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Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)

Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)

Titel: Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)
Autoren: Mary Stanton
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durch. »Azrael. Hm. Den kenn ich gar nicht.«
    »Vielleicht ist es ja eine Sie«, meinte Bree.
    »Engel sind geschlechtslos«, erklärte Ron. »Sind Sie so weit?«
    »Wo …« Bree räusperte sich. »Wo müssen wir hin?«
    »Zum County-Gerichtsgebäude«, sagte Ron. »Wohin denn sonst?«
    »Wohin denn sonst?«, wiederholte Bree. Sie stopfte die Unterlagen in ihre Aktentasche, strich sich übers Haar und klopfte ein paar Fusseln von ihrem Rock. »Ich bin bloß froh, dass ich heute nicht so …  leger gekleidet bin. Fast hätte ich meine Jeans angezogen.«
    »Vor Gericht müssen Sie einen Talar tragen«, sagte Ron vorwurfsvoll. »Lavinia hat ihn gestern Abend fertiggenäht. Er ist schon in meiner Aktentasche.« Er wippte auf den Fußballen hin und her. »Wollen Sie zu Fuß gehen oder fahren?«
    Bree sah aus dem Fenster. Das tropische Unwetter war durch die Stadt gefegt und hatte ein in der Sonne glitzerndes Savannah zurückgelassen. »Gehen wir lieber zu Fuß.«
    Das Gerichtsgebäude war ein riesiger, fünfstöckiger Betonblock an der Montgomery Street, Ecke Martin Luther King Boulevard. Er war gelb angestrichen und strahlte jenen unbeschreiblichen Ernst aus, der amtlichen Gebäuden anzuhaften scheint. Bree und Ron gingen durch die Metalldetektoren und machten vor den Fahrstühlen halt. Bree ließ den Blick über die weiße Tafel gleiten, auf der verzeichnet war, wo heute Verhandlungen stattfanden: Nachlassgericht. Schiedsgericht. Jugendgericht. Landgericht. Ein Berufungsgericht der Neunten Sphäre war aber nirgendwo aufgeführt. Und Azraels Name tauchte auf der Liste der vorsitzenden Richter ebenfalls nicht auf.
    Die Kabine war gerappelt voll. Bree wurde ganz nach hinten gedrängt. Ron platzierte sich in der Nähe des Innentableaus. Im fünften Stock leerte sich die Kabine wieder.
    Dann fuhr der Fahrstuhl weiter nach oben.
    »Sechster Stock!«, verkündete Ron fröhlich.
    Der Gang sah aus wie die Gänge in den übrigen fünf Stockwerken, mit einer wichtigen Ausnahme: Das Emblem an der Wand war nicht das des Staates Georgia. Es zeigte eine goldene Waage, die von Flügeln eingerahmt wurde, und die Inschrift lautete: »Gericht der Himmlischen Sphäre.« Bis auf sie beide war der Gang leer.
    »Nicht viel los heute«, stellte Ron fest. »Hier. Da niemand in der Nähe ist, brauchen Sie nicht extra auf die Damentoilette.« Er stellte seine Aktentasche auf den Fußboden, öffnete sie und zog einen langen, purpurroten Talar heraus. Er war aus Samt gefertigt und vorn mit Goldstickereien versehen. »Lavinia ist ja so geschickt«, sagte Ron. Er hielt ihr den Talar hin, und Bree schlüpfte hinein. Abgesehen von den Stickereien sah der Talar genau so aus wie der, den sie bei ihrer Abschlussfeier an der Universität getragen hatte. Bree strich über den Stoff. Links und rechts hatte Lavinia neun konzentrische Kreise aufgestickt.
    Ron ging forschen Schritts den Gang hinunter und blieb vor einer mit kunstvollen Schnitzereien verzierten Holztür stehen. Auf einem Brett rechts von der Tür stand :
    SAAL G
VORSITZ: AZRAEL
    »Ich bin nervös«, sagte Bree.
    »Pah!«, erwiderte Ron. »Das machen Sie doch mit links.« Er öffnete die Tür. »Nach Ihnen.«
    Bree ordnete ihren Talar, strich sich übers Haar und trat ein.
    »Es war längst nicht so ehrfurchtgebietend, wie ich erwartet hatte.« Bree war leicht ums Herz. Beschwingt gingen die zwei die Montgomery Street entlang. Nach dem Unwetter war die Luft frisch und klar, der Himmel strahlend blau. »Meinen Sie, ich habe den Fall …«, sie machte eine Pause, um nach den richtigen Worten zu suchen, » … entschieden genug dargelegt?«
    »Zweifellos«, erwiderte Ron sofort.
    »Irgendwie habe ich mir das Ganze ein bisschen prächtiger vorgestellt«, meinte Bree nach einer Weile. »Ich dachte, ein Himmlischer Gerichtshof wäre … ich weiß auch nicht … was mit Harfen oder so.«
    »Harfen?«, entgegnete Ron leicht schockiert. »Das war ein untergeordnetes Gericht, Bree, vor dem nur mindere Delikte verhandelt werden.«
    »Ein untergeordnetes Gericht!« Bestürzt blieb Bree mitten auf dem Bürgersteig stehen. »Sie meinen, ich hätte gerade einen Fall vertreten, der einem Vergehen im Straßenverkehr entspricht?«
    »Nein, nein, nein, natürlich nicht«, beeilte sich Ron zu beschwichtigen. »Es ging natürlich um viel Wichtigeres. Aber denken Sie daran: Hochmut kommt …«
    »Okay«, sagte Bree, um dann verärgert vor sich hin zu murmeln: »Untergeordnetes Gericht.«
    »Später
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