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Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Titel: Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)
Autoren: Michael Schuck
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dem Wirt zwei Finger entgegen. So angewiesen holte der den fast erfrorenen Malteser aus dem Gefrierfach und schüttete den beiden Männern nach. Sie tranken. Daniel spürte, wie die eiskalte Flüssigkeit seine Speiseröhre ätzte, womöglich noch den Mageneingang. Aber den Knoten im Inneren seines Magens konnte der Malteser nicht auflösen.
    Der Dicke neben ihm trug einen silbergrauen Anzug. Man sagte, dass er düstere Geschäfte betreibe. Dafür sprach eindeutig, dass er immer in Begleitung dieses Gorillas herumlief, der im Augenblick am Ende der Theke ganz allein in einem dunklen Winkel stand.
    Daniel spielte gerne Billard, jedenfalls dieses ganz normale mit drei Kugeln. Poolbillard war ihm verhasst.
    Sie begannen die zweite Partie. Daniel fühlte Schweiß unter dem dunklen Geschäftsanzug. Er hatte sich heute so konventionell gekleidet, um Lin glauben zu machen, er nähme an diesem Abend einen Geschäftstermin wahr. Der Knoten in seinem Magen verstärkte sich. Schon seit Wochen hatte Daniel das Gefühl, dass Lin gar nicht mehr richtig da war. "Es liegt an der neuen Stelle", hatte sie ihm gesagt, "da gibt es dieses dieses neue Programm, und ich muss mir das alles selbst erarbeiten. Alles sehr kompliziert, schwierig und die Kollegen sind so wenig kooperativ, weißt du, eine Frau muss eben immer etwas besser sein als ihre Kollegen, und dann die vielen Intrigen in der Firma." Daniel glaubte ihr nicht. Irgendetwas war zynischer an ihr geworden, härter. Nicht, dass es unattraktiv gewesen wäre, aber es war neu, und Daniel glaubte nicht, dass die neue Härte nur durch intensiven Kontakt mit dem Computer entstanden war.
    Die weißen Kugeln klickten.
    Daniel erinnerte sich an Humphrey Bogart in: "Die Caine war ihr Schicksal". Da versuchte Humphrey als Kommandeur der Caine seine immer wieder aufsteigenden paranoiden Ängste mit Hilfe von kleinen Stahlkugeln zu unterdrücken, indem er sie in der Hand gegeneinander klicken ließ.
    Die Billardkugeln klickerten leise und schafften einen akustischen Bannkreis gegen die böse Welt. Der Spielverlauf jedoch war nicht so, dass Daniel in bessere Stimmung hätte kommen können, jedenfalls nicht in Gewinnerstimmung.
    Ein bitterer Geschmack stieg in ihm auf. Dieses unaufhaltsame Verlieren beim Billard gegen einen überlegenen Gegner entsprach dem Gefühl, das Lin in ihm auslöste, indem sie eigene erotische Wege ging. Im Grunde war es noch schlimmer, als wenn er mit verbundenen Augen Billard spielen müsste. Lin war nicht nur zynisch geworden, sondern auch unnahbar, jedenfalls für ihn geradezu unzugänglich. Und die Vorstellung, dass irgendein anderer Mann alle diese verschlossenen Zuwege offen fand, trieb Daniel fast in den Wahnsinn, pumpte ihn mit Wut geradezu bis zum Platzen auf und nahm ihm im nächsten Augenblick schon wieder die Kraft, sich auf das Spiel zu konzentrieren. Schon deshalb, weil er sich gleichzeitig seiner Eifersuchtsgefühle zutiefst schämte. Immerhin, das Klickern der Kugeln war Balsam für seine angeschlagene Seele.
    Der Dicke erreichte wieder die Fünfzig. Er lachte geradezu gemütvoll.
    "Wenn ich öfter mit dir spielte, bräuchte ich nicht mehr zu arbeiten." Es hätte Daniel interessiert, was der Dicke unter Arbeit verstand.
    Daniel sah auf die Uhr: 21: 30 Uhr. Immer noch zu früh.
    "Verdoppeln und noch ein M al!", verlangte er.
    Der Dicke schüttelt e den Kopf: "Dreifach und noch ein Mal!", entgegnete er.
    Wie in einem bereits feststehenden Ritual schritten sie wieder zur Theke und tranken zwei eisige Malteser. Si e legten jeder neun Hunderteuroscheine auf den Haufen. Mit  den 600 von den Spielen davor lagen jetzt 2400 Euro im Pott. Irgendetwas weckte den Gorilla aus seiner desinteressierten Lethargie. Vielleicht war es das Rascheln des Geldes, was ihn anzog. Er löste sich aus dem seitlichen Schatten und trat näher.
    Der Malteser zog seine kaltheiße Bahn in Daniel.
    "Viel Geld!", sagte der Wirt.
    "Spielgeld!" , gab der Dicke zurück.
    "Mein Geld !", versetzte Daniel.
    "Der Verlierer fängt an!" , forderte der Dicke. Und das Spiel begann.
    "Männer!" , dachte Daniel, und der Gedanke klang mit geradezu weiblicher Stimme in ihm auf, belustigt, mit einer kleinen Spur Verachtung.
    "Genau!" , sagte die andere, die harte Stimme in ihm. "Und Gewinnen ist allemal besser als Verlieren." Das Wort "Verlieren" klang in ihm nach, und alles in ihm bäumte sich auf. Plötzlich floss neue Kraft durch seine Adern. Jetzt war er kampfbereit. Er fühlte allerdings auch keine
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