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Im Schatten des Galgens Kommiss

Im Schatten des Galgens Kommiss

Titel: Im Schatten des Galgens Kommiss
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Gesetzesüberschreitungen seiner Boys schon persönlich wieder ausbügeln. Wie aber würde es in London sein?  
    Diese Frage beschäftigte ihn augenblicklich am meisten. Und da er sich gerade im Steuerhaus der Susanne befand, wandte er sich dem etwas hinter ihm stehenden Mann am Ruder zu.
    „Madre de Dios, Mister Embroke", begann er in seiner komischen Art, Bruchstücke von mehreren Sprachen gleichzeitig in einem Satz zu gebrauchen. „Sie sind nun fast fünf Jahre hier bei mir auf der Susanne. Amigo mio, was ist Ihre Meinung? Sagen Sie mir klipp und klar heraus, wie sich die Cops Ihres Heimatlandes verhalten werden, wenn sich diese Meute dort draußen auf Ihre Landsleute stürzen wird?"
    Der Gefragte, der laut Paß den Namen Jean Embroke führte, hob nur wenige Millimeter seinen Blick von der unruhig tanzenden Kompaßnadel fort — und während sich seine Hände hart um das Steuerrad legten, knurrte er, ohne groß seine Lippen dabei zu bewegen: „Ich kann es Ihnen auch nicht genau sagen. Innerhalb von zehn Jahren kann sich vieles geändert haben. Ich möchte jedenfalls nicht mit ihnen in Berührung kommen, das weiß ich!"
    Es klang ein bitterer Ton in den Worten des Mannes am Steuerrad der .Susanne1 mit. Und obwohl er nur leise gesprochen hatte, hörte Nafty Castello sehr wohl einen gewissen Unterton in den Worten des neben ihm stehenden Steuermannes mitschwingen.
    So glitt er mit seinen nächsten Worten auf die persönlichen Interessen Jean Embrokes über, der seit langem schon auf diesen Tag, an dem die Susanne in London vor Anker gehen sollte, zu warten schien. Fast väterlich klang auf einmal seine Stimme.
    „Mich geht es zwar nichts an, Embroke", begann er zögernd, „und ich weiß auch nicht, was Sie so sehr nach London zu ziehen scheint. Doch vor etwas möchte ich Sie auf alle Fälle warnen. Stellen Sie um Himmels willen nichts an, was Sie später einmal bereuen werden."
    „Keine Sorge, Kapitän", unterbrach der Steuermann gereizt den Schiffseigentümer, „ich bin alt genug geworden um zu wissen, daß man Gemeinheiten nicht mit gleichen Taten vergelten soll. Dennoch werde ich meinen Weg gehen müssen, den man mir auf gezwungen hat."
    Wieder war in Jean Embrokes Worten jener geheimnisvolle Unterton, der nach Nafty Castellos Ansicht gar nicht zu dem Bild paßte, welches er sich im Laufe der Jahre von dem Manne gemacht hatte.
    Aber wer kannte sich schon hundertprozentig mit der Seele eines Menschen aus. Wer wußte schon ob der Zwiespältigkeit, die in der Brust eines Mannes von der Sorte Jean Embrokes wütete. Und daß irgend etwas in Jean Embroke wieder aufgebrochen war, bestätigten seine nächsten Worte.
    „Wie gesagt, Kapitän — kümmern Sie sich nicht um das, was ich hier in London zu tun gedenke."
    Mit dieser erneuten geheimnisvollen Andeutung hoffte Jean Embroke das Thema, das nur allein ihn anging und keinen weiteren Menschen, vorerst abgeschlossen zu haben.
    Doch Nafty Castello war kein Mann, der tatenlos zusah, wie sich ein Mensch blindlings in sein Unglück stürzte. Zumal schon gar nicht, wenn er diesen Menschen in sein Herz geschlossen hatte. Sicher — er war zwar ein Kerl mit einer rauen Schale. Ein wahrer Teufelsbraten, wenn es sein mußte. Aber das besagte nicht, daß unter dieser rauhen Schale nicht ein guter Kern saß. Und in diesen Kern hatte er nun einmal seinen Steuermann geschlossen. Diesen von seinem, allen Anzeichen nach unüberlegten, Handeln abzubringen, war nunmehr sein ganzes Bestreben.
    So tobte er ob des Starrsinns seines Steuermanns los: „Damn't! Was heißt hier nicht drum kümmern, he? Glauben Sie etwa, ich hätte keine Augen im Kopf? Je näher wir London kommen, um so mehr beginnen Sie einer verflixten Idee nachzujagen. Mehr noch, Sie scheinen einen verdammt gefährlichen Plan auszubrüten. Und da soll ich ruhig zusehen? — No, das glauben Sie doch wohl selbst nicht, daß ich dabei meine Hände in den Schoß lege."
    Während sich Nafty Castello richtig in Rage geredet hatte, waren seine Adern an der Stirn zu dicken Bändern angeschwollen. Sein Gesicht hatte sich dunkelrot verfärbt und in voller Lebensgröße baute er seine massige Gestalt vor dem Steuermann auf.
    Jean Embroke hätte viel darum gegeben, sich die Freundschaft dieses schnaufenden Seebären zu erhalten. Doch seine augenblickliche Situation, in der er sich befand, ließ es nicht zu, daß er sich näher über seine Absichten, die er in der Riesenstadt des Inselreiches verfolgen wollte, ausließ. So
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