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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne
Autoren: Catherine Coulter
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meine Worte beachten und sie dir zur Anleitung nehmen. Vergiß das nicht, Zarabeth. Soll ich dich zu deinem Haus begleiten, um deinen Stiefvater kennenzulernen? Verlangt er einen hohen Brautpreis?«
    Nun war sie es, die ihre Hand auf seinen Arm legte. Ihre belustigte Entrüstung über seine Anmaßung war einer dumpfen Willenlosigkeit gewichen, die ihr Angst einjagte.
    War sie dabei, den Verstand zu verlieren? Sie kannte diesen Mann überhaupt nicht, der sie erst vor wenigen Minuten angesprochen hatte.
    »Magnus bitte, du bist voreilig, viel zu schnell. Ich kenne dich nicht. Du mußt mich verstehen.« Sie stellte plötzlich zu ihrem Erstaunen fest, daß sie die Hände rang. Darüber war sie so verblüfft, daß sie lange schwieg. Auch er sagte nicht, wartete ab, bis sie ihre Rede zu Ende führte. Schließlich holte sie tief Luft und sprach in ihrer normalen, ruhigen Art weiter: »Wenn du es wünschst, werde ich dich morgen hier treffen. Hier an der gleichen Stelle. Wir können reden, über dein Leben in Norwegen und über andere Dinge. Ich muß dich besser kennenlernen. Mehr kann ich dir jetzt nicht versprechen. Bist du damit einverstanden?«
    »Du wirst mich gut genug kennenlernen, wenn du meine Ehefrau bist.« Er würde jetzt nicht mit ihr einig werden. Das enttäuschte ihn und machte ihn ungeduldig. Dennoch lächelte er sie an, und sein Lächeln war aufrichtig und zärtlich, und etwas in ihr veränderte sich. Wärme stieg in ihr hoch, etwas wundersam Berauschendes erfüllte sie, ungewöhnlich und völlig neu. »Du bist eine Frau, die mir etwas bedeutet. Ich werde mich etwas mehr im Zaum halten, auch wenn es mir schwerfällt. Hör zu, Zarabeth, ich werde dich zu meiner Frau nehmen, und es wird sehr bald geschehen. Ich werde in zehn Tagen mit dir nach Norwegen zurückkehren.«
    »Zehn Tage! Aber das ist unmöglich! Du verlangst von mir ...« Ihr fehlten die Worte, so erschrocken war sie. Sie schlenkerte wild mit den Händen in der Luft herum. »Hier ist meine Heimat. Hier habe ich zehn Jahre meines Lebens verbracht! Ich weiß nichts über dein Norwegen, außer, daß alle Leute dort hellhäutig und blond sind, grausam und böse. Sie fahren mit ihren langen Booten die Flüsse hinauf bis in die Städte, und sie morden und schänden und plündern alles!«
    »Ich bin kein Bösewicht.«
    »Du machst also keine Raubzüge? Du stiehlst nicht, du plünderst nicht, du vergewaltigst nicht, du zerstörst keine Häuser?«
    Hin und wieder. Wenn ich mich langweile. Gold und Silber kann man immer gut gebrauchen. Uns Wikingern ist außerdem die Wanderlust angeboren. Wir erforschen gern fremde Länder, Völkerstämme, deren Gewohnheiten wir nicht kennen, die sich fremdländisch kleiden, deren Sprache wir nicht verstehen. Du wirst mich auf meine Handelsfahrten begleiten, wenn du das willst.«
    »Aber du bist grausam.«
    »Hin und wieder«, sagte er erneut und lächelte. »Wenn es notwendig ist. Ich bin kein grundlos grausamer Mann, Zarabeth. Ich werde dich mit meinem Leben schützen. Das bin ich dir als dein Ehemann schuldig.«
    »Du behauptest, mir viel zu schulden, wenn ich dich zum Ehemann nehme. Doch du erteilst mir jetzt schon Befehle, obschon ich dich kaum kenne, und du verlangst, daß ich dir in allem gehorche. Ich schulde dir nichts. Du mußt . . .«
    Er achtete nicht auf ihre Worte, nahm ihre Hand, drehte sie um und blickte prüfend auf ihre Handfläche. Ihre Finger waren schwielig, ihre Hände waren von schwerer Arbeit gerötet. »Ich habe dir gesagt, daß ich kein armer Mann bin. Du wirst Gesinde haben, das die schwere Arbeit verrichtet, du wirst Knechten und Mägden Anweisungen geben. Du wirst meine Kleider nähen und darauf achten, daß mein Essen schmackhaft zubereitet wird. Deine Hände werden weiß sein, um meine Schläfen zu kühlen, wenn meine Gedanken düster sind, um mir den Rücken zu streichen, wenn meine Muskeln verknotet sind, und um mich zu liebkosen, wenn ich mit dir das Lager teilen will.«
    Sie starrte ihn unverwandt an. Ein Mann wie dieser war ihr noch nie begegnet. Seine Kühnheit, seine Selbstverständlichkeit ließen keinen Zweifel an seinen Gedanken oder Absichten zu. Und wie er redete, daß sie sein Lager mit ihm teilte, ihre Hände ihn liebkosten ... Sie war empört, und spürte zugleich eine glühendheiße Erregung tief in ihrem Bauch. Sie war plötzlich voller Leben, alle Sinne durch seine Worte und sein Aussehen erweckt.
    »Du wirst mir gehören, Zarabeth.«
    »Ich muß mit meinem Stiefvater
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