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Im Netz der Meister 2

Im Netz der Meister 2

Titel: Im Netz der Meister 2
Autoren: Carla Berling
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mit einer Schere. Das Wachs gab er in den Kochtopf, nachdem er die zerschnittenen Plastikhüllen ordentlich in einer Mülltüte verstaut hatte. Auf den Fersen sitzend wartete er, bis das Wachs geschmolzen war, dann schöpfte er mit einer Kelle die Dochte heraus und steckte sie auch in den Müllbeutel. Er kroch in die Mitte des Lakens, kniete, beugte sich, seine Stirn berührte den Boden, der Po war hochgereckt, die Unterarme lagen flach neben dem Kopf.
    Willi sagte zu Klara: »Sieh es dir an, Schlampe!«
    Sie sagte: »Ja, Meister«, lächelte ihn mit gekonntem Augenaufschlag an und sah artig nach vorn.
    Es dauerte ein paar Minuten, bis eine große Frau die Bühne betrat. Sie hatte ein bodenlanges Kleid aus Leder an, dessen Oberteil ihren mächtigen Busen stark betonte. Durch ihre straff zurückgekämmten Haare sah sie aus wie eine Primaballerina. Mit einer Gerte, deren weißer Knauf einen Löwenknopf darstellte, schlug sie sich spielerisch in die linke Handfläche. Die Frau stellte sich vor den Kopf des knienden Sklaven und trat mit dem Fuß auf seine Hand. Er stöhnte auf, und die Frau sagte: »Pssst.«
    Sie tippte mit der Gerte auf seinen Hintern und sagte: »Los.«
    Er kroch zu dem Campingkocher und tauchte den Finger in das Wachs. Ohne die Frau anzusehen, nickte er.
    Sie sagte: »Okay.«
    Er nahm den Topf von der Kochstelle und reichte ihn ihr, kniend, mit hoch ausgestreckten Armen und gesenktem Kopf.
    Sie legte die Gerte auf den Boden, nahm den Stiel des Topfes und sagte: »Weiter.«
    Er kroch in die Mitte des Lakens und legte sich auf den Rücken, die Hände eng an den Körper gelegt, die Augen geschlossen.
    Sie sagte: »Augen auf!«, und er sah sie an.
    Simone stockte der Atem, als die Frau dem Sklaven das flüssige Wachs langsam über den Körper kippte. Dabei verringerte sie langsam die Höhe. Der Mann atmete heftig, sein Brustkorb hob und senkte sich. Die Frau stellte den Topf zurück auf die Kochplatte und schaltete den Regler aus. Dann malte sie mit der Spitze der Gerte ein Muster in das frische Wachs auf dem Körper des Mannes. Er sah sie die ganze Zeit an. Auch als sie den Rest des Wachses, das immer noch ziemlich heiß sein musste, über ihn goss, sah er sie an. Sie winkte eine Kellnerin heran und ließ sich eine Karaffe mit Eiswürfeln bringen. Damit rieb sie ihn ein, bevor sie ihm das Wachs mit einer Peitsche Zentimeter für Zentimeter wieder herunterschlug.
    Simone, Gerald, Willi und Klara gingen an die Bar.
    »Harter Tobak«, sagte Gerald und bestellte eine neue Flasche Sekt.
    »Ach was, war doch bloß Show«, meinte Willi. »Dieses Grabkerzenwachs wird nicht so heiß, das kann man gut aushalten. Außerdem hat sie von ziemlich weit oben gegossen, dann ist das Wachs erträglich, wenn es auf die Haut trifft.« Er grinste, nahm eins der Teelichter von der Theke, griff nach Klaras Hand und kippte es ihr aus einer Höhe von etwa dreißig Zentimetern über den Handrücken. »Guck, siehste, das ist viel heißer«, sagte er. Klara quiekte, er gab ihr eine Ohrfeige und sagte: »Ruhe, Schlampe!« Sie gehorchte und senkte den Blick. Dann drehte Willi an ihren Nippeln, als würde er einen Sender im Radio suchen, gab ihr einen Kuss und einen Klaps auf den Hintern.
    Simone hatte Geralds erstaunten Blick bemerkt. Sie streichelte zärtlich über seinen Arm und sah ihn fragend an. Er beugte sich vor und flüsterte in ihr Ohr: »Nicht, dass ich das alles nicht irgendwie aufregend finde, es gefällt mir schon!«
    Sie verstand. Es war klar gewesen, dass sie ihretwegen hier waren, dass Gerald ihr zuliebe die »Szene« erleben wollte. Aber zwischen dem, was er gelesen hatte, dem, worüber sie immer und immer wieder geredet hatten, und dem, was er mit ihr in der schwarzen Wohnung getan hatte, um sie von dieser Obsession zu heilen, lagen Welten.
    Sie tranken noch ein Glas mit Klara und Willi und verabschiedeten sich. Irgendwie war allen schnell klar gewesen, dass die Chemie zwischen ihnen nur für Smalltalk reichte, aber niemand schien enttäuscht oder beleidigt zu sein. Willi sagte: »Zu meinem Fünfzigsten müsst ihr unbedingt nach Kiel kommen, dann machen wir bei uns im Keller ne geile Spielparty.« Er zwinkerte Simone zu: »Alles kann, nichts muss!« Man würde voneinander lesen, beteuerten alle, aber Simone wusste, dass sie Willi und Klara nie wieder sehen würde.
    Simone und Gerald waren allein im engen, verspiegelten Fahrstuhl des Hotels. »Mir tun die Füße weh und ich freue mich darauf, die Heels endlich
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