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Im Mond des Raben

Im Mond des Raben

Titel: Im Mond des Raben
Autoren: Lucy Monroe
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wusste, dass er auch unter Männern großartig war: Ungehemmt von seiner eigenen Nacktheit und ohne Rücksicht auf die neugierigen Blicke des jungen Soldaten, den er in den Wald zurückgeschickt hatte, um sein Plaid zu holen, trug er sie in seinen Armen durch den Wald.
    So wütend auf sich selbst sie auch war, konnte Sabrine doch nicht umhin, eine ganz und gar feminine Ehrfurcht vor ihm zu empfinden. Keiner der Éan hatte jemals solche Reaktionen in ihr ausgelöst. Sie war immer allein gewesen, eine Kriegerin innerhalb ihres Volkes und für ihr Volk.
    Und jetzt kämpfte sie plötzlich gegen das ungewohnte Gefühl der Verbundenheit, das sich zwischen ihr und dem hünenhaften Krieger zu entwickeln schien, seit sie ihn erblickt hatte. Kein Wolf sollte solche Gefühle in ihr hervorrufen.
    Den Faol unter den Chrechten konnte man nicht trauen. Man durfte sich ihnen nicht offenbaren und schon gar nicht einen von ihnen zum Gefährten nehmen.
    Es gab fürchterliche Geschichten von Wölfen, die ihre Éan-Gefährten dazu benutzt hatten, sie zu den Vogel-Chrechten zu führen, nur um dann den ganzen Schwarm, einschließlich ihrer schmerzlich getäuschten Gefährten, gnadenlos zu töten. Freilich waren die Geschichten alt, und so etwas war in jüngster Zeit nicht mehr vorgekommen, aber dies war nur so, weil die Éan unter den Chrechten ihre Lektion gelernt hatten und sich nicht mehr mit den Faol paarten.
    Seit Generationen hatten die Faol sich die größte Mühe gegeben, die Éan aus der Welt zu schaffen. Sabrine konnte sich nicht erlauben, diese wichtige Tatsache zu vergessen. Der Diebstahl des Clach Gealach Gra aus den Höhlen der heiligen Usal -Quellen war nur die jüngste von jahrzehntelangen Niederträchtigkeiten, die von den Wölfen gegen die Rabenmenschen begangen worden waren.
    Sabrines Leute brauchten den heiligen Stein für ihre Volljährigkeitszeremonien, um ihre Chrechte-Anlagen voll und ganz entwickeln zu können. Diejenigen der Éan, die ihre besonderen Gaben nicht zur Entfaltung brachten, konnten weder Kinder zeugen noch gebären, was von den meisten Éan als ebenso heilige Gabe betrachtet wurde wie ihre Chrechte-Natur. Noch schlimmer jedoch, als ihre Leute dieser Grundbedürfnisse zu berauben, war die Tatsache, dass der Diebstahl des Clach Gealach Gra zweifellos ein heimtückischer Versuch war, dafür zu sorgen, dass die noch verbliebenen Vogel-Gestaltwandler nicht über die derzeitige Generation hinaus weiterbestanden.
    Sabrines Éan-Brüder lebten schon jetzt wie Schatten in den Wäldern, verbargen sich vor Wölfen und Menschen gleichermaßen und hofften, dass die grausamen Faol glauben würden, es sei ihnen gelungen, die letzten Éan auszurotten. Ihre Anzahl war zu klein, um sich auf irgendeine andere Weise zu schützen. Außerdem lag das Töten nicht in der Natur eines Raben. Sie konnten sich zwar Seite an Seite mit den Falken und Adlern verteidigen, aber nicht mit ihnen in die Offensive gehen. Da die Falken und Adler jedoch insgesamt weniger als die Hälfte der gesamten Éan ausmachten, waren deren einzige wahre Alternative ihre defensiven Stärken. Nur hatte ihre Verteidigungsmaßnahme, sich in den Wäldern zu verbergen, offenbar nicht funktioniert.
    Es war zwar keine Jagdgesellschaft mehr gekommen, um ihre Spezies zu suchen, seit Sabrine ein kleines Kind gewesen war und beide Eltern bei einem solchen Angriff verloren hatte, doch die Wölfe schienen noch immer zu vermuten, dass die Éan existierten, wenn nicht sogar gediehen, und hatten diesen gemeinen Plan geschmiedet, um die Welt ein für alle Mal von den Vogel-Gestaltwandlern zu befreien.
    Aber Sabrine konnte nicht zulassen, dass ihnen dies gelang. Sie würde das Herz des Mondes, den geheiligten Stein der Éan, finden und ihn ihren Leuten zur sicheren Aufbewahrung übergeben, bevor ihr jüngerer Bruder seine Volljährigkeit ohne den Talisman erreichte.
    Das Gefühl der Sicherheit, das Barrs starke Arme ihr vermittelten, war nichts als eine Illusion, ohne Substanz und überaus gefährlich. Sie, Sabrine, würde niemals wirklich sicher sein in den Armen eines Wolfes. Falls er ihre wahre Natur entdeckte, würde er das Werk zu Ende bringen, das der Pfeil seines Jägers begonnen hatte.
    Egal, wie anziehend sie den Mann fand, er war und würde immer ein Faol der Chrechten sein.
    Und ihr Todfeind.
    »Wieso seid Ihr plötzlich so angespannt, Sabrine? Ist Eure Erinnerung zurückgekehrt?«, fragte er mit seiner tiefen Stimme, die sie durchflutete wie Wasser, das
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