte. Percy Sanders war schon mehrfach bis zu dem Bücherregal gegangen. Nun blieb er daran stehen. Seine Hand zuckte blitzschnell zu dem Regal hin — und ehe Bud Whitmen auch nur eine Bewegung machen konnte, erblickte er in der Hand des Mörders eine Pistole.
    „Aus!" dachte Bud Whitmen, als er die Waffe auf sich gerichtet sah.
    Da!
    Das Fensterglas rechts von ihm zersplitterte. Eine Frauenstimme schrie auf. Herzzerreißend klang der Schrei durch die stille Nacht. Und mitten in diesem Laut brachen sich zwei, drei Schüsse . . .
    Bud Whitmens Augen weiteten sich vor Erstaunen. Er fühlte keinen Schmerz. Er dachte nur, wie leicht doch das Sterben sei. Er stand noch wie gelähmt an der gleichen Stelle, an der ihn eine Sekunde später der tödliche Schuß des gemeinen Mörders hätte treffen müssen. Aber er war nicht getroffen worden. Percy Sanders hatte den Finger an dem Abzug der Waffe nicht mehr durchziehen können.
    Kommissar Morrys Schüsse hatten ihm in der letzten Sekunde die Kraft dazu genommen. Die Projektile aus seiner Dienstwaffe waren dem Mörder in Brust und Oberarm gedrungen. Einmal noch wankte die Gestalt Percy Sanders. Dann knickte sie ein und rollte auf den Boden. Der Mann, der seit jeher im Schatten des Galgens gestanden hatte, lag schwer verwundet vor den Augen Bud Whitmens.
    Er lebte zwar noch, würde auch wieder gesunden. Doch der Weg zum Galgen würde auf ihn warten. Bud Whitmen erwachte aus seiner Erstarrung, als er zwei weiche Frauenarme um seinen Hals spürte. Ein zitternder Mund vor ihm flüsterte die Worte:
    „Verzeih mir, Bud, ich konnte nicht bei den Truros bleiben. Ich mußte zu Kommissar Morry, um ihm dein Vorhaben mitzuteilen."
    „Und das war gut so", mischte sich nun Kommissar Morry ein. Auf seinem Gesicht lag eine tiefe Zufriedenheit — und während er Bud Whitmen die Hand hinreichte, meinte er anerkennend: „Ihnen habe ich dennoch zu danken. Nur durch Ihren Besuch hier heute abend haben wir die ganze verwerfliche Handlungsweise des Mörders erfahren."
    „Wie?" war Bud Whitmen mehr als erstaunt.
    „Sie haben draußen vor dem Fenster gestanden und unser ganzes Gespräch mitgehört?"
    „Well! Sozusagen zu Ihrem Schutz, Mister Whitmen."
     
    *
     
    Tage waren nach dieser ereignisreichen Nacht ins Land gegangen. Wenn auch nur schmerzlich, so erholten sich doch ,Whitmen- Castle' und seine Bewohner bald von den Wunden, die der Mörder Percy Sanders geschlagen hatte. Bud Whitmen, alias Jean Embroke, fand sich sofort wieder in seinem alten Beruf als Ingenieur zurecht.
    Er war es auch, der den alten Gärtner Sam Truro wieder einstellte. Die Geschichte, die seinerzeit zu seiner fristlosen Entlassung geführt hatte, war von vorn bis hinten von Percy Sanders, alias Bud Whitmen, erfunden und erlogen worden.
    Er hatte den Mann entfernt, der ihm später vielleicht hätte gefährlich werden können.
    Und Sheila Longden? Nun, sie würde wohl bald einen anderen Namen tragen, denn ihr schwebte immer noch das Bild eines braungebrannten Mannes vor Augen, den sie zum erstenmal im Wartezimmer ihrer Praxis gesehen hatte.
    Ein besonders hoher Besuch schien nun erwartet zu werden, denn alles, was Beine hatte, war in Trab gesetzt worden. Da bog auch schon ein heller Jaguar, ein rassiges Gefährt, um die letzte Kurve und hielt direkt vor dem Hauptportal des mächtigen Gebäudes.
    Zunächst entsprang ein geschmeidiger Vierziger dem Wagen — dann folgte kein anderer als: Kommissar Morry.
    Bud Whitmen und Sheila Longden hatten es sich nicht nehmen lassen, den Kommissar nebst Konstabler Tabler zu sich zwecks einer letzten Aussprache des Falles ,Whitmen-Castle' einzuladen.
    Nun saßen sie gemütlich beisammen, und Kommissar Morry meinte scherzhaft mit einem leichten Seitenblick auf das, was Sheila Longden für ihre Gäste hatte auftragen lassen: „Bevor wir uns angenehmeren Dingen zuwenden, möchte ich Sie fragen, was Sie noch über den Fall wissen möchten?"
    „Yes, Kommissar", war Sheila Longden sofort bei der Sache, „mir kommt es heute noch irgendwie seltsam vor, daß Sie mich kaum angehört haben, sondern sogleich bereit waren, mit mir zu gehen. Sie wissen, was ich meine. An dem Abend, als ich Sie bat, mit mir nach ,Whitmen-Castle' zu kommen?"
    „Ah, das ist es", begann Kommissar Morry seine Erklärung.
    „Nun, das ist schnell gesagt,
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