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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten
Autoren: Jim Butcher
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des Stocks, der ein Schwert darstellten sollte, vorbei und versuchte, die Handgelenke des alten Mannes zu packen.
    Der Angriff erfolgte zu zögerlich. Der Maestro ließ sich von Tavi nicht ergreifen, sondern bewegte den Stock nach rechts und links und zeichnete ein X auf Tavis Brust, das heftigen Schmerz auslöste. Dann stieß er mit dem Handballen zu, trieb den Jungen einen Schritt zurück, schlug erneut hart mit dem Stock zu und schickte seinen Schüler zu Boden.
    »Was ist denn los mit dir?«, brüllte Killian. »Ein Schaf könnte entschlossener kämpfen als du. Sobald du dich entschieden hast, den Abstand zu überbrücken, gibt es kein Zurück mehr. Greif an, so schnell du kannst und mit aller Kraft, die du aufbringen kannst. Oder stirb. So einfach ist das.«
    Tavi nickte, mied die Blicke der anderen Schüler und sagte sehr leise: »Ja, Maestro.«
    »Die gute Nachricht ist, Tavi«, fuhr Killian mit ätzendem Spott fort, »dass du dir keine Gedanken mehr um deine Eingeweide zu machen brauchst, die dir jetzt bis zu den Knien hängen würden. Denn aus deinem Herz spritzt so viel Blut, dass du auf der Stelle tot zusammenbrechen würdest.«
    Tavi erhob sich und zuckte zusammen.
    »Die schlechte Nachricht ist: Ich sehe keinen Weg, wie du dich so sehr steigern könntest, dass es annehmbar zu nennen wäre«, fügte Killian hinzu. »Du bist durchgefallen.«
    Tavi erwiderte nichts. Er lehnte sich an eine Säule und rieb sich die Brust.
    Der Maestro pochte erneut mit dem Stock auf den Boden. »Ehren. Ich hoffe bei den großen Elementaren, dass du ein bisschen mehr Einsatz zeigen wirst.«
    Die Prüfung war beendet, nachdem Gaelle den Arm des Maestros ordentlich zur Seite gestoßen und ihm den Stock abgenommen hatte. Tavi rieb sich die Augen und bemühte sich zu vergessen, wie müde er war. Sein Magen knurrte, er schmerzte
fast schon vor Hunger, während er bei den anderen Schülern auf dem Boden kniete.
    »Gerade so ausreichend«, murmelte Killian, als Gaelle fertig war. »Ihr alle müsst mehr üben. Es ist eine Sache, bei den Übungen auf der Matte gut dazustehen. Und eine ganz andere, einen richtigen Kampf zu überleben. Ich erwarte, dass ihr am Ende des Winterendfestes bereit seid für die Unterwanderungsprüfung.«
    »Ja, Maestro«, erwiderten sie mehr oder weniger unisono.
    »Also gut«, fuhr Killian fort. »Raus mit euch, Kinder. Möglicherweise werden doch noch brauchbare Kursoren aus euch.« Er hielt inne und blickte Tavi streng an. »Aus den meisten von euch jedenfalls. Ich habe heute Morgen mit den Dienstboten in der Küche gesprochen. Sie haben etwas vom Frühstück für euch warm gehalten.«
    Die Schüler erhoben sich, aber Killian legte Tavi den Stock auf die Schulter und sagte: »Du noch nicht, Junge. Wir beide müssen uns noch über deine Leistung in der Prüfung unterhalten. Der Rest ist entlassen.«
    Ehren und Gaelle warfen Tavi einen Blick zu und lächelten mitfühlend.
    Max klopfte ihm auf die Schulter, als er vorbeiging, und sagte leise: »Lass dich nicht kleinkriegen.« Daraufhin verließen sie die Übungshalle und schlossen die riesigen Eisentüren hinter sich.
    Killian ging hinüber zum Kohlenbecken, setzte sich dort auf den Boden und streckte die Hände zu der Wärmequelle aus. Tavi ließ sich vor ihm auf den Knien nieder. Killian schloss kurz die Augen, und seine Miene war schmerzerfüllt, als er sie wieder öffnete. Er spannte die Finger an und ballte die Hand zur Faust. Tavi wusste, wie sehr die Arthritis dem alten Mann zusetzte.
    »War ich gut genug?«, fragte Tavi.
    Der alte Mann schenkte ihm ein Lächeln. »Du hast ihre Schwäche recht gut nachgeahmt. Antillar hat sich daran erinnert, erst zu schauen und dann zuzuschlagen. Gaelle hat daran gedacht, entspannt zu bleiben. Und Ehren hat nicht gezögert.«

    »Das ist doch wunderbar, oder?«
    Killian legte den Kopf schief. »Es macht dich nicht glücklich, wenn du vor deinen Freunden so unfähig dastehst.«
    »Ja, wohl wahr. Aber …« Tavi runzelte nachdenklich die Stirn. »Es ist schwierig, sie zu täuschen. Mir gefällt das nicht.«
    »Sollte es auch nicht. Das ist jedoch noch längst nicht alles, glaube ich.«
    »Ja«, sagte Tavi. »Also … sie sind die Einzigen, die von meiner Ausbildung zum Kursor wissen. Die Einzigen, mit denen ich über das sprechen kann, was mir am meisten bedeutet. Und sie wollen wirklich nur nett zu mir sein. Aber mir ist natürlich klar, was sie für sich behalten. Wie sie mir zu helfen versuchen, ohne mir das Gefühl
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