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Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Titel: Im Palazzo sueßer Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Wilkinson
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Bruchstücke aus Holz, Stein, Ton und Metall, die alle unverkennbar Peter Sebastians Handschrift trugen.
    Ihren ursprünglichen Ärger vor Aufregung vergessend, hastete Lucy darauf zu, um sie sich näher anzusehen: ein Mäuschen mit naturgetreuen Schnurrhaaren rund um die kleine Nase, den einen Meter hohen Flötenspieler, der so triumphierend frech lachte, dass man glaubte, die Kinder von Hameln würden ihm folgen.
    Begeistert blickte Lucy zu Michele. „Sind sie nicht wunderbar?“
    Er zuckte die Achseln. „Einige ja, andere weniger.“
    „Arbeitet Peter Sebastian aktuell hier?“
    „Wenn er in Venedig ist.“
    „Dann kennst du ihn gut?“
    „Sehr gut.“
    „Ich habe mich oft gefragt, was er wohl für ein Mensch ist“, bekannte Lucy fast schwärmerisch. „Man weiß so wenig über ihn. Angeblich lehnt er es strikt ab, fotografiert zu werden, und er gibt auch keine Interviews.“
    „Er will, dass sein Privatleben privat bleibt.“
    Das klang etwas unwirsch, weshalb Lucy hastig hervorbrachte: „Ich werfe ihm das ja nicht vor. Aber ist es nicht so, dass er noch nie zuvor einer Ausstellung seiner Arbeiten zugestimmt hat?“
    „Vielleicht sah er dazu keine Notwendigkeit.“
    Offenbar verspürte Michele wenig Lust, über den Bildhauer zu sprechen – so einsilbig, wie er antwortete. Aber eine Nachfrage hatte Lucy noch. „Soweit mir bekannt ist, hält er sich derzeit in den Staaten auf. Meinst du, es besteht eine Chance, dass er zur Ausstellungseröffnung …“
    Es klopfte an der Tür.
    Michele ging nachsehen, und Lucy hörte Stimmen, bevor er sich wieder zu ihr umdrehte und sagte: „Ich muss dich leider allein lassen. Da ist jemand, der will mich sprechen. Anschließend habe ich ein Geschäftsessen und noch andere Termine. Aber du findest hier alles, was du brauchst.“ Er sah sie an, als wollte er sich jedes Detail ihres Gesichts einprägen, blickte auf seine goldene Armbanduhr und fügte hinzu: „Es ist fast halb eins. Ich habe ein paar Panini für dich ins Atelier bestellt.“
    Gerade wollte sie fragen, wann er wieder zurück wäre, da fiel die Tür ins Schloss.
    Michele Lorenzo war zweifellos der seltsamste, komplizierteste Mann, dem sie je begegnet war. Er verwirrte sie, empörte sie und weckte ihren Kampfgeist. Dennoch spürte sie unverändert eine starke Anziehung und fühlte sich seelenverwandt mit ihm. Womöglich war sie wirklich in ihn verknallt.
    Nun, wenn es so war, würde sie sich umso mehr anstrengen müssen, damit es nicht so aussah. Sie würde doch keinem Mann hinterherlaufen, der ihr eine so offensichtliche Abneigung und solches Misstrauen entgegenbrachte.
    Auch wenn er sie kaum aus den Augen gelassen hatte und fasziniert von ihr schien. Aber eher so widerwillig fasziniert … wie von einer Giftschlange. Das spürte sie genau.
    Was für eine Übertreibung! Du hast wirklich einen Hang zur Dramatik, schimpfte Lucy mit sich. Trotzdem, im Wesentlichen stimmt es, und deshalb werde ich, solange ich in Venedig bin, alles daransetzen, Michele aus dem Weg zu gehen, beschloss sie und fühlte sich gleich besser.
    Später aß sie ihre Panini mit Parmaschinken, die man ihr gebracht hatte, und machte sich daran, die einzelnen Werke für die Ausstellung zu sichten und weiter über Peter Sebastian nachzudenken.
    Es wäre wirklich schön, wenn er zur Eröffnung käme. Obwohl in der Presse gemunkelt wurde, er habe sich mit einer Amerikanerin verlobt und plane, für immer in den Staaten zu bleiben. Falls ja, wäre es ein großer Verlust für Europa. Seine Werke waren meisterhaft.
    Ganz vertieft in ihre Arbeit, stellte Lucy irgendwann erstaunt fest, dass es schon achtzehn Uhr war. Nicht schlecht für den ersten Tag, dachte sie, wusch sich die Hände und steckte einige Haarsträhnen wieder fest.
    Nachdem sie das Licht ausgemacht hatte, schloss sie ab und nahm den Schlüssel mit. Es war niemand zu sehen und zu hören. Ich komme mir vor wie die verwunschene Prinzessin in einem verlassenen Märchenschloss, bedauerte sie sich. Dabei war sie bestimmt keine Prinzessin.
    Gedankenverloren ging Lucy den Weg zurück, den sie mit Michele gegangen war – auch wenn ihr dabei unbehaglich zumute war und sie das Gefühl hatte, von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden.
    Als sie den Korridor erreichte, an dem sein Wohnzimmer lag, zögerte Lucy. Bis auf wenige Details an den Schnitzereien sahen alle Türen gleich aus. Aber wenn sie nicht alles täuschte, war es die zweite rechts, oder?
    Sie klopfte und stellte nach dem Öffnen

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