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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten
Autoren: Linda Fairstein
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eingesteckt, damit sich keiner, der Ellen zu Hilfe eilte, daran verletzte. Vielleicht könnte ich sie als Waffe gegen Sinclair Phelps einsetzen.
    Mit den Handschuhen in der Hand hob ich einen Stein auf, den ich mit einer Hand tragen konnte. Phelps lehnte an einem Felsen und zerriss ein Tuch, mit dem er mich wahrscheinlich knebeln und fesseln wollte. Die Schrotflinte lag auf einem Felsen neben ihm.
    Eine zweite Chance würde ich nicht bekommen. Wenn ich beim ersten Mal nicht richtig traf, würde ich mir mein eigenes Grab schaufeln.
    Ich ging direkt an Phelps vorbei zum Eingang der Höhle. Er wollte etwas sagen, also drehte ich mich um und klemmte den Stein unter den linken Arm. Dann rammte ich ihm mit aller Kraft den dornigen Handschuh ins Auge.
    Phelps jaulte vor Schmerz auf, krümmte sich und schlug die Hände vors Gesicht. Ich hob den Stein und ließ ihn auf seinen Schädel niederkrachen. Blut tropfte ihm aus dem Ohr, er sank zu Boden.
    Die beiden Coydogs sprangen auf, um mich anzugreifen.
    Ich nahm die Schrotflinte und gab einige Schüsse in den Nachthimmel ab.
    Die Hunde umkreisten einander ängstlich winselnd. Ein Fledermausschwarm kam aus der Höhle und verdunkelte den Himmel. Ich packte die Waffe und rannte so schnell ich konnte den Abhang hinunter.
    »›Ratiocination‹, meine Liebe. Edgar Poe wäre von deinen logischen Fähigkeiten ganz begeistert gewesen.«
    Mike Chapman lehnte umgeben von Raben in allen Formen und Größen an einem Bücherregal in der Tabakmühle.
    Auf meine Schüsse hin waren ein paar Polizeibeamte in meine Richtung gefahren. Zwei Beamte fingen mich auf der Straße ab und brachten mich in Zeldins Büro, von dem aus Mike und Mercer die Fahndung koordiniert hatten.
    »Als ich sah, dass Phelps einen der Jungen an seiner Haustür ausbezahlte, wurde mir alles klar. Eine Bande Jugendlicher hatte vor rund zehn Jahren Aaron Kittredge überfallen. Phelps hatte damals wohl Angst gehabt, entdeckt zu werden. Er wollte es nicht riskieren, jemandem zu begegnen, der ihn mit seinem alten Leben in Verbindung bringen konnte. Dann waren da noch die Kids, die mir eins überbrieten und versuchten, mich im Poe Cottage zu …« – ich holte tief Luft – »zu begraben.«
    Mercer schenkte mir Wasser nach.
    »Und dieselben Rowdys – Sinclair Phelps’ Bande – haben mich im Gewächshaus mit Ellen Gunsher verwechselt.«
    »Er hätte den Rest seines Lebens ungestört hier verbringen können, solange ihn niemand mit Aurora Tait in Verbindung brachte. Oder mit Emily Upshaw.« Mike faltete einige Papiere zusammen und steckte sie in die Tasche seines Blazers. »Oder mit seiner armseligen Vergangenheit.«
    »Habt ihr Zeldin gefunden?«, fragte ich. »Glaubt ihr, dass er über Phelps Bescheid wusste?«
    »Er ist völlig aus dem Häuschen, Coop. Der aufgeblasene alte Lackaffe ist sogar aus dem Rollstuhl gesprungen. Ich glaube nicht, dass er eine Ahnung hatte. Er wusste wahrscheinlich, dass die kleinen Rowdys die Drecksarbeit für den Parkverwalter erledigten, aber an Mord hätte er wohl nicht gedacht. Als Ellen angegriffen wurde, machte er sich blitzschnell aus dem Staub, aber er rief Phelps an und befahl ihm, die Jungs zurückzupfeifen. Wenn Zeldin davon gewusst hätte, hätte er Phelps doch als Mitglied in den Rabenverein aufgenommen«, sagte Mike.
    Ich sah ihn forschend an. »Glaubst du noch immer, dass das eine Bedingung für die Mitgliedschaft ist?«
    »Dem guten alten Edgar hätte es gefallen, oder? Ich werd’s rausfinden.« Mike drehte sich um und ging in Richtung Tür.
    »Wo willst du hin?«
    »Bleib einfach liegen und blas Trübsal, so lange du willst, Kid. Soll sich ein anderer um deinen großen Fall kümmern. Wenn du nicht in den Wald gelaufen wärst, wüsstest du die guten Neuigkeiten schon.«
    »Wovon redest du?«
    »Hugo Maswana. Seine DANN stimmt mit der des Seidenstrumpfvergewaltigers überein. Annika bleibt mit ihrer Familie noch eine Woche hier, also kannst du eine Gegenüberstellung arrangieren und die Anklageerhebung vorbereiten.«
    Ich legte den Kopf in den Nacken und sah zur Decke hinauf. Fast fünf Jahre war ich hinter dem Scheißkerl hergewesen!
    »Soll das heißen, dass die diplomatische Immunität aufgehoben wurde?«, fragte ich Mercer.
    »Das wäre zu viel des Guten. So wie’s aussieht, musst du noch mal in den Ring steigen, Coop. Außerdem musst du dafür sorgen, dass Noah Tormey mit Amelia Brandon redet – seiner Tochter. Sie ist mit dem Bus wieder nach Hause gefahren, aber sie hat das
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